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Mit einem letzten Winken in Richtung seiner und Nialls Eltern schloss Louis die Tür hinter ihnen. Erleichtert lies er sie ins Schloss fallen. Endlich hatten er und sein bester Freund Ruhe und konnten zum allerersten Mal ihre neu gewonnene Freiheit genießen.

„Ich dachte schon, sie gehen nie", Niall war neben Louis im kleinen Flur ihres Studentenapartments erschienen und hatte zwei Bier in der Hand, eines reichte er Louis weiter, was dieser jedoch ablehnte. Es war noch heller Tag draußen und er hatte noch einiges vor heute. „Man, Lou, endlich die ersten eigenen vier Wände und du bist noch genauso langweilig und ein Spaßverderber wie zuhause unter dem Dach deiner Eltern!" Über seinen Freund den Kopf schüttelnd lief Niall in Richtung Wohnzimmer. Louis folgte ihm seufzend. Niall war und blieb das Partytier unter ihnen.

Manchmal erstaunte es Louis schon, dass er und Niall trotz aller Gegensätze beste Freunde waren. Während dieser offen auf andere Menschen zuging, keine Probleme damit hatte neue Kontakte zu knüpfen, gerne auf Partys ging und das Geld seiner Eltern im hohen Bogen aus dem Fenster warf, war Louis das genaue Gegenteil. Er tat sich schwer neue Freunde zu finden, weil er etwas schüchterner war, sich nur dann öffnete, wenn er sich wohlfühlte. Außerdem las er lieber als zu feiern und Geld war zwar – wie auch bei Niall – in seiner Familie im Überfluss vorhanden, allerdings hielt sein Vater, Mark, nichts davon, es einfach so seinen Sohn in den Rachen zu stopfen.

Dazu musste man wissen, dass sowohl Louis' als auch Niall's Eltern reiche Unternehmer und enge Freunde waren, so war es auch kein Wunder, dass Niall und er sich seit dem Windelalter kannten und eine Beziehung führten, als wären sie Brüder. Manchmal nannten sie es sogar so, waren sie beide Einzelkinder und ihre Eltern beruflich viel unterwegs, sodass sie neben ihren Kindermädchen und sonstigen Bediensteten nur sich hatten.

Niall war drei Monate älter als Louis und markierte so gerne des Öfteren den großen Bruder. Louis sollte das nur recht sein. Wenn er sich hätte einen großen Bruder wünschen können, wäre es sowieso Niall gewesen.

Louis war dem Älteren bis ins Wohnzimmer gefolgt, in welchem es sich dieser schon auf dem großen Sofa bequem gemacht hatte und dabei war die Playstation zu malträtieren. Louis stand noch etwas unschlüssig im Türrahmen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, konnte er das alles hier irgendwie noch nicht so ganz fassen. Dass er mit Niall zusammen in einer Wohnung in London wohnte war unglaublich und alles andere als selbstverständlich.

Als er seinen Eltern eröffnet hatte, dass er gemeinsam mit Niall in London Dramaturgie studieren wollte, wären diese fast vom Glauben abgefallen. Für Mark und Johannah war klar, dass ihr einziges Kind, ihr einziger Sohn, später einmal ihr Unternehmen leiten würde. Doch Louis hatte sich noch nie für die Geschäfte seiner Eltern interessiert. Schon früh hatte er sich hinter Bücher vergraben, die großen Werke von Goethe, Schiller und Co. gelesen, da waren ihm die neuesten Unternehmerzahlen seines Vaters herzlich egal.

Es hatte ihm viel Überredungskunst gekostet, seine Eltern zu überzeugen, dass es das war, was er wollte. Niall hatte es da schon einfacher. Zwar war er auch das einzige Kind seiner Eltern, aber die Erziehungsmaßnahmen im Hause Horan waren weit von den Idealen der Tomlinsons entfernt. Trotzdem oder gerade deshalb verstanden sich die beiden Familien auch so gut und Bobby, Nialls Vater, der sich das Drama unter den Tomlinsons nicht mehr ansehen konnte, hatte sich Mark bei Seite genommen und ein ernstes Wörtchen mit ihm gesprochen.

Louis durfte schließlich mit Niall nach London ziehen unter mehr als nur einer Bedingung. Da die Uni, auf die sie beide ab morgen gehen würden, eine Öffentliche war, wollte Jay partout nicht, dass ihr Sohn – wie üblich – auf den Campus zog. Deshalb saßen er und Niall nun in einer der besseren Gegenden Londons in einem geräumigen Dreizimmerapartment. Seine Eltern erklärten sich bereit hierfür und auch für die Studiengebühren aufzukommen, im Gegenzug dazu musste Louis versprechen sich einen Nebenjob zu suchen, um für Lebensmittel, Lehrbücher und privater Luxusgüter selbst aufzukommen. Drei Monate hatte er Zeit seinen Eltern zu beweisen, dass er einen Job finden und sein Leben selbst auf die Reihe bekommen würde. Sein Vater wollte so sehen, ob Louis wirklich bereit dafür war, alles was ihm möglich war für seinen Traum zu geben.

