Die Straße war glänzend nass, als sie an diesem Montagmorgen aus der Wohnungstür trat.
Müde machte sie sich auf den Weg zum Fahrradständer, der direkt an der Treppe stand und öffnete das Schloss.
In dem hübschen Weidenkorb auf dem Gepäckträger stellte Natalie ihre Handtasche. Nach einer kurzen Überprüfung, ob sie auch Handy und Geldbörse dabei hatte, schwang die junge Frau sich auf das rote Fahrrad und fuhr los in Richtung Universität.Wie jeden Morgen ärgerte sie sich über die Autofahrer, die sie auf dem Fahrrad nicht so ernst nahmen und ihr auch immer mal wieder die Vorfahrt nahmen und die Baustelle, die die halbe Straße vor ihrer Haustür versperrte und alles noch langsamer machte. Doch das war Natalie bereits gewohnt, trotzdem regte sie sich immer wieder darüber auf.
Als sie schließlich nach 20 Minuten – immer noch müde – an der Uni ankam, stellte sie das Fahrrad in den dafür vorgesehenen Ständer und beeilte sich, damit sie nicht noch später zur Vorlesung kam.
Im Hörsaal angekommen blickte Natalie sich suchend um. In der fünften Reihe entdeckte sie schließlich ihre Freundinnen, die ihr einen Platz freihielten.
Schnell gingen sie zu ihnen und setzte sich, da der Dozent schon angefangen hatte und sie kritisch beäugte. Entschuldigend lächelte sie ihm zu.
„Na hartes Wochenende gehabt?", raunte ihr Sam von der linken Seite zu.
„Nein", flüsterte Natalie und schüttelte den Kopf: „Aber die Baustelle vor meiner Haustür ist nachts so hell beleuchtet, dass ich kein Auge zu bekomme"
Obwohl sie flüsterten, blickte der Dozent böse zu ihnen. Sam grinste, als Natalie sich daraufhin von ihr wegdrehte und den Rest der Stunde aufmerksam die Vorlesung verfolgte.
Als sie sich schließlich zur Mittagspause in die Mensa begaben, hatte Natalie etwas bessere Laune und in der Nachmittagsvorlesung unterhielt sie sich wieder mehr mit Sam und den anderen.
Als sie um 16 Uhr endlich die letzte Vorlesung geschafft hatten, fragte Annabeth sie nach ihren Plänen für den Abend.
Da Natalie noch nichts vor hatte, verabredeten sie sich für später zum Abendessen.
„Ich freu mich, bis nachher", sagte Annabeth und ging zur Straßenbahn um nach Hause zu fahren.
Natalie, Sam und Sara blieben noch ein paar Minuten auf dem Hof stehen, da Saras und Sams Straßenbahn erst später fuhr.
„Seid ihr auch dabei?", fragte Natalie sie nach einer kurzen Unterhaltung über die heutigen Vorlesungen.
„Ne, du weißt doch, pendeln und so, spontan geht doch sowas immer nicht", sagte Sam traurig.
Auch Sara verneinte. Sie werde sich heute mit ihrem Freund treffen, teile sie den anderen Beiden mit. In letzter Zeit hatten die beiden etwas Stress und sahen sich so selten, dass sie jede Sekunde nutzen mussten.
„Ok, dann bis morgen!"
Natalie umarmte beide zum Abschied und ging zu ihrem Fahrrad. Auf dem Weg nach Hause ging sie ihre Einkaufsliste durch und fuhr zum Supermarkt.
Nachdem sie ihre Einkäufe erledigt hatte, stieg sie wieder aufs Fahrrad. Zwei Straßen vor der Wohnung entdeckte sie schließlich freudig, dass dort wieder der Stand war.
Der Stand des Erdbeer-Spargel-Verkäufers.
Bevor sie zu ihm ging, öffnet sie ihre Haare und die langen blonden Locken ergossen sich über ihren Schultern. Sie kämmte sie vorsichtig mit den Fingern durch. Irgendwie hatte sie immer das Bedürfnis für den Erdbeer-Spargel-Verkäufer besonders gut aussehen zu müssen, auch wenn es sie sonst eigentlich nicht interessierte.
„Hallo, Natalie!", begrüßte der ausgesprochen gut aussehende junge Verkäufer sie fröhlich. Sie kaufte bereits so oft dort ein, dass sie sich sogar schon dutzen.
„Hallo, Frederico", sagte sie mit einem schüchternen Lächeln. „Ich hätte heute gerne ein Körbchen mit Erdbeeren".
„Für dich nur das Beste, meine Liebe", flötete Frederico und griff nach einem Korb ziemlich weit unten. Die Erdbeeren sahen sehr gut aus, saftig und dunkelrot. Natalie bezahlte, traute sich aber, mal wieder nicht, lange mit ihm zu reden. Sie bekam einfach jedes Mal weiche Knie, wenn sie ihn sah.
Höflich bedankte sie sich und beeilte sich weg von ihm zu kommen, bevor sie sich noch blamierte.
Als sie schließlich zu Hause in der Wohnung stand, ärgerte sie sich über sich selbst. "Was ist bloß jedes Mal los, wenn ich ihn sehe. Ich hab ja sogar schon wieder meine Haare geöffnet. Oh man, so kann das nicht weiter gehen..",
Für das nächste Mal schwor sie sich, endlich mal länger mit Frederico zu sprechen und herauszufinden, ob er sie auch ein wenig mochte.
Nachdem Natalie ihre Einkäufe ausgepackt hatte, blickte sie auf die Uhr und stellte fest, dass vor dem Treffen mit Annabeth noch einige Zeit blieb.
Also setzte sie sich aufs Bett und guckte noch eine Folge ihrer Lieblingsserie. Heute war Montag und es war eine neue Folge erschienen.
Die Folge war jedoch so aufwühlend, dass sie sich danach erstmal wieder beruhigen musste und unter die Dusche stieg.
Als Natalie sich fertig gemacht hatte, schaute sie auf ihr Handy und stellte erschrocken fest, dass sie jetzt aber doch ziemlich getrödelt hatte. Schnell zog sie Schuhe und Jacke an, schnappte sich ihre Tasche und stürmte aus der Wohnung.
Draußen schwang Natalie sich hektisch aufs Fahrrad und vergass dabei völlig das Schloss aufzumachen. Beinahe fiel sie dabei runter, konnte sich aber gerade noch so halten und öffnete das Fahrradschloss.
Eilig holte sie es aus dem Ständer und fuhr schließlich schnell los. Sie war jetzt schon 10 Minuten zu spät dran. In der Hoffnung das Annabeth ein wenig auf sie wartete, raste sie um die Ecke auf die Straße zu, an der der Erdbeer-Spargel-Verkaufsstand war. In ihrer Hektik beachtete sie ihn nicht mal und fuhr weiter zur nächsten Kreuzung.Und alles wurde schwarz.
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Zwischen zwei Welten
RomanceAls Natalie einen Unfall hat, ändert sich ihr Leben schlagartig. Plötzlich muss sie sich entscheiden. Lebt sie ihr Leben weiter oder wirft sie alle ihre Prinzipien über Ort und entscheidet sich für das neue, aufregende Leben, eines, dass sie so an...