Kapitel 4.

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Während er mich anbrüllt, kaue ich an meinen Fingernägeln und höre nicht zu.Das wesentliche habe ich schon längst verstanden.
1. ich hatte Hausarrest (die merken eh nicht wenn ich weg bin...)
2. meine Mom hatte die Polizei soweit bearbeitet,dass ich nicht auf die Wache musste und nur mit einer Mahnung davon kam...(diese dämlichen Polizisten mussten mich ja unbedingt fotografiert haben)
Und dennoch brüllte dieser versoffene Idiot, jetzt bestimmt zum dritten Mal mal das ich sofort auf mein Zimmer gehen soll.Doch jedes Mal wenn ich versuche aufzustehen und in mein Zimmer zu gehen,brüllt er das ich sitzen bleiben und ihn gefälligst ausreden lassen soll. Wahrscheinlich würde ich mein ganzes Leben hier verbringen ,ich stöhne genervt. Nach der fünften Bierflasche muss er endlich aufs Klo und ich kann in mein Zimmer flüchten.ich lehne mich gegen die Wand, schließe die Augen und hasse mein Leben. Langsam schlage ich im Takt meines Herzschlages auf meine Oberschenkel.Dann fällt mein Blick auf Henrys Nummer auf meinem Handrücken.
Sie ist schon fast nicht mehr sichtbar.
Mist mein Handy haben Sie natürlich auch ein kassiert sonst hätte ich ihm jetzt simsen können,diese absolut nervigen,lästigen und immer gleichen Bestrafungen,ich verdrehe die Augen.
Ich denke nach, das Haus Telefon zu benutzen ist auf keinen Fall eine Option,mein Laptop kann ich auch vergessen,der wurde auch ein kassiert, bleibt nur noch...,nein DAS werde ich nicht machen...
Andererseits?                                       Habe ich denn eine andere Wahl...
Kurzerhand ziehe ich die Kiste mit Lucas Sachen unter meinem Bett hervor. Mit kurzen knappen Handbewegungen öffne ich die, aufwändig eingeschweißte Kiste und nehme seinen Laptop heraus.Ich zögere bevor ich ihn aufklappe,ist das wirklich richtig?Nicht daran denken Madison rede ich mir selbst ein.
Die kleine rote Lampe am Laptop beginnt zu blinken wie das mordlüsterne Auge eines Raubtiers.
Endlich leuchtet der Bildschirm auf.Komisch kein Passwort, keine Sperre rein gar nichts, er muss den Laptop nicht mal richtig heruntergefahren haben als er..., Ich ziehe scharf die Luft ein.Mein Bruder war kurz bevor meine Eltern sich getrennt hatten und fast direkt nach der Fehlgeburt meiner kleinen Schwester,abgehauen.ich weiß nicht warum er abgehauen ist und auch nicht warum meine Eltern sich geschieden haben.Ich weiß eigentlich garnichts,
niemand sagt mir nur ein Sterbenswörtchen.Wütend starte ich auf das, sich gleichmäßig drehende Rädchen. Sie wollen alle das ich ihnen die Wahrheit sage aber selbst sagen Sie mir auch nichts, zumindest nicht die Wahrheit, nur irgendwelche Lügen.Plötzlich öffnet sich ein Fenster, ich muss schwer schlucken. So als ob ich ein Stein herunter würgen müsste. Es ist ein Zeichenprogramm.Wir,also Lukas und ich, haben oft zusammen gezeichnet. Das was sich grade vor mir abbildet hatten wir auch zusammen gezeichnet, damals waren wir beide noch ziemlich klein. Lukas muss es ausgearbeitet haben,ich schweige eine Weile und starre einfach nur auf das mir so bekannte Bild,hinter meinen Augen beginnt es zu brennen.Meine Gesichtsmuskeln verkrampfen sich, nein ich würde keine Träne aus meinem Augenwinkel rollen lassen, nicht jetzt und überhaupt...
Ich zwinkere heftig die aufsteigenden Tränen weg. Ich versteifte mich und versuche jegliche Gefühle aus zu blenden,mein Herz zieht sich zusammen wie ein Blütenkelch vor dem Frost. Entschlossen schüttele ich den Kopf und klicke das Fenster weg, wenige Sekunden später habe ich Henrys Nummer unter Kontakten eingespeichert und ihm eine Message geschickt.„Geht doch" sage ich zufrieden grinsend, als ich seine Nachricht bekommen habe. Wenig später lasse ich mich vorsichtig die Regenrinne vor meinem Fenster hinab.
Ich habe einen schwarzen Hoody übergestreift und eine mit Graffitidosen voll gestopfte Tasche umgehängt. Diese wird allerdings ein kleines Problem als ich das letzte Stück Der Regenrinne herunter springe. Ich fluche leise auf, als eine der Grafitti Dosen schmerzhaft an meinen Oberschenkel schlägt. Kurze Zeit später befinde ich mich an dem verabredeten Platz, ich kenne ihn gut,hier wurde ich das erste mal beim sprayen erwischt. Lächelnd mustere ich die ängstlich verwackelten Linien, des überraschend plötzlich abgebrochenen Graffittis.
Das war vor drei Wochen gewesen und ich zum ersten Mal allein im Dorf unterwegs, ich war unglaublich nervös, als ich die ersten Linien an die Wand sprayte,wacklig und unpräzise.An der inzwischen leeren Graffitidose waren deutlich meine verschwitzten Fingerabdrücke zu erkennen, die sich angespannt um die farbenfrohe Dose klammerten. Ich fuhr mit dem Finger die (relativ) sanft geschwungenen Linien eines Graffittis nach, es musste neu sein ich hatte es noch nie gesehen. Jemand tippte mich von hinten an„Das ist ziemlich gut oder?" sagte eine dunkle klare Stimme hinter mir.„ Naja"sagte ich ohne nachzudenken„Die Linien hätten noch etwas präziser sein können, viel weicher und runder und im mittleren Bereich ist die Farbe eher schlampig aufgetragen worden.Also für ein Bubble Style eher mittelmäßig",sage ich fachmännisch.
Henry macht ein übertriebenes Schmoll Gesicht als ich mich zu ihm um drehte, ergeben zuckte ich mit den Schultern „Ist eben so" grinse ich.
„Dann mach du mal einen besseren Bubble Style wenn du gerade von der Polizei erwischt wirst!",sagt Henry gespielt beleidigt.„Meinetwegen" lache ich und hohle eine Graffitidose aus meiner Tasche. Als ich mich den letzten Rundungen des E von "HOPE" zuwende,erklingt plötzlich ein  kräftiges„HEY!"in der aufziehenden Dämmerung,schwungvoll beende ich meine Arbeit und sprinte zeitgleich mit Henry, wie auf Knopfdruck los!

Bubble Style:runde ballonartige Gestaltung der BuchstabenBlockbuster Style: eckige und möglichst flache Besprühung  des UntergrundesWild Style:komplex ausgearbeiteter Und zur Unkenntlichkeit verformter SchriftzugTag: Logo/Unterschrift des Writers ...

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Bubble Style:runde ballonartige Gestaltung der Buchstaben
Blockbuster Style: eckige und möglichst flache Besprühung des Untergrundes
Wild Style:komplex ausgearbeiteter Und zur Unkenntlichkeit verformter Schriftzug
Tag: Logo/Unterschrift des Writers (Writer=Sprayer)
Throw up: schnell an die Wand gebrachter und einfach gehaltener Schriftzug
Simple Style: qualitative Weiterentwicklung des Throw up,die meist durch outlines und oder fillins gebildet werden
Charakter: bildliche Darstellung/Untermalung des Graffittis

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