Drarry Oneshots

Außenseiter

Dieser Oneshot spielt in Harrys und Dracos Grundschulzeit. Sie gehen auf die gleiche Schule und wissen noch nicht, dass sie Zauberer sind (nehmen wir einfach an, Draco kommt auch aus einer Muggelfamilie).

Es war ein Schultag wie jeder andere. Harry ging gerade den Flur entlang, als jemand seinen Schulranzen packte und nach hinten riss. Er taumelte und fiel auf den Rücken. Dudley lief mit seinen Freunden an ihm vorbei und grinste ihm schadenfroh ins Gesicht. Harry lag wie ein umgedrehter Käfer am Boden und brauchte eine Weile, bis er es geschafft hatte, aufzustehen. Es musste ziemlich hilflos aussehen, dachte er, aber diese Ärgereien von Dudley war er ja gewohnt. Als er wieder auf zwei Füßen stand und sich den Staub vom Hemd klopfte, bemerkte er, dass er beobachtet wurde. Draco Malfoy, ein Junge aus seiner Klasse, lehnte fünf Meter entfernt an der Wand und betrachtete ihn aus seinen kühlen grauen Augen. Die Arme hatte Draco verschränkt und er wirkte nicht gerade so, als ob er Harry helfen wollte. Harry wurde rot und guckte schnell woanders hin. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber so wie Draco dastand... Mit den verschränkten Armen und diesem ausdruckslosen Blick... Sah er mal wieder verdammt gut aus.
Mach dir keine Hoffnungen, redete Harry sich selbst ein. Selbst wenn Draco auch schwul war, und das war ja schonmal ziemlich unwahrscheinlich, würde er sich nie, NIE für ihn, Harry Potter, interessieren. Denn niemand hier interessierte sich für Harry. Dudley mobbte ihn jeden Tag und die anderen Kinder machten entweder mit oder standen daneben und lachten Harry aus. Hin und wieder schaffte Harry es zwar, sich mit jemandem anzufreunden, aber das hielt immer nur so lange, bis Dudley davon Wind bekam. Nicht mal die Lehrer trauten sich, etwas dagegen zu unternehmen. Die Versuche, mit Dudleys Eltern zu reden, waren erfolglos und Dudley wusste genau, dass er keinen Respekt vor den Lehrern haben musste, denn seine Eltern würden sowieso nicht glauben, was man ihnen erzählte. Der einzige, vor dem Dudley ein bisschen Respekt zu haben schien, war Malfoy.
Draco konnte sich als einziger gegen Dudley durchsetzen, wenn er wollte. Er hatte keine Angst vor ihm, es schien manchmal fast so, als ob Draco Dudley nicht nur körperlich, sondern vorallem mit einer anderen Kraft überlegen war... Harry hatte einmal beobachtet, wie Dudley und seine Freunde Draco angegriffen hatten und kurz bevor sie zuschlagen konnten, war ein Hund auf sie zugerannt und hatte sie verscheucht. Ein anderes mal hatte Dudleys Gang Draco alle seine Stifte geklaut, doch Draco blieb wie immer cool und als er in der nächsten Schulstunde sein Mäppchen aufmachte, waren alle Stifte wieder da.
Es waren ähnliche Dinge, wie sie auch Harry manchmal passierten und Harry wusste, dass er und Draco mehr als nur die Tatsache, dass sie Außenseiter waren, gemeinsam hatten. Denn ein Außenseiter war Draco trotz alledem: Er versuchte nicht, sich mit irgendjemandem anzufreunden, stattdessen murmelte er anderen, und vorallem Harry, immer wieder Beleidigungen hinterher. Harry verletzte das mehr, als Dudleys Schläge. Auch als er jetzt wieder an Draco vorbeilief und sich darauf konzentrierte, ihn nicht anzuschauen, sondern nur auf den Boden zu achten, zischte Draco: „Was geht, Narbengesicht?"
Harrys Wangen wurden heiß, aber er tat so, als hätte er es nicht gehört und lief weiter.

Die nächste Schulstunde verging schleichend langsam. Sie hatten Mathe und das war nicht eins von Harrys Lieblingsfächern. Trotzdem versuchte er zu verstehen, was ihnen ihre Lehrerin erklärte. Es ist allerdings nicht besonders leicht, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, wenn man die ganze Zeit Papierkügelchen an den Hinterkopf geschossen bekommt.
„Man, Dudley!", zischte Harry und drehte sich zu seinem Neffen um, als er mal wieder eine ganze Ladung abbekam.
Dudley grinste nur grimmig und formte schon die nächste Kugel.
„Harry, kannst du bitte wiederholen, was ich gerade gesagt habe?"
Harry fuhr wieder nach vorne und blickte in die strengen Augen seiner Lehrerin Miss Adams.
„Äh...", machte er nur.
„Anscheinend nicht. Gut, dann würde ich vorschlagen, du hörst ab jetzt lieber mir zu, als dich mit Dudley zu unterhalten."
Harry nickte und schaute zerknirscht auf die Tischplatte. Hinter sich hörte er Dudley kichern.
„Miss Adams", rief auf einmal jemand mit ruhiger, aber selbstsicherer Stimme.
Die ganze Klasse drehte sich um, denn derjenige, der gesprochen hatte, saß in der hintersten Ecke des Klassenzimmers. Es war Draco.
„Miss Adams, Dudley hat Harry die ganze Zeit mit Papierkügelchen beworfen. Vielleicht sollten Sie lieber ihn ermahnen, statt Harry."
Dracos Stimme war so bestimmt, dass Miss Adams ihn nur überrascht anstarrte. Dann räusperte sie sich und murmelte nur hastig „Dudley, hör auf, Harry zu stören" und machte dann direkt mit dem Unterricht weiter.
Harry warf Draco einen erstaunten Blick zu. Doch der sah nur aus dem Fenster, als wäre er schon gar nicht mehr anwesend.