Prolog

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Schnell schlug meine Faust auf den Tisch. Es krachte. Meine Ohren taten so weh, als würden sie gleich platzen. Aber es tat gut. Es musste sein und es war gut so. Alle Wut, aller Schmerz und alle Sorgen platzten aus mir heraus. Ich hob meine Hand ein zweites mal. Als ich zum Schlag ansetzte, durchfuhr ein durchgehendes Pochen meine rechte Hand. Es fing am Ballen an, ging über in die Fingerknöchel, bis zu den Spitzen. Meine Hand verkrampfte. Ich spürte den Schmerz, der nicht zu verblassen schien. Wie ein Echo hallte die Schmerzwelle in meinem gesamten Körper wieder. Die Gedanken kreisten in meinem Kopf. Ich bekam Kopfschmerzen und die Schläfe pulsierte. Immer schneller breitete sich meine Wut aus. Ich hätte alles tun können. Hätte zu allem Kraft gehabt. Die Wut staute sich in mir. Sie musste raus. Ich rannte hinaus und fand mich in einer endlosen Umgebung wieder. Unter mir das tosende Meer und die großen, scharfen Klippen, an denen die Wellen zerschellten. Ich ging bis nach vorne an die Klippen, soweit dass meine Zehen am Abgrund standen. Einen Fuß hielt ich über die Klippen. Mein Atem wurde flacher, bis ich ihn anhielt. Erst jetzt nahm ich den Kloß in meinem Hals wahr. Er drückte von innen und ich konnte nichts dagegen tun. Als ich meinen Fuß wieder zurück zog, umhüllte mich die alte, noch vorhandende Wut und ich bückte mich um zwei kleine Steine aufzuheben. Ich nahm sie in die Hand. Betastete den kleineren. Er war fast ganz rund und glatt. Der zweite Stein das genaue Gegenteil davon. Seine scharfen Kanten schnitten in meine Handfläche. Das waren die perfekten Steine. Ja, diese Steine zeigten mich. Spiegelten meine Veränderung wieder. Ich schluckte. Der erste Stein, schön, rund und makellos.
Dann kamst du und machtest mich zu dem Ebenbild des zweiten Steins. Kantig, scharf und unregelmäßig. Es war an der Zeit, sie zu vernichten. Meine Vergangenheit zu verbannen. Zuerst nahm ich den schönen Stein und schmiss ihn im hohen Bogen gegen die gegenüberliegende Felswand. Er zerschmetterte sofort und die zwei einzelnen Teile ergaben sich der tosenden Wellendecke. Ich hatte es geschafft, mein altes ich endlich zerstört und es den Wellen zunichte gemacht. Ich senkte meinen Blick und erblickte den kantigen Stein. Er lag immer noch in meiner Hand. Bereit zum Wurf. Meine Hand umschloss ihn feste und ich fühlte das sachte Prickeln der Gänsehaut, die mich umgab. Zuerst zögerte ich einen Moment, doch dann schmiss ich auch den zweiten Stein entschlossen hinterher. Als er meine Hand verlies, verspürte ich den Wunsch nach noch mehr Freiheit und Unabhängigkeit. Ich breitete meine Arme so weit aus, wie ich nur konnte. Ich schloss meine Augen und als der Wind stärker wurde, fühlte ich mich so frei wie noch nie. Alle Sorgen hatte ich im Meer versenkt. Die Windböen um wirbelten die Haarsträhnen, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten. Ich befreite die restlichen Haare aus dem Zopf. Es fühlte sich gut an, wie der Wind mit meinen Haaren spielte. Ich hätte eine Ewigkeit so dastehen können. Doch es war der feste Händedruck auf meiner Schulter, der mich wieder zurück in die Wirklichkeit holte.

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