Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FF

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Enola

Meine Schwester war zurück. Ihr schlanker Körper steht wie selbstverständlich in meinem Flur, gerade so, als wäre sie nie weggewesen. Ihre Arme schlingen sich um mich, als wäre ich nach langer Zeit wieder heimgekehrt. Doch eigentlich ist es genau umgekehrt, Cloe war seit Jahren auf der Flucht. Seit dem Abend der Beerdigung hatte ich sie nicht mehr gesprochen. Und jetzt steht sie hier in meinem Haus und sieht noch fast genau so aus wie damals.

Ihre Haare sind etwas kürzer und deutlich gelockter als meine. Ihre hellen orangeroten Kringel umrahmen ein gesund gebräuntes Gesicht, um die hellen Augen. Sie sind hellgrün, wie frisches Sommergras und genau die gleichen, wie die meiner Mutter. Auf ihren Wangen tanzen Sommersprossen, während sie ihre kleine Stupsnase rümpft und mich langsam mustert. Wir sahen uns nie sonderlich ähnlich, auch wenn zwischen uns nur zwei Jahre liegen. Das Doppelte der Zeit, die wir uns jetzt nicht gesehen haben.

Meine große Schwester war stet der Sonnenschein der Familie, ebenso wie meine Mutter es gewesen war. Ich hatte die tannengrünen Augen meines Vaters und seine dunkelroten, welligen Haare geerbt. Außerdem verfüge ich über ein ebenso zurückhaltendes und ruhiges Gemüt wie er. Meine Schwester und ich könnten nicht unterschiedlicher sein.

Doch während sie mich noch ein Mal enger an sich dreht und schon im üblichen Plapperton beginnt vor sich hin zu reden, besinne ich mich auf die dritte Person im Raum.

Paul, der Werwolf der seit ein paar Monaten auf mich geprägt ist und seit dem kaum einen Schritt von meiner Seite weicht, steht immer noch hinter mir. Ich schiebe Cloe sanft von mir, denn für Paul ist es sicher ebenso überfordernd wie für mich. Wir haben eine emotionale Ebene, das bedeutet er spürt in abgeschwächter vorm auch meine Gefühle und die sind gerade nicht sonderlich positiv. Dennoch versuche ich ihn zu beruhigen.

„Paul, es ist alles gut." Sage ich, während ich seinen Blick aus warmen braunen Augen auffange. „Das ist nur meine Schwester Cloe." Seine Augen huschen ein Mal aufmerksam zwischen der plötzlichen Besucherin und mir hin und her, dann atmet er tief durch und nickt. Ich sehe an seiner Körperhaltung deutlich, wie er sich entspann und atme selbst einmal kurz durch. „Paul ja?" Frägt meine Schwester und hält ihm die Hand hin, während sie ihn lange mustert. Mir ist klar, wie es auf sie wirken muss, wenn ich hier mit einem jungen Mann hereinspaziere, der nichts anderes außer einer Hose trägt. Doch vorurteilsfrei wie Cloe nun mal ist, hält ihm die Hand hin. Pauls Blick ist eher zögerlich, als er sie langsam ergreift und ich frage mich unwillkürlich, wann er das letzte Mal mit Menschen zu tun hatte, die nichts vom Rudel wissen.

„Ein Freund von dir En? Oder dein Freund?" Ich öffne meinen Mund, doch irgendwie kann ich nichts sagen. „Dann ist ja alles klar. Ich wollte nicht so reinplatzen, doch irgendwie kam bei unserer alten Telefonnummer immer, dass sie nicht vergeben sei." Sie sieht mich anklagend an, als wäre ich Schuld daran. Was ich auch bin. Doch eigentlich will ich das nicht zugeben. „Ähm, ja ich wollte dir schreiben, wusste aber nicht genau wohin. Ich habe den Anbieter gewechselt und die Nummer konnte ich leider nicht mitnehmen." Sie zieht die Augenbrauen misstrauisch nach oben. „Oder du wolltest den kritischen Anrufen von Mum und Dad's Freunden entgehen, die sich nach deinem Befinden erkunden. Womöglich hätten sie dir Essen geschickt, wie unangenehm." Den letzten Satz spricht sie mit einem eindeutig sarkastischen Unterton, da sie weiß, dass ich nicht gut kochen kann. Dafür war früher immer unser Vater zuständig. Doch ich bin bisher ja noch nicht verhungert, auch wenn ich erst seit Emily in mein Leben getreten ist, wirklich weiß, was ich vermisst habe.

„Du bist ans andere Ende der Welt gereist, das war auch ein kluger Schachzug." Ich kräusle meine Lippen, während ich sie wütend aufeinanderpresse. Lange haben Cloe und ich es nie ohne Streit in einem Raum ausgehalten, doch das ist ihr ebenso klar wie mir. „Jetzt lass uns doch nicht gleich streiten." Sie hebt abwehrend die Hände.