Niall hingegen hatte das Lotterleben überhaupt. Seine Eltern zahlten die Miete, Studiengebühren, Lehrmittel und auch sonst alles, was ihrem Sohn gerade so in den Sinn kam. Niall war von Beruf eben Sohn und störte sich nicht im Geringsten daran. Im Gegenteil, Niall gab gerne mal damit an, dass er im Geld schwamm – darauf standen die Mädels, wie er Louis weiß machen wollte.

Louis war das herzlich egal. Er kannte seinen besten Freund und wusste, dass dieser tief in seinem Innersten ein herzensguter Kerl war und nur das zählte für ihn. Außerdem konnte er Niall zu einhundert Prozent vertrauen und sich in allen Lebenslagen auf den Älteren verlassen. Deshalb war dieserauch der Einzige, der wusste, dass Louis auf Männer stand.

„Hey Träumerchen, was stehst du da herum, wie bestellt und nicht abgeholt? Komm rüber, lass uns die Couch einweihen!" Anzüglich wackelte Niall mit den Augenbrauen, entlockte Louis somit ein Grinsen und bewirkte, dass dieser sich endlich vom Türrahmen loseisen konnte und sich zu Niall aufs Sofa gesellte.

Niall zog den Jüngeren enger an sich heran und wuschelte ihm durch die eh schon zerzausten Haare. „Du musst wirklich noch lernen, etwas mehr Spaß zu haben, Kleiner." Abrupt richtete sich der Jüngere wieder auf und versuchte Niall böse anzufunkeln, was ihm aber misslang und er stattdessen in schallendes Gelächter ausbrach. Nur mit Mühe brachte er ein „Ich bin nicht klein, Horan" , heraus.

Die beiden zockten dann einige Runden Fifa, auch wenn Louis anfangs protestiert hatte, wollte er doch in seinem Zimmer weiter seine restlichen Kartons auspacken. Besagte Kartons waren nach drei Runden Fifa längstens in Vergessenheit geraten.

Zum Abendessen hatten sie sich beim erstbesten Lieferdienst ihrer Nähe, den Google ausgespuckt hatte, etwas bestellt und Louis erlaubte sich sogar eine Flasche Bier, um mit Niall auf ihre ersten eigenen vier Wände anzustoßen.

Nachdem ihr Bier getrunken und das Essen vertilgt war, saßen die beiden besten Freunde noch lange zusammen und malten sich ihren ersten Tag an der Uni aus. Louis hatte das Gefühl, dass sich sein Leben ab morgen von Grund auf ändern würde und er war sich nicht sicher, ob er das wollte. Andererseits – er wollte endlich anfangen sein Leben zu genießen, solange er nicht im goldenen Käfig festsaß.

„Woran denkst du?" Niall hatte den Jüngeren aus seinen Gedanken geholt. „An nichts bestimmtes – nur daran, wie sich unser Leben ändern wird." Der Ältere lachte. „Ja, das wird es. Ab morgen liegt auch Londons Frauenwelt Niall Horan zu Füßen!" Louis verdrehte die Augen, war ja klar, dass Niall einen doofen Spruch bringen würde.

Als hätte dieser aber gemerkt, dass er nicht sehr sensibel reagiert hatte, wuschelte er dem Jüngeren nochmal durch die Haare. „Lass uns ab morgen unser Leben einfach genießen, okay? Denk nicht zu viel darüber nach, was passieren wird, sondern lass es auf dich zukommen." Louis lächelte, sein Freund hatte wahrscheinlich recht.

Gähnend stand Niall vom Sofa auf und zog den Jüngeren mit auf die Füße. „Komm, lass uns schlafen gehen, damit wir morgen pünktlich in die Uni kommen." Louis zog erstaunt eine Augenbraue nach oben. „Solche Wörter wie Pünktlichkeit kommen doch sonst nicht in deinem Vokabular vor", zog er Niall auf. Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Ich will nicht gleich am ersten Tag negativ auffallen, dafür habe ich das restliche Jahr dann noch Zeit!" Sprachs, grinste Louis noch mal an und lief dann in sein Zimmer einen kopfschüttelnden Louis zurück. Das erste Jahr an der Uni konnte ganz interessant werden.

Opposites attractWo Geschichten leben. Entdecke jetzt