Prolog

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Eine junge Frau sass am Rande einer Klippe. Mit weichem Blick schaute sie auf's Meer hinaus. Die Wellen schlugen laut gegen die Felsen. Der Ausblick verschlug ihr immer wieder aufs Neue die Sprache. Das aufbauschende indigoblaue Meer und die tiefgrünen Wiesen Schottlands.

Soweit sie aufs Meer hinausblickte, sah sie nichts als dieses unendliche Blau. Der Wind hoch oben auf der Klippe zerzauste Ellies schulterlanges hellblondes Haar. Für einen Moment schloss sie die Augen und genoss das Rauschen des Meeres, dass sich in Einklang mit dem Wind zu einer leisen Melodie formte. Die Beine hatte sie übereinander verschränkt, in ihrem Schoss lag eine Flasche. Der kleine Behälter hatte einen dicken Bauch und eine breite Öffnung. Nachdenklich drehte Ellie ihn in den Händen. Der kleine Zettel darin flog dabei hin und her.

Sie schloss noch ein letztes Mal ihre Augen und horchte in sich hinein. Sie spürte widersprechende Gefühle in sich, die sie hin und her rissen. Doch da war auch ein Funken Hoffnung. Er erschien wie aus dem Nichts und keimte langsam in ihr auf. Und da wusste sie, es musste sein.
Aus ihrer braungrünen Windjacke fischte sie den kleinen geschnitzten Elefanten heraus. Langsam liess Ellie ihn durch ihre langen, dünnen Finger gleiten, während sie das Muster befühlte. Ein E eingekreist durch ein D war auf dem Bauch des Elefanten eingeritzt. Ihr Zeichen. Eine Träne tropfte auf das Gras. Es war Zeit. Sie musste loslassen. Nie würde sie vergessen, selbst wenn sie durch einen Unfall oder durch hohes Alter all ihre Erinnerungen verlieren würde. Ihr Herz würde sich für immer erinnern.

Sie steckte das Holzfigürchen in die Flasche und verschloss sie mit einem Korken. Gemächlich, fast feierlich erhob sie sich. Mit aller Kraft warf sie die Flasche hinaus, hinaus in das tosende Meer. Und dabei lächelte sie. Das erste befreiende Lächeln seit langem.

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