Nachdem ich mein Bedürfnis befriedigt hatte, wandte ich mich schweißgebadet von ihr ab.
Sie war die Siebte.
In diesem Monat.
Wie immer schnappte ich mir die Zigaretten aus meiner Hosentasche, zog die Boxershorts über den Po, verschwand mit meinem Handy auf dem Balkon des Motels und wählte Rikus Nummer, damit er mich –wie immer- abholen konnte.
Keine halbe Stunde später saß ich wieder auf der heimischen Couch und schaute mir die Fotos an, die ich heute Abend gemacht hatte.
Riku sah mir erwartungsvoll über die Schulter.
„What?", gestikulierte ich genervt und wedelte mit den Armen.
„Disgusting", sagte er knapp.
„What?"
„You're sex-selfies after banging an older version of Emma."
Ich verdrehte die Augen.
„Call her. Now", dirigierte er.
„Stop it, Riku. Really."
„Now."
„Fuck you."
„Do it", ordnete er an, „you're still in love with her. More than one year you're in love with that one woman and the only thing you have to do is to take your mobile and call her."
„No."
„You're an idiot to let her go", meinte Riku, bevor er kopfschüttelnd die Treppen meines Hauses empor stieg.
Einige Minuten verweilte ich und starrte auf das Bild.
Die Ähnlichkeit meiner heutigen Bettgeschichte zu Emma war unverkennbar. Die roten Haare und die Sommersprossen auf ihrer Nase erinnerten mich unvermeidlich an sie.
Plötzlich schob sich die Halbschwedin wieder in meine Gedanken.
Follow your heart.
Ich hatte es getan.
Mehr als ein Mal.
Über Monate hinweg, in denen sie mich immer wieder abblitzen ließ.
Ich blieb die ganze Zeit über am Ball und machte mich für sie regelrecht zum Affen. Ich dekorierte ihr kleines Badezimmer, strich mit ihr die Wände ihrer Wohnung und baute ihre neuen Möbel zusammen.
Mehrere Male war mir ein „ich liebe dich" über die Lippen gekommen, welches sie nie erwidert hatte.
Am Abend ihres 24. Geburtstags konnte sie nicht mehr leugnen, dass sie das Gleiche für mich empfand.
Als sie im Taxi sitzend das Rheinufer verlassen hatte, formte ich ein Herz mit meinen Händen.
Selbst für einen Blinden war ersichtlich, dass sich zwischen uns mehr als Freundschaft entwickelt hatte.
Ein Besuch von meiner Exfreundin Vivianne hatte alles durcheinander gebracht und trieb Emma in die Arme des Rezeptionisten.
Alle Ereignisse danach waren auf ihre Art und Weise irgendwie schön gewesen, jedoch fehlte mir Emmas Ehrlichkeit in vielen Bereichen. Sie beteuerte zwar immer wieder, wie sehr sie mich mochte, konnte ihre Gefühle aber nie richtig zeigen oder in die Tat umsetzen.
Den letzten Versuch startete ich, als sie in Antofagasta war und ich ein Lied für sie aufnahm.
Das war mir in der Vergangenheit noch nie passiert.
Spätestens danach hatte ich gehofft, sie würde endlich zu ihren Gefühlen stehen können. Stattdessen erteilte sie mir erneut eine Abfuhr und kam erneut angekrochen, als ihre Beziehung mit Tomás auf Grund eines Seitensprungs seinerseits gescheitert war.
Und dann, als sie vor vier Wochen ohne Vorwarnung hier aufgekreuzt war, war sie sich ihrer Gefühle ganz plötzlich mehr als sicher.
Plötzlich.
Plötzlich wollte sie nicht mehr ohne mich sein.
Plötzlich wollte sie den Weg mit mir zusammen gehen.
Plötzlich war es ihr egal, was alle anderen Menschen von ihr hielten.
Diese Show kaufte ich ihr nicht ab.
Dieses Krabbeln über die Couch hatte für mich etwas von Liebesschnulze à la Hugh Grant.
Ihre Liebesbekundungen wirkten genauso einstudiert wie der Text der Schauspieler in eben so einer Verfilmung.
Erst als ich sie bat zu gehen und sie mit Tränen in den Augen im Türrahmen stand, passten die Worte zu dem, was sie offenbar fühlte.
„Ich liebe dich", wimmerte sie.
Eigentlich wäre das der Moment gewesen, um sie in den Arm zu nehmen, diese drei Worte zu erwidern und ihr zu versprechen, dass alles gut werden würde.
Aber das tat ich nicht.
Meine Gefühle für sie waren nicht mehr wie vorher.
Ich war abgekühlt.
Sie war nicht mehr der erste Gedanke am Morgen.
Sie war nicht mehr der letzte Gedanke, bevor ich abends zu Bett ging.
Was hatte sie von mir erwartet?
Dass ich ihr mit Freudentränen in den Augen die Tür öffnete?
„Samu!", schrie Riku genervt aus dem dritten Stock.
Vor allem in den letzten Tagen war ich kurz vor dem Einschlafen immer unglaublich kreativ gewesen, was das Schreiben von neuen Songs anging. Riku war heute Abend mitgekommen, um Melodien und vielleicht sogar den ein oder anderen Hit zu entwickeln. Müde schleppte ich mich nach oben in das hauseigene Studio und kramte einen zerfledderten Zettel aus meiner hinteren Hosentasche. Dabei fiel auch Emmas Kette mit dem Kofferanhänger heraus.
Ich trug sie bei mir.
Immer.
Selbst, wenn ich eine Verabredung mit einer anderen Frau hatte.
Ich konnte Emma einfach nicht loslassen.
Riku hob die Kette auf und hielt sie mir entgegen, als ich Emmas Nummer wählte.
Er sah erwartungsvoll zu mir herüber.
Einige Sekunden später schüttelte ich den Kopf und steckte das Smartphone zurück in meine Hosentasche.
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Heart-searching
FanfictionEin OS, der auf die Geschichte "Friendzoned?" aufbaut. Eventuell sollte der OS "Heart-breaking" im Vorfeld gelesen werden.