Vier

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Lautes Randalieren an der Tür riss mich aus dem Schlaf, sodass ich beinahe vom Sofa gefallen wäre – Erebos fiel sogar böse mauzend zu Boden. Fauchend sprang er auf einen Sessel, von dem er mich anfunkelte.
»'tschuldigung, Kleiner.«
»Hey Lu, helf uns mal!« Verdutzt eilte ich in den Flur und fand Alina und Eva mit Aaron ringend auf dem Boden vor. »Was zum ...«
»Jetzt leg den endlich lahm!«, schnaufte Alina mit vor Anstrengung rotem Kopf. »Der hat Kraft!«
»Warum?« Mir war immer noch schleierhaft, weshalb die beiden Aaron zu bändigen versuchten und weshalb er sich überhaupt so benahm.
»Jetzt mach endlich!«, rief Eva wütend. Stirnrunzelnd lief ich in die Küche, schnappte mir das Schlafspray, flitzte zurück in den Flur und versprühte es großzügig über Aarons Kopf. Erstaunlicherweise gebärdete er sich weiterhin wie ein wildes Tier, weshalb ich den restlichen Inhalt vor seinem Gesicht verteilte. Endlich fiel er schlaff in sich zusammen.
»Wurde aber auch Zeit.« Alina und Eva richteten sich keuchend auf, den Blick weiterhin wachsam auf den nun regungslos daliegenden Mann gerichtet.
»Wir sollten ihn nicht auf dem Boden liegen lassen«, meinte ich immer noch baff aufgrund der komischen Situation und musterte den schlafenden Nephyl mit gerunzelter Stirn. Was konnte ihn dazu gebracht haben, sich so wild zu gebärden? Bislang war er mir als ein eher ruhigerer Zeitgenosse in Erinnerung – zumindest war er das in der Schule gewesen. Seitdem waren einige Jahre vergangen, in denen allerhand passiert sein konnte.
»Dann legen wir ihn in dein Bett«, meinte Eva kurz angebunden und hob ihn zusammen mit Alina an.
»Hey, nein! Legt ihn aufs Sofa!«
»Das Zimmer lässt sich nicht abschließen.« Ich zog meine Augenbrauen noch höher. Abschließen? Das klang gar nicht gut. »Und warum nicht in dein Bett?«, motzte ich Eva an, als sie die Tür hinter sich zuzog.
»Das würde ihm nicht gut bekommen«, meinte sie mit einem süffisanten Lächeln. Wütend schaute ich zu Alina, die sich schulterzuckend in die Küche begab.
»Jetzt erklärt mir mal bitte, was hier los ist. Warum wurde er nicht irgendwo anders eingesperrt, wenn er so gefährlich sein soll?«
»Wir hatten zusammen einen Auftrag, als er einen Anruf erhielt und daraufhin komplett austickte.«
»Und warum habt ihr ihn dann nicht zu den Spezialisten gebracht?«
»Wir waren in der Nähe und da du ja für alles deine Mittelchen hast ...«, erwiderte Eva schnippisch und angelte sich eine Banane aus dem Obsthängekorb. Ich verdrehte genervt die Augen. Als ob ich eine komplette Apotheke hier hätte! Viel Zeit zum Brauen hatte ich in letzter Zeit nicht gehabt. » Und was jetzt? Wir können ihn ja nicht die ganze Zeit unter Drogen halten ...«
»Wir warten mal ab, wie er sich benimmt, wenn er wach wird.«
»Das kann noch ein Weilchen dauern«, sagte ich mit meinen Gedanken bei Aaron. Er würde wahrscheinlich ziemlich sauer sein. Keiner wollte einfach so lahmgelegt werden.
»Na dann. Wir müssen wieder los.« Eva schob sich das Endstück der Banane mit einer sexy Bewegung, die den meisten Männern heiße Träume beschert hätte, in den Mund und entschwebte in den Flur.
»Wie, ihr müsst los? Ihr könnt mich doch nicht mit ihm allein lassen!« Die beiden mochten ja für den Ernstfall ausgebildet sein, ich war es aber nicht! Sollte ich ihn etwa mit zerstoßenen Kräutern bewerfen oder mit rohen Nudeln?
»Du bist eine Hexe, was soll schon passieren?«, antwortete Eva süßlich aus dem Flur.
»Der Schlaftrank ist leer und ich habe nichts stärkeres hier als Warzensalbe!« Alina sah mich mitleidig an. »Nimm endlich dein ganzes Selbst an.«
»Nein! Nicht zu dem Preis!«, konterte ich vehement und zog die Augenbrauen zusammen. Bei dem bloßen Gedanken lief mir schon kalter Schweiß den Rücken herunter.
»Dann lass dir was einfallen.« Bevor ich Alina noch eine bissige Bemerkung entgegenwerfen konnte, fiel die Tür bereits ins Schloss. Ratlos stand ich mit dem Rücken an die Arbeitsplatte gelehnt und starrte den Türrahmen an. Und nun? Eigentlich müsste ich weiter für mein Zertifikat lernen und früh ins Bett, da im Labor eine Menge Arbeit auf mich wartete. Erebos erschien im Türrahmen und kam laut schnurrend mit erhobenem Schwanz auf mich zu stolziert. Den kleinen Unfall von eben schien er vergessen zu haben. Seufzend setzte ich mich an den alten Tisch, den Kopf schwer in die Hände gestützt.
»Und was machen wir beiden Hübschen jetzt?« Ich beugte mich zu ihm herunter und wollte ihn hinter den Ohren kraulen, da sprang der Kater flink auf meinen Schoß, sah mich aufmerksam an und blickte dann direkt in das Regal mit meinen Zauberbüchern.
»Du bist wohl der Meinung, dass ich ein wenig brauen soll?« Warum auch nicht? Keiner wusste, in welcher Verfassung Aaron aufwachen würde. Wahrscheinlich wäre er stinkwütend, dass ich ihn einfach eingeschläfert hatte. Vorsichtig setzte ich Erebos auf den Dielenboden, ging auf eines der Wandregale zu und zog zwei dicke Schwarten heraus, mit denen ich mich wieder an den Tisch setzte. Nach einigem Suchen hatte ich zwei Zauber gefunden, die mich vielleicht vor einem wütenden Nephylen schützen könnten. Allerdings wäre es durchaus hilfreich zu wissen, welcher Art Aaron angehörte.
»Dass er sein Wesen immer noch verschleiern muss ...«, grummelte ich nachdenklich und blickte wieder ins Buch. Es hatte einmal Fiona gehört. Die Seiten waren von der Zeit vergilbt und der Rand war mit handschriftlichen Notizen meiner Tante vollgekritzelt, bei denen es sich zum größten Teil um Änderungen der Zauber handelte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 10, 2016 ⏰

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