Ich lebe in einem Land. Ein Land in dem es magische Wesen gibt. Drachen, Elfen, Hexen und noch viele andere. Mein Volk selbst nennt sich Oharia. Wir leben seit Generationen mit Drachen zusammen. Die Drachenreiter beschützen unser Land, sie werden von allen geachtet und gefeiert. Jedes Jahr gibt es neue Dracheneier, sie wählen in einer Zeremonie ihren Besitzer. Es gibt vier Drachenarten: Feuer, Wasser, Erde und Wind. An der Zeremonie dürfen nur 15-Jährige teilnehmen und die, die Kein Drachenreiter werden wollen müssen nicht mitmachen. Von einem Drachen erwählte Personen werden, nachdem ihr Drache aus seinem Ei geschlüpft ist, von einem fertig ausgebildeten Drachenreiter vier Jahre trainiert. Am Ende dieser vier Jahre muss jeder der heranwachsenden Reiter eine Prüfung ablegen, in der Kampfgeschick und Umgang mit Drachen geprüft werden.
‚Morgen ist es wieder so weit. Morgen findet die jährliche Zeremonie statt. Morgen werde ich endlich meinen Drachen bekommen', dachte ich mir als ich beim Frühstück saß. Ich war vor zwei Wochen fünfzehn geworden und war somit nun alt genug um einen Drachen bekommen zu können. „Luna, über was denkst du nach?", fragte meine Mutter, nachdem sie bemerkte, dass ich in meinen Gedanken vertieft war. „Ich habe über die Zeremonie morgen nachgedacht. Ich frage mich, von welcher Art mein Drache sein wird. Feuer, Wasser, Erde und Wind? Vaters Drache ist ein Wasserdrache, vielleicht bekomme ich dann auch einen Wasserdrache. Mir schwirren wegen morgen hunderte von Fragen im Kopf rum. Auch die Frage, ob ich überhaupt einen Drachen bekomme. Normalerweise werden hauptsächlich die 15-Jährigen erwählt, deren Vater oder Mutter ein Drachenreiter ist." Daraufhin sagte meine Mutter zu mir, „mach dir nicht so viele Gedanken, du wirst so oder so erst die Antworten auf deine Fragen finden. Also musst du dir deinen Kopf deswegen noch nicht zerbrechen. Du musst dich noch bis morgen gedulden." Damit war das Thema für mich erledigt und ich fing an die Sachen vom Frühstück vom Tisch zu räumen. Die Lebensmittel stellte ich in den Kühlschrank und das benutzte Geschirr in die Spülmaschine. Als ich fertig war ging ich aus dem Haus zu der Klippe am Ende unseres Gartens. Während ich durch den Garten lief kam ich an vielen Obst- und Laubbäumen vorbei. Dort angekommen setzte ich mich hin und blickte auf das unendliche, strahlend blaue Meer vor mir. Nach ein paar Stunden, die sich anfühlten wie wenige Minuten, hörte ich meine Mutter nach mir rufen. Ich schreckte aus meinen Gedanken auf und merkte, dass die Sonne am Untergehen war, was bedeutete, dass es schon Abend war. Also hatte ich das Mittagessen verpasst, mir fiel auch jetzt erst auf, dass ich großen Hunger hatte. Ich ging zurück zu unserem Haus und suchte meine Mutter. Ich fand sie in der Küche, wo sie gerade das Abendessen machte. „Wo warst du eigentlich die ganze Zeit?", fragte mich meine Mutter. „Ich war an der Klippe und habe meine Gedanken geordnet." Nachdem ich ihr antwortete sah ich auf den Tisch, dort stand ein Topf mit Nudeln und Tomatensoße, meinem Lieblingsessen. Wir setzten uns an den Tisch, nahmen uns Nudeln aus dem Topf und fingen an zu essen. Nach dem Essen wünschte ich meiner Mutter eine gute Nacht und ging dann in mein Bett. Da ich noch nicht schlafen konnte holte ich mein Buch und las noch ein paar Minuten. In dem Buch ging es um Drachen. Kurz bevor ich einschlief legte ich das Buch weg und versank dann im Land der Träume.
Am nächsten Morgen wachte ich auf, als die ersten Sonnenstrahlen in mein Gesicht schienen. Als ich auf die Uhr sah merkte ich, dass es erst kurz nach sechs war. Deshalb entschied ich mich, erst einmal zu der Klippe zu gehen. Ich schaute aufs Meer und merkte, dass es ruhiger als sonst war. Man nahm kaum das Geräusch der Wellen wahr, wenn sie gegen die Felsen schlugen. Nach ungefähr einer Stunde ging ich wieder ins Haus und sah nach, ob meine Mutter noch schlief. Da sie noch schlief beschloss ich das Frühstück zu machen und wenn ich damit fertig war sie zu wecken. Wir frühstückten zusammen. Es lief genauso ab, wie am vorherigen Tag, ich hing meinen Gedanken nach und meine Mutter fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Ich dachte wieder über die Zeremonie nach, sie fand heute Nachmittag gegen vier Uhr im zu Fuß fünf Minuten entfernten Dorf statt. Nachdem wir um zwölf zu Mittag gegessen hatten ging ich in mein Zimmer und las in dem Buch vom vorherigen Abend weiter. In dem Kapitel, das ich momentan las ging es um Winddrachen. Winddrachen sind meine Lieblingsdrachen und ich wollte schon immer einen. Diese Art faszinierte mich einfach. Sie waren meist hellblau bis weiß, es gab aber auch Ausnahmen, wie dunkelblau oder gold-gelb. Um viertel vor vier rief mich meine Mutter. Ich ging zu ihr und gemeinsam liefen wir in Richtung Dorf. Als wir ankamen standen schon viele Leute auf dem Platz und warteten darauf, dass es losging. In der Mitte des Platzes waren zwanzig Dracheneier, sechs Feuer, fünf Erd, sechs Wasser und drei Wind. Zwei Meter von den Eiern entfernt standen mehrere Jugendliche in zwei Reihen. In der einen Schlange waren die 15-Jährigen, deren Eltern Drachenreiter waren und in der anderen Schlange die, deren Eltern keine Drachenreiter waren. Ich stellte mich in die erste Reihe und wartete darauf, dass es losging. Um kurz vor vier kam ein mittelgroßer, älterer Mann auf einem hellgrünen Drachen angeflogen. Der Drachenreiter hieß Ferus und leitete die Zeremonie. Er fing an uns aufzurufen. Zuerst sollte ein großer, schlanker Junge mit roten Haaren vorkommen. Ihn erwählte ein kleiner, brauner Erddrache. Nach weiteren sieben Personen gab es noch drei Feuer-, drei Erd-, vier Wasser- und zwei Winddracheneier. „Luna Nox", rief Ferus mich auf. Ich ging nach vorne. Er wies mich an zuerst zu den Feuerdracheneiern zu gehen. Ich berührte alle drei, doch es geschah nichts. Als nächstes waren die Erddracheneier dran, ich berührte jedes einzelne, aber es passierte wieder nichts. ‚Vielleicht bekomme ich ja wirklich einen Wasserdrachen wie mein Vater', dachte ich mir. Ich ging zu den Wasserdracheneiern, doch es bewegte sich wieder keins. Also blieben nur noch die Winddracheneier übrig. Ich machte dasselbe, wie die vorherigen drei Male, aber es geschah wieder nichts. Ferus sagte zu mir, „es tut mir leid, aber kein Drache hat dich gewählt." Als ich realisierte, was er gesagt hatte fing ich an zu weinen. Ich rannte weg, weg von den ganzen Menschen, in Richtung meines Zuhauses. Mein ganzes Leben wurde zerstört, ich wollte schon immer Drachenreiterin werden, so wie mein Vater. Warum hat mich keiner erwählt? Diese Frage schwirrte mir die ganze Zeit im Kopf rum. Ich kam zu Hause an, aber ich rannte einfach weiter zu der Klippe. Ich setzte mich hin und ließ meine Beine über dem Meer baumeln. Ich weinte hemmungslos. Nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte sah ich mich um. Hinter mir zwischen den Bäumen sah ich etwas weiß aufblitzen. Ich fragte mich, was es war. Da ich sehr neugierig war stand ich auf und ging in die Richtung. Als ich an der Stelle stand, wo ich es zuvor gesehen hatte, blickte ich mich um. Zwei Meter von mir entfernt lag etwas, das aussah, wie ein großer, weißer, ovaler Stein. Ich ging näher ran und berührte es. Es begann sich zu bewegen und auseinander zu brechen. Ich schaute gespannt zu, als ein großes Stück abbrach merkte ich, dass es innen hohl war, aber es sich noch etwas anderes darin befand. Als das Etwas draußen war bemerkte ich, was es war. Es war ein kleiner Drache. Seine Schuppen waren hellblau und leicht golden am Rand. Er kam auf mich zu und stupste mich an. ‚Mich hat doch noch ein Drache erwählt', war mein einziger Gedanke in diesem Moment. Ich freute mich riesig, nahm meinen kleinen Winddrachen auf den Arm und rannte wieder in Richtung Dorf. Während des Rennens überlegte ich mir einen Namen, plötzlich fiel mir der perfekte ein. „Ab heute wirst du Coelum heißen", sagte ich zu ihm und es sah so aus, als würde ihm der Name gefallen. Als ich im Dorf war ankam rannte ich zum Platz. Auf dem Platz standen nur noch Ferus, die Erwählten mit ihren Drachen und meine Mutter. Ich ging zu ihnen und zeigte ihnen stolz meinen kleinen Winddrachen. Ferus sagte zu mir, dass ich mit zum Stützpunkt kommen solle und dort meine Ausbildung mache.
Und so begann mein Leben als Drachenreiterin.