Irgendwie hatte ich mir das Leben in Freiheit anders vorgestellt. Nach 2 Wochen hatte ich mein gespartes Taschengeld bereits komplett ausgegeben. Eigentlich ein Wunder, dass ich überhaupt so lange damit auskam. Aber ich war zäh und ließ mich nicht so leicht unterkriegen. Ich spazierte durch die Innenstadt und ließ mich von der Menschenmenge weitertreiben. Vor mir war ein glatzköpfiger Mann, dessen Portmonee aus der hinteren Hosentasche lugte. Tja da hatte ich ja praktisch keine Wahl. Mit einer geschickten Bewegung nahm ich das Portmonee an mich. Ich war eigentlich nie kriminell, aber die Geldnot machte wohl selbst die wohlerzogensten Mädchen zu Diebinnen. Ob ich ein schlechtes Gewissen hatte ? Ja manchmal...aber der Überlebensinstinkt siegte. Ich befreite mich aus der Menschenmasse und bog ab in eine Gasse um meine Beute zu begutachten. Läppsche 10 Euro. Klasse.. Ich nahm mir das Geld und warf den Rest in eine Mülltonne. Mit dem Geld kaufte ich mir ein Käsebrötchen, dass ich genüsslich in mich reinstopfte.
"Schmeckts" ,fragte eine Stimme neben mir. Misstrauisch sah ich die Person an. Die Stimme gehörte zu einem jungen Mann. Er hatte schwarze Haare und freundliche braune Augen. Er trug ein weißes T-Shirt und ich konnte einige schwarze Tattoos entdecken. "Was willst du ?" ,fragte ich ihn genervt. Leuten, die einen auf der Straße ansprechen zu vertrauen war keine gute Idee. Anscheinend sah man mir an, dass ich obdachlos war, denn letztens hatte mich ein total charismatischer Typ gefragt ob ich nicht Lust hätte für ihn als Stripperin zu arbeiten. Ich hab dankend abgelehnt, weniger aus moralischen Gründen, sondern weil ich die Gelenkigkeit eines Regenschirms besaß. Der Typ war nicht sonderlich begeistert und wurde ein wenig aufdringlich, nachdem ich ihm dann ins Gesicht geboxt habe, sah er aber ein, dass ich definitiv nicht die Art Mädchen war die er mit seinen Charme für sich gewinnen konnte.
"Ich wollte nur wissen, ob dein Brötchen schmeckt" , der Typ grinste. "Wow das ist die schlechteste Anmache aller Zeiten" ,lachte ich und drehte mich um. "Haha verstehe du bist also eine von denen" Ich wusste, dass er das nur gesagt hatte damit ich mich auf ein Gespräch mit ihm einlasse. Trotzdem fragte ich : "Wie denn ?" "Eine die denkt, dass sie unwiderstehlich ist und alle sie direkt anmachen. Aber keine Sorge ich hab kein Interesse an kleinen Mädchen" , er grinste wieder. Entgeistert sah ich ihn an. Er war höchstens zwei Jahre älter als ich. "Kleines Mädchen ? Alles klar" ,ich machte eine wegwischende Handbewegung. Der Typ lachte. "Also wo wohnst du ?" ,fragte er und seine braunen Augen bohrten sich in meine. "Hier und da!" ,antwortete ich locker. Nirgendwo klang zu deprimierend. Er nickte wissend. "Das habe ich auch mal" ,sagte er "Wenn du mal Lust hast nicht mehr hier und da zu wohnen ruf mich an" Bevor ich mich wehren konnten zog er an meinem Arm und schrieb mit einem Kulli eine Nummer darauf. "Ich bin übrigens Tyler!" , er streckte die Hand aus. Zögernd schüttelte ich seine warme Hand, verschwieg aber meinen Namen. Er drehte sich um und ging. "Ey Tyler!" ,rief ich ihm hinterher. Er dreht sich grinsend um. "Warum hilfst du mir ?" Tyler zuckte mit den Schultern :" Ich hab ein Herz für Streuner" ,lachend ging er davon. Streuner.. wie nett. Ich unterdrückte meine aufkeimende Wut. Abgesehen davon, dass ich keine Hilfe brauchte war ich sicherlich kein Streuner. Ich würde mich selbst eher als Weltenbummler oder Rebell bezeichnen. Mit ehrlicher Selbstreflektion hatte ich es noch nie so gehabt. Egal bloß nicht unnötig aufregen ! Den Schwachkopf würde ich eh nicht anrufen. Jetzt ging es erstmal darum einen Schlafplatz für die Nacht zu finden.
Ich war im Sommer von Zuhause abgehauen. Langsam wurde es Herbst und die Nächte immer kälter. Bis jetzt hatte ich mich einfach am Rhein auf die Wiese gelegt. Doch heute war es frisch draußen, wenn ich draußen übernachte, werde ich sicherlich krank und mit Fieber auf der Straße zu sitzen, hört sich nach keiner so guten Idee an. Ich steuerte auf einem Mc Donalds zu. Von meinem restlichen Geld bestellte ich mir ein Menü, machte eine Katzenwäsche auf der Toilette, als keiner da war und anschließend machte ich ein Nickerchen auf einer der Bänke. Irgendwann weckte mich ein Angestellter unsanft und befahl mir das Geschäft zu verlassen. Es war bereits dunkel draußen. Ich grinste ihn entschuldigend an, so als ob mir das furchtbar unangenehm wäre, und ich nicht nur hier war um zu schlafen. Er schmiss mich trotzdem raus. Idiot ! Als ich vor der Tür stand fiel mir auf, dass meine Sachen weg waren. Ich stolperte noch einmal in den Mc Donalds und starrte auf den Platz wo ich eben noch geschlafen hatte. "Sie sollten doch gehen!" ,der freundliche Mitarbeiter kam auf mich zu. "Wo sind meine Sachen ?" ,fragte ich monoton. "Da waren keine Sachen als ich sie geweckt habe!" , und damit schob er mich unsanft raus. Verdammt ! Verdammt ! Verdammt ! Alles war weg. Mein ganzes Leben war in diesem Rucksack gewesen. Ich war nahe einem Nervenzusammenbruch, als mein Blick auf die Nummer auf meinen Arm fiel.
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Au Revoir
Teen FictionHattet ihr auch schon mal einen Moment, der euch für immer verändert hat ? Dass ihr seitdem das Gefühl habt nicht mehr richtig gehen zu können ? Habt ihr euch schon mal so erschrocken vor der Welt, dass ihr das Gefühl hattet nicht mehr beschützt zu...