Tante Leslie hatte ganze Arbeit geleistet, meine Tarnung war perfekt, niedliche blonde Bauernzöpfe, ein luftiges Sommerkleidchen, eine von Sommersprossen übersäte Stupsnase und unschuldige blaue Kulleraugen. Nur mein Charakter machte ihre ganze Mühe zu nichte. Ich stemmte meine Füße auf den Betonboden und versuchte mich aus ihrem Schraubstockgriff zu befreien. Auf dem Schulhof der Wrickenridge Highschool wurde ich von schiefen Seitenvlicken durchlöchert, anscheinend passierte in diesem Städchen mitten in den Rocky Mountains normalerweise solch ein Theater nicht. Ich war die Kuriosität des Tages. Vielleicht würde ich sogar auf dem Titelblatt der örtlichen Zeitung landen. Zwei Mädchen mit Klemmbrettern unterm Arm standen nicht weit rntfernt von mir und musterten mich ausgiebig. Zweifellos waren sie von der Schülerzeitung, eifrig studierten und notierten sie jede kleinste Bewegung von mir. Von den abgelatschten Converse bis hin zu meiner strengen Flechtfrisur wurde ich gensu unter die Lupe genommen. Morgen würde die Gerüchteküche nur so brodeln vor absurden Theorien über ~die Neue~. Mir wars recht, solange mir niemand zu nahe kam oder in meinem richtigen Leben herumschnüffelte, es gab im wahrsten Sinne des Wortes genug Leichen die sie ausgraben konnten. Ich hatte nicht vor mit irgendjemandem auch nur ein Wort zu wechseln, der einzige Lichtblick am Ende eines langen dunklen Tunnrls war unser rasanter Ortswechsel. Wir blieben nirgendwo länger als ein halbes Jahr. Nie brauchte ich mir die Mühe machen meinen Koffer auszupacken oder ein Zimmer einzurichten. Meistens besaß ich noch nicht mal ein richtiges Bett. Wir blieben nur so lange bis Phil und Leslie ihren Suftrag erledigt hatten.
Eine Schülerin mit lustigen, beim gehen suf und sb wippenden, Dreadlocks flüsterte ihrer Freundin etwas ins Ohr, die Brünette warf drn Kopf in den Nacken und durchbrach das unterschwellige Gemurmel mit ihrem schallendrn Lachen. Meine Miene verfinsterte sich wenn möglich noch mehr, ich hatte das Gefühl, dass sie über mich lachte. Ihre Begleiterin fiel in das Gekicher mit ein und beachtete mich, das Alien, welches urplötzlich wie eine Bombe aif dem Schulhof eingeschlagen war, nicht weiter. Die brodrn wussten nicht was für Grausamkeiten es auf der Welt gab, ansonsten hätten sie nicht so unbeschwert Spaß aif Kosten Anderer.
"Hi, wer bist du?", auf dem Absatz wirbelte ich herum und schlug der Person hinter mir meine wehrnden Zöpfe ins Gesicht. "Ich bin Sky, Sky Bright
Tut mir das ich dich mit meiner Erscheinung erschreckt habe. Normalerweise beschreiben Leute mich eher so
angsteinflößend wie Bambi mit nem Maschinengewehr. Liegt es an meinen Haaren? Ich wette ich sehe heute aus wie eine Hexe; ungekämt mit Mundgeruch und nem Pickel auf der Nase. Bitte mach dir kein falsches Bild von mir, ich habe bloß einen schlechten Tag. Du bist neu, nicht wahr? Ich kann dir hier gerne alles zeigen und ein paar Überlebenstipps verraten, ich sag nur so viel, halte dich vom Cheerleader Team fern und verstecke dich in der ersten Sportstunde in der hintersten Reihe, ansonsten fällst du Mrs Greens Sport-Besessenheit zum Opfer. Tschuldigung, ich quassel schon wieder so viel. Mein Freund meint immer ich rede wie ein Wasserfall und spucke dabei auch genauso viel". Tatsächlich hatte ich eher das Gefühl von einem Tsunami überrollt zu werden, wie konnte ein einziger Mensch in einer Minute so viel reden? "Ach wie schön Raven, du hast schon rine Freundin gefunden, dann kann ich dich ja mit gutem Gewissen hier zurücklassen. Sei brav und pass im Unterricht auf", sobald sie eine Gelegenheit sah machte Leslie sich aus dem Staub.
"Keine Bange Mrs ... "
"Chase"
"Mrs Chase, ich werde ihre Tochter unbeschadet durch den ersten Schultag manövrieren", aha, die beliebte Musterschülerin hatte Mitleid mit mir und spielte meine Aufpasserin. Sky schenkte Leslie ein strahlend schönes Lächeln und berührte mich freundschaftlich am Arm. Hätte sie gewusst wer Leslie wirklich war und in welchrm Verhältnis sie wirklich zu mir stand, wäre sie schreiend weggelaufen, anstatt sie liebenswürdig zu verabschieden.
"So ein nettes Mädchen, wenn meine Raven doch auch nur so wäre", sie seufzte tief und spielte Sky die besorgte Mutter vor, doch ich verstand ihre versteckte Drohung. "Komm nach dem Unterricht sofort nach Hause, wir müssen noch Einkaufen fahren", die Bedeutung dieses Befehls war mir mehr als klar; spioniere ein bisschen in der Schule und schleime dich bei Mitschülern ein, aber meht Kontakt zur Außenwelt dulde ich nicht. Erhobenen Hauptes stolzierte sie zu ihrem klapprigen Mietwagen. Es würde eine viel größere Strafe, als die beginnende Schulstunde auf mich warten, wenn ich zum Hauptquartier zurück kam. "Wollen wir nebeneinander sitzen? Meinem Freund wird das garantiert nichts ausmachen und so habe ich die Chance mehr über dich zu erfahren", auch die konnte auf Knopfdruck ihre Stimmung wechseln; ernst blickte sie mir in die Augen, von der kichernden Blondine die sie gegenüber meiner Tante war, gab es keine Spur mehr. "Ist alles okay mit dir Raven? ", besorgt musterte sie mich, dabei schien sie mich aber nicht direkt anzuschauen, sondern blickte haarscharf an mir vorbei. "Alles okay", murmelte ich mürrisch und ergab mich schweigend meinem Schicksal.