Der Blumenstrauss
Ihr wisst ja ,dass ich in einen kleinen Blumengeschäft arbeite. Das Geschäft gehört meiner Freundin ,die es wie ihren Augapfel hütet. Doch wenn sie einmal frei haben will, dann ruft sie mich, und ich springe ein und mache alles, was es so zu tun gibt , unter anderem auch das, was sie nicht so gerne macht.
So steh ich nun da und putze die Rosen und hänge so meinen Gedanken nach. Plötzlich durchzuckt mich ein stechender Schmerz. Ich weiss gar nicht, wie mir geschied.
"Hab ichs doch gleich gewusst", höre ich da pötzlich eine genervte Stimme. Ich fühle mich leicht irritiert, blicke mich um und ich schaue auf die Rosen herab, welche ich gerade in der Hand halte. Und wirklich sie spricht! "Was guckst du so?", fragt sie mich mürrisch. "Was weisst du schon über mich?! Ich steche .... und ich bin zu nichts zu gebrauchen", ergänzt sie schamvoll. "Da muss ich dich schon korrigieren", sage ich. "Hast du nie die Gesichtern vo denen gesehen, die dich mitgenommen haben? Durch dich sagen sie zu ihrer Liebsten , ich liebe dich." "Ja, aber ich habe doch so viele Stacheln!", kontert die Rosen. " Aber schau doch mal deine schöne Blüte an! Und manchmal duftest du auch....es kommt doch nicht auf das Äußere an, sondern auf die inneren Werte, die andere an dir sehen", gebe ich zurück. Leicht steigt mir die Röte ins Gesicht ,denn ich sehe mich ertabt ,auch manchmal so zu denken.
Da kommt von der anderen Ecke ein stiller Protest und ich schaue ,wer das wohl sei. "Also, ich muss oft gedrahtet werden, damit meine Blüte aufrecht steht ", sagt die Gerbera. "Du brauchst dich gar nicht so zu beklagen." Ja ,denke ich so bei mir, auch ich brauche oft so einen symbolischen Draht wie Anerkennung, Lob und manchmal eine Umarmung, um den Kopf wieder hoch halten zu können.
"Was motzt ihr eigendlich so?! Ihr seid alle trotzdem so kräftig. Was soll ich da sagen ?", erwidert das Schleierkraut ungehalten. "Ich bin so fein und zart und zerbrechlich." "Aber das macht doch nichts", mische ich mich ins Gespräch. "Du bringst die Feinheiten und Romantik in jeden Strauß! Also beklage dich nicht, sondern freu dich an dem ,so wie du bist."
"Ihr habt alle Sorgen." Ich wende mich um ,um zu sehen ,wer das ist, der da spricht. "Wenn hier ankomme, ist meine Blüte noch ganz klein und ich muss über mich hinauswachsen , um schön zu werden. Das kostet Anstrengung", sagt die Tulpen. Ja, denke ich. Auch ich muss oft über mich hinauswachsen, um ohne Angst dem Leben gegenüberzutreten. Mich beschleicht ein ängstliches Gefühl. Ob mir das immer so gelingen wird?, frage ich mich.
Auf einmal höre ich ein leises Weinen aus der anderen Ecke des Raumes. Die Pistazie weint untröstlich und jämerlich . "Was ist mit dir?", frage ich sie. "Warum weinst du?" "Jeder hat so schöne Blüten , nur ich bin so knorrig und ungebändigt und habe nur kleine Blätter. Ich wünschte mir ,ich wäre auch so wie die anderen mit schönen Blüten." "Aber", sage ich, " weisst du nicht ,wie wichtig du bist , gerade weil du so bist? Du gibst dem Strauß erst seinen Halt und seine Form. Ohne dich geht gar nichts." Doch insgeheim ertappe ich mich ,dass ich auch öfters den Gedanken habe ,etwas anders sein zu wollen, schweige aber vorsorglich, hoffend, dass Blumen nicht ins Herz schauen können. Es muss ja nicht jeder wissen, wies in meinem Inneren aussieht. Und so verziehe das Gesicht zu einem Lächeln, um nicht aufzufallen.
Da räuspert sich jemand hinter mir, und als ich mich umdrehe, sehe ich ,dass es der Efeuzweig im Schnittblumengrün war. Mit fester Stimme sagt er: "Ich weiss gar nicht was ihr habt. Also ich bin wertvoll, obwohl ich immer eine Stütze brauche, um nicht am Boden zu liegen." Erstaunen überfällt mich bei so viel Selbssicherheit. Doch da höre ich ein leises tzzz, tzzzz ,und als ich mich umsehe , sehe ich wie die Rose eines ihrer Blütenblätter rümpft. "Das kann ja jeder sagen," erwidert sie schnippig und wendet sich weg. Es wird doch hier kein Streit entstehen! , denke ich und ich versuche dem Efeu zu Hilfe zu kommen. "Ich glaube ihm", ist meine Entgegnung, "weil ich kann mich erinnern ,dass er von der Nachtbarsmauer geschnitten wurde, obwohl das dem Nachbarn gar nicht passte. Er muss also wirklich wertvoll sein." "Ja, wenn das so ist ,wird es wohl schon stimmen...", die Rose gibt sich geschlagen. "wusste ich nicht...", fügt sie leise hinzu und lässt das gerümpfte Rosenblattbeschämt sinken. Da sehe ich ,wie alle anderen mit dem Kopf zustimment nicken. Plötzlich wird mir siedend heiß und mir fällt ein Bibelvers ein, der sagt: Wenn irgendeiner auf eine Sache eine Erwiderung gibt, ehe er sie angehört hat,so ist es ihm Torheit und Demütigung. Wie oft habe ich schon Menschen und Dinge nur nach ihren äußeren Schein beurteilt, ohne wirklich Bescheid zu wissen. Jetzt fühlte ich mich wirklich schlecht und schwöre bei mir selbst besser darauf zu achten.
Doch da werde ich von einer unbeschwerten Stimme aus meinen trübseligen Gedanken gerissen.
" Ich weiss nicht was ihr alle habt ", erklingt die heitere Stimme der Sonnenblume. " Ich strecke meinen Kopf der Sonne entgegen und denke positiv. Vielleicht solltet ihr das auch mal versuchen, dann wärt ihr glücklicher ,glaube ich." Ich blicke beschämt zur Seite . Musste mir das eine Blume sagen ?! Theoretisch weiß ich das schon lang . .Da höre ich ,wie jemand das Geschäft betritt.Der junger Mann scheint ganz aufgeregt zu sein. Als ich ihn frage, was für einen Wunsch er hätte, meint er: "Ich brauche einen besonderen Strauß für einen ganz besonderen Menschen." Sein Strahlen in den Augen, lässt mich ahnen.
Auch meine Freunde werden ganz aufgeregt.So nehme ich sie und binde sie in den schönsten Strauß, dessen ich fähig bin. Jeder an den Platz ,der für ihm am Besten ist. Als ich den Strauß betrachte, sehe ich alle glücklich lächeln. Die Rose an die Gerbera gekuschel und das Scheierlkaut vom Efeu umsponnen. Aber auch die Tulpe sich an der Sonnenblume anhaltend und von der Pistazie umarmt. Als ich dem jungen Mann den Strauß überreiche, geht ein Strahlen über sein Gesicht. Ihn und meine Freunde so freudig zu sehen, macht mich glücklich.
Als er gegangen war, sinne ich noch darüber nach. Auch ich bin oft nicht zufrieden mit der Situation, in der ich lebe. Der Grund ist oft ,weil ich mich nicht so sehe wie andere mich sehn . Dabei habe ich im Strauß des Lebens einen besonderen Wert, auch wenn es mir nicht so scheint. Deshalb wünsche ich euch allen alles Gute und jedem einzelnen, sich immer im Strauß des Lebens zu sehenund daran zu denken: "Ich bin wertvoll", egal was kommt.