Remember me!

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Ich wollte es eigentlich schon gestern hochladen, so als Geburtstaggeschenk von mir an euch, aber ich fand die Zeit dazu nicht wirklich ^^ Aber jetzt. Hat nicht so viel mit Geburtstag zu tun, aber egal. Ich hoffe, es gefällt euch :)

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Innerlich zersplitternd musste ich mit ansehen, wie mein fester Freund eine meiner besten Freundinnen mit so viel Gefühl umarmte, wie er es nur wenige Tage zuvor noch bei mir getan hatte. Es war einfach nur schrecklich, mir war nur noch nach Heulen zumute. Ich biss mir auf die Lippe, um die Tränen zurück zu halten, solange, bis ich Blut schmeckte.
Dann bemerkten sie mich, Rosalia lächelte mich an, als ob nichts wäre, als wenn ich und sie nicht wüssten, dass sie Lys gefiel, obwohl er mein Freund war. Doch das wusste er nicht mehr, er hatte mich vergessen...
Rosa meinte, sie hätte ihm die Sache von ihr und seinem Bruder erklärt. Er schien gut damit umzugehen, auch, wenn seine Umarmung die stumme Sehnsucht hinter seiner eigentlichen Beglückwünschung sichtbar gemacht hatte. Auch meinte sie, bei dem Rest solle ich ihm auf die Sprünge helfen. Doch wie sollte ich das bitte machen? Er erinnerte sich nicht mehr an mich, was sagte man zu jemanden, der sein Gedächnis nicht mehr ganz beisammen hatte? Ich war ihm keine Hilfe.
"I-ich weiß nicht, was ich sagen soll...", entgegnete ich leise. Ich wusste, was ich sagen wollte, doch nicht, was ich sagen sollte... Ich durfte ihn... nicht überfordern.
Lysander sah mich nachdenklich an. Er betonte wieder mal, dass er sich nicht an mich erinnern konnte - ich hatte das bereits zu oft gehört -, aber meine Stimme kam ihm seltsam vertraut vor. Es brach mir das Herz. Es tat so weh. Ich antwortete nicht, verabschiedete mich nur schnell und verließ ohne weiteres Wort schnurstraks Zimmer. Ich wollte das Krankenhaus verlassen, als ich Nina traf. Sie weinte, der Arzt, der eben bei ihr war, über ihre Mutter gesprochen und Anweisungen in Bezuge Lyander gemacht hatte, verabschiedete sich von ihr. Sie tat mir leid, aber irgendwie auch wieder nicht.
Ich stellte sie zur Rede.
Und erhielt ein Geständnis zu ihren familären Problemen. Der Vater war weg und ihre Mutter schien Depressionen zu haben, brauchte immer ihre Ruhe.
Nina war Schuld an dem Unfall, ja. Sie war eigenverantwortlich für ihr Verhalten und ihre Stalkerei. Ihre Probleme machten es nicht besser, stellen es aber in ein anderes Licht.
Nina war eigentlich nicht so schlimm, nicht so gemein... Sie war letztendlich bloß ein kleines, einsames, von den Eltern zurückgewiesenes Mädchen. Und sie brauchte Hilfe und Unterstützung.
Doch die brauchte ich auch...
Das blonde Mädchen verabschiedete sich von mir und ging.
Dann ging ich ebenfalls.
...

Ich wusste nicht, wie viel Zeit seit dem Tag vergangen war, ich wusste nur, dass ich seitdem nicht mehr geschlafen hatte. Meine Augenringe hingen förmlich bis zum Erdkern, meine Konzentration, sowie Motivation standen bei Null, ich hatte nur noch Angst und Schmerzen. Angst um seinen Zustand, darum, dass es sich nicht mehr bessern wird. Und Schmerzen wegen seinem Zustand. Mittlerweile hatte ich es geschafft, die ganzen Informationen zusammen zu tragen. Da er mich vergessen hatte, und auch nicht mehr wusste, dass Rosa und sein Bruder zusammen waren, musste er die ganzen Monate, diese ganzen ereignisreichen Monate bis mindestens kurz vor meiner Ankunft an der Sweet Amoris vergessen haben. Und auch damals waren Leigh und Rosa schon mit dem Wissen von Lysander zusammen. Wer wusste schon, wo er tatsächlich mit seinen Erinnerungen stand. Sicher war nur, dass er mich - seine eigene Freundin -, Kentin, sowie Armin und Alexy, die ja nach mir auf die Schule kamen, Dake, der gutaussehende Australier, der ihm ein Dorn im Auge war, weil er seine Griffel nicht von mir lassen konnte... einfach vergessen hatte. Auch von der Erkrankung seines Vaters wusste er nichts mehr. Ob er sich wohl fragte, weshalb sein Vater ihn nicht besuchen kam?
Ich schreckte hoch, als aus meinem Handy das bekannte Twilight Piano-Lied ertönte. Ich mochte Twilight nicht, allerdings passte das Lied zu meiner Stimmung. Doch es brachte mich auch wieder fast zum Heulen, also nahm ich den Anruf lieber schnell entgegen.
"Hallo?", flüsterte ich. Keine Ahnung, wer auf meinem Display angezeigt war.
>>Ja, ich bin's<<
Es war Castiel. Nebenbei, "ich bin's" war nicht unbedingt aussagekräftig.
Ich sagte nichts.
>>Ich schätze, ein "wie geht's" kann ich mir sparen, nicht wahr?<<
Ich seufzte nur traurig.
>>Möchtest du lieber schlafen?<<
"Ich kann nicht schlafen..."
>>Ich auch nicht. Zu viele Energies intus.<<
Komischerweise musste ich davon kichern. "Warum den Energies, das ist das reine Zuckerwasser."
>>Eben. Ich habe mich ein wenig mit Gitarrespielen abgelenkt.<<
Ablenkung... ja, die könnte ich auch gebrauchen... "Produktiv gewesen?", fragte ich sogar interessiert.
>>Ich war schon mal produktiver.<<
Es musste echt einen Unterschied geben, wenn man wegen beziehungsweise mit Lysander spielte oder wenn man nicht mit ihm spielen könnte. Weil er zum Beispiel im Krankenhaus lag.
"Glaub ich gern..."
Wir schwiegen uns eine Weile an, es war aber kein unangenehmes Schweigen. Ich schaute aