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Usually the person you argue with the most
is the person you love the most.Bei dem Klang der zittrigen Stimme hinter mir stockte ich. Meine Finger hatten sich um den Tragegriff meiner sandfarbenen Reisetasche geschlossenen, die Hand zu einer festen Faust geballt, wie als würde das helfen, meine Wut unter Kontrolle zu halten. Die andere lag auf der Türklinke. Ich wollte die Tür aufreißen und gehen, aber die Unsicherheit in Melanies Stimme hinderte mich daran.
Ich atmete einmal tief durch und lockerte den Griff um mein Gepäck.
Melanie war im siebten Monat schwanger, natürlich hatte sie da Angst. Aber es war meine Pflicht, und das musste sie verstehen. Ich konnte nicht hier bleiben, aber auf diese Art wollte ich mich auch nicht verabschieden.
Ich brauchte einen Moment, um mich zu beruhigen, dann wandte ich mich um.
Melanies Hände ruhten schützend auf ihrem prallen Bauch, und in ihrem verheulten Gesicht stand die Panik geschrieben.
„E...es kommt...", stotterte sie und sah mich hilflos an.
Es dauerte einen Augenblick, bis ich realisierte, was sie gesagt hatte.
Das Baby!
Sofort packte mich die Angst und unser Streit war für den Moment vergessen.Ich ließ die Taschen fallen, eilte zu meiner Frau. „Ich fahr dich ins Krankenhaus", erklärte ich und schnappte mir die Schlüssel vom Haken, bevor ich Melanie half, aus dem Haus raus und ins Auto zu kommen.
„Du musst zum Flughafen...", schluchzte Melanie, als sie sich auf den Beifahrersitz gesetzt hatte, „Dein Flug...!"
„Ich nehm' den Nächsten", wandte ich ein und beeilte mich, auf die Fahrerseite zu kommen und den Motor anzuschalten.
„Aber..."
„Was, soll ich jetzt doch gehen?", forschte ich nach, als ich den Wagen rückwärts ausparkte und warf Melanie einen undefinierbaren Blick zu.
„N-nein...", stammelte sie und schluchzte kläglich. Mein Herz zog sich zusammen, als ich sie so verzweifelt sah, und am liebsten hätte ich irgendetwas unternommen, um sie zu trösten. Nur kurz darauf wurde sie von der ersten Wehe erschüttert, woraufhin ihr ein leiser Aufschrei entfuhr. „Fahr, verdammt!", schrie sie mich an.
Eilig drückte ich aufs Gaspedal und verließ die Seitenstraße, in der wir wohnten.
Gleichzeitig wählte ich auf meinem Handy die Nummer des Bundeswehrkrankenhauses in unserer Nähe.
Warteschleife.
Super.Ich riskierte einen kurzen Blick von der Straße zu Melanie. Sie starrte auf ihren Bauch und blinzelte die Tränen aus ihren Augen. Ein Seufzen kam über meine Lippen, als ich das Handy auf dem Armaturenbrett vor mir ablegte und Melanies Hand nehmen wollte.
„Hey, es..." hob ich zu einer Entschuldigung an, wurde aber grob unterbrochen: „Nein, lass!"
Melanie hatte ihre Hand weggezogen und wandte den Blick demonstrativ aus dem Fenster. Trotzig wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel, dann wanderte ihre Hand zurück zu ihrem Bauch, der für den Moment Ruhe gab.
Fassungslos starrte ich sie an, im ersten Augenblick zu sprachlos, um irgendetwas zu sagen.
Erschüttert schüttelte ich den Kopf. „Ich fass' es nicht", stieß ich leise aus.
„Siehst du, DESWEGEN entschuldige ich mich nicht mehr bei dir!" Ich war lauter geworden, als ich beabsichtigt hatte. „Du KANNST meine Entschuldigungen gar nicht annehmen, genauso wenig wie du mir zuhören kannst!"„Ach, jetzt liegt etwa alles an mir!?", funkelte Melanie mich an und ich biss die Zähne zusammen. „Wem ist denn seine beschissene Karriere wichtiger, als seine Familie? Wir bekommen ein BABY, Thomas! Ein BABY! Wie soll ich mein Kind groß ziehen, wenn sein Vater in einem Krieg stirbt, der nicht einmal der unsere ist!?"
„Das meine ich! GENAU DAS!", entgegnete ich und zwang mich, meine Lautstärke etwas runterzudrehen.
„Wir haben schon so oft über das Thema gesprochen, und wenn du mir zugehört hättest, dann wüsstest du...", ich brach ab. Das hatte doch keinen Sinn! „Ich mache das für euch."Melanie lachte verächtlich auf.
„'Ich mache das für euch.'", äffte sie mich nach. „GAR NICHTS machst du für uns!"
Ihre Worte trafen mich härter, als ich es für möglich gehalten hätte, aber Melanie war gerade erst in Fahrt gekommen. „Glaubst du ernsthaft, ich bin so begeistert davon gewesen, als du dich verpflichtet hast? Ich habe das nur für dich zugelassen, weil DU es unbe...AAAAHH!" Wieder wurde sie von einer Wehe unterbrochen.Ich schluckte und presste die Lippen aufeinander, fixierte die Straße vor mir mit meinem Blick.
Darauf wusste ich nichts zu antworten.
Melanie hatte mich immer unterstützt, und die ganze Zeit über war ich in dem Glauben gewesen, sie sei stolz auf das, was ich tat. Stolz auf mich.
Was hatte ich denn übersehen?
Was war mir entgangen, wenn ich in Uniform nach Hause gekommen war?
Von meinem Tag erzählt hatte?
Hatte sie jemals auch nur ein Anzeichen von Missgunst gezeigt?
Rückblickend konnte ich mir diese Fragen beim besten Willen nicht beantworten, und vielleicht wollte ich die Antwort auch überhaupt nicht wissen.
Also ließ ich die unangenehme Stille über mich ergehen, die anschließend herrschte.
Nur ab und an hörte ich Melanie neben mir schluchzen.
Hatte ich sie wirklich enttäuscht?>>Schönen guten Tag, Katharina Spohr vom Bundeswehrkrankenhaus am Apparat, was kann ich für Sie tun?<<, ertönte plötzlich die ruhige, sachliche Stimme einer Frau.
Eilig griff ich nach dem Handy, das ich auf dem Armaturenbrett abgelegt hatte.
„Ja Hallo, mein Name ist Thomas Vogt..", hob ich hastig an, verbesserte mich dann jedoch schnell; „Oberstabsgefreiter Thomas Vogt."
Mein Blick wanderte zu Melanie.
„Meine Frau...sie bekommt ein Baby!"
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》Bildquelle《
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Action"Monatelang sagte ich mir, ich würde es alleine schaffen, aber das tue ich nicht. Ich brauche Hilfe. Ich habe PTBS." Nach der Rückkehr von seinem Einsatz in Afghanistan, einem Binnenstaat Südasiens, muss sich Oberstabsgefreiter Thomas Vogt einer völ...