Erinnerungssplitter

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Erinnerungssplitter von Maximilian Humpert (Poetry Slammer aus Köln)

Jetzt ist es also aus mit uns, die Beziehung – eingestellt,

die Party vorbei, die Stühle hochgestellt

und alles was bleibt, ist der dreckige, klebrige Boden

und die verbrauchte Luft.

Dabei brauch ich selbst nach all den vergangenen Tagen

noch so viel von ihr,

denn ich hab dir doch noch so viel zu sagen.

Denn da bist immer nur du,

dein Schatten weilt stets still an meiner Seite.

Immer nur du

wenn ich nachts durch die alte Stadt schreite,

die uns einst vereinte.

Da bist immer nur du

und so sehr Ichs probier,

ich krieg dich nicht aus meinem Kopf,

denn da waren doch immer nur wir.

Wir waren doch mehr,

wie wir Verse wie Verlangen tauschten

und berauscht von Zweisamkeit nur noch im Bett hausten.

Wir waren mehr,

haben unsere Fehler gegenseitig geschätzt,

waren mehr als Doppelpunkt, Bindestrich, Stern im sozialen Netz.

Wir haben zusammen Into The Wild geschaut

Und kriegten im selben Moment eine Instant-Gänsehaut,

haben ein Herz aus roten Legosteinen gebaut

und sind in Texten gern mal in klebrigen Kitsch abgetaucht.

Und jetzt, jetzt fliehen wir voreinander,

sind in neue Städte zwischen neue Zimmerwände gewandert,

umgeben uns mit neuen Menschen, einer neuen Welt,

tänzeln betrunken unterm dunklen Himmelszelt und

Jede neue Nacht zerfällt in Erinnerungssplitter,

gedankenlose Küsse in Stroboskoplichtzittern.

Der letzte Stempel auf der Hand hat noch klare Konturen,

neuer Laden, neuer Stempel, wieder frisch neugeboren.

Und flüchtige Freunde schreien tanzend zu mir: "YEAAAAAHHHH!"

und ich antworte ihnen: "YEAAAAHHHH!!!".

Aber das kriegst du nicht mit,

zum Glück.

Nein, du bist längst geflohen, schnell in eine neue Stadt,

auf dass du das Gefühl, das dich durchdrang auch ganz schnell wieder vergessen hast.

Aber ich habe es nicht vergessen,

hab die Trauer ausgesessen,

und renne nun davon

und stehe doch nur auf der Stelle.

Ich, ich jage von Situation zu Situation

eine Assoziationskettenreaktion,

bin die Hektik schon gewohnt

und keine Ahnung obs sich lohnt,

diese ganzen neuen Namen überhaupt noch im Gedächtnis zu behalten.

Denn da bist immer nur du,

dein Schatten weilt stets still an meiner Seite.

Immer nur du

wenn ich nachts durch die alte Stadt schreite,

die uns einst vereinte.

Da bist immer nur du

und so sehr Ichs probier,

ich krieg dich nicht aus meinem Kopf,

denn da waren doch immer nur wir.

Und jetzt, jetzt bin ich Backpack-Romantiker – ein reisender Poet,

der in jeder zweiten deutschen Stadt von seiner Exfreundin erzählt.

Ich fahre 500 Kilometer, für fünf Minuten Aufmerksamkeit,

bin dann ein pathetischer Penner, der peinliche Punchlines ins Publikum schreit,

sich Zeile für Zeile selbst entblößt,

nach dem Seelenstriptease ganz nackt vor euch auf der Bühne steht,

Und was hab ich nicht alles getan:

Ich hab meine Haut mit Nadeln durchstochen,

hab von Liebe bis Hass jedes Wort ausgesprochen,

vom Leben verdrossen, gefickt und gesoffen,

davon Fotos geschossen und Treue versprochen.

Ich war ein Arschloch!

Ich hab von deinem Duft gebannt, all meine Sachen verbrannt

und die Asche in die Luft geworfen.

Und wenn du von diesem neuen Typen an deiner Seite erzählst, der sei so smart und so nett,

dann krieg ich – FUCK SCHEIßE SCHLAMPE – Gelegenheitstourette.

Denn da bist immer nur du,

dein Schatten weilt stets still an meiner Seite.

Immer nur du

wenn ich nachts durch die alte Stadt schreite,

die uns einst vereinte.

Da bist immer nur du

und so sehr Ichs probier,

ich krieg dich nicht aus meinem Kopf,

denn da waren doch immer nur wir.

Und so warte ich ab wie Monat um Monat vergeht,

schlag so lang auf mein Herz bis es endlich für wen anderes schlägt,

mein Geisterfahrerleben wieder auf die richtige Fahrbahn gerät

und sich die Welt nicht mehr nur um dich dreht.

"Die erste Liebe stirbt nie" hast du mal gesagt.

Ja , stimmt schon.

Aber sie liegt auch gerne mal im Koma.

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