Wohin die Reise geht...

Marc

Drei Jahre. Drei ganze lange Jahre. So lange waren Marc und ich ein glückliches Paar, zumindest empfand ich das immer so. Er ist ein attraktiv, humorvoll, lieb und versteht sich auf Anhieb mit jedem der ihm über den Weg läuft. Mit seinen blonden kurzen Harren und seinen Augen schafft er es, dass sich viele Frauen nach ihm umdrehen, wenn er an ihnen vorbei läuft, er jedoch hatte immer nur Augen für mich. Bis jetzt jedenfalls. Als ich ihm jedoch von meinen Plänen nach Südamerika zu gehen erzählte, rastete er völlig aus. Er beschimpfte mich und war der Meinung, dass ich unser gemeinsames Leben einfach so wegwerfen würde. Ich sei egoistisch und würde nur an mich selbst denken, warf er mir an den Kopf, während er mit seinem Fuß einen Stuhl gegen die Wand trat. Ich konnte zwar einerseits verstehen warum er so aufgebracht war, immerhin würden wir uns ein Jahr lang nicht sehen, aber ich hatte ja nie von Schluss machen gesprochen. Natürlich war ich mir am Anfang etwas unsicher gewesen ob ich wirklich für so lange Zeit von Marc getrennt sein konnte aber dann kam ich zu dem Entschluss, dass unsere Liebe stark genug ist und wir eine Fernbeziehung leicht überstehen würden. Doch als ich ihm das erklären wollte wurde er nur noch aufgebrachter. "Lilli wie naiv bist du eigentlich? Meinst du wirklich, dass du mir da drüben treu bleiben kannst?", schrie er mich an, "Da laufen so viele Typen rum, die es auf dich absehen werden und irgendwann wirst du nachgeben und mit einem von den vielen etwas anfangen. Und meinst du wirklich, dass ich hier in Deutschland sitze und auf dich warte, während ich mich die ganze Zeit fragen muss ob du es wohl gerade mit einem Kerl aus Chile oder einem aus Brasilien treibst!?"  Ich war so geschockt, dass mir kein Wort mehr über die Lippen kam und ich meine Tränen nicht mehr zurück halten konnte. Er vertraut mir nicht, er vertraut mir ganz und gar nicht. Sollte er mich nach den vielen Jahren nicht gut genug kennen um zu wissen, dass ich ihm niemals in meinem Leben fremdgehen würde? Verdammt ich liebe ihn und er mich, dachte ich zumindest. "Verdammt Lilli hör doch auf zu weinen, wenn hier jemand weinen sollte, dann bin ich das.", schimpfte er, drehte sich um und ließ mich einfach so in meinem Zimmer im Studentenwohnheim stehen.

Das war vor genau einer Woche. Seitdem habe ich ihn weder gesehen, noch etwas von ihm gehört. Ich mache mir Sorgen, doch er reagiert nicht auf meine Anrufe und in Whats App hat er mich auch blockiert. Ich habe mir vorgenommen morgen bei ihm vorbeizuschauen, wenn der ganze Zeugnisverleihungskram vorbei ist. Doch heute Abend gehe ich mit meinen Mädels aus dem Wohnheim richtig zum Feiern, immerhin macht man nicht jeden Tag seinen Abschluss an der Uni. Wir sind wie immer in unserem Lieblingsclub, hier habe ich auch Marc zum ersten Mal getroffen, denn hier sind wir inzwischen bekannt und bekommen ab und zu einen Drink aufs Haus von Tim dem Barkeeper spendiert. Emily ist auch dabei, obwohl sie noch zwei Semester Studium vor sich hat aber Em hält nichts vom Feiern ab. Ihre inzwischen wieder mittellangen strohblonden Haare hat sie zu einem halben Pferdeschwanz nach hinten gebunden, was ihr wirklich sehr gut steht. Die enge Jeans betont ihre meterlangen Beine, denn obwohl Em jünger ist als ich, ist sie locker zwei Köpfe größer. Wir haben uns vor vielen Jahren in einem Sportverein kennengelernt, bei dem wir beide Basketball gespielt haben. Em war eine so gute Spielerin, dass sie eine Mannschaft höher, also in meiner, spielen durfte. Ich war sofort von ihr begeistert und seitdem sind wir beide unzertrennlich. Jedenfalls sitze ich mit meinen Mädels gerade an der Bar und trinke ein paar Shots, als ich aus dem Augenwinkel bemerke wie die Tür aufgeht und ein blonder Kerl hereinkommt. Als ich meinen Kopf zur Tür drehe sehe ich, dass es Marc ist. Ich will gerade von meinem Hocker springen und auf ihn zulaufen doch dann sehe ich wie er irgend ein fremdes Mädchen an der Hand hält und sie in Richtung Chill-Lounge hinter sich herzieht. Geschockt folge ich den Beiden mit meinen Augen und beobachte wie sie sich zu ein paar anderen Leuten auf ein Sofa setzen. Marc legt seinen Arm um die dünne Blondine und flüstert ihr etwas ins Ohr, sodass sie laut und schrill auflacht. Meine Kehle schnürt sich zusammen und ich habe das Gefühl, dass ich mich gleich übergeben muss. Emily sieht mich fragend an und folgt dann meinem Blick zu Marc und der Tussi. Ihre Augen weiten sich und sie verschluckt sich an ihrem Getränk. "Hey da ist ja Marc.", sie dreht sie sich auf ihrem Barhocker um ihn besser sehen zu können, "Mit einem Mädchen? Wer ist das?" Dann werden ihr ihre Wort bewusst und sie legt besorgt eine Hand auf meinen Rücken. "Mann Lilli tut mir leid. Möchtest du, dass ich mit dir nach draußen gehe? Oder soll ich hingehen und ihn zur Rede stellen? Ich kann ihm auch gleich eine reinhauen Süße." Ich schüttel nur schwach den Kopf und starre die Beiden weiter an. Gerade rutscht Blondie enger an Marc heran, streckt sich hoch zu seinem Mund und....KÜSST IHN. Mein Glas fällt mir aus der Hand und zerspringt mit lautem Klirren in tausend Scherben, wie mein Herz. Ein paar andere Gäste schauen erstaunt in meine Richtung und auch Marc wendet mir seinen Blick zu. Erst realisiert er es nicht doch dann wird ihm klar, dass ich es bin. Ich starre ihn an. Er verzieht nur kurz das Gesicht und wendet sich dann wieder seinen Leuten zu. Autsch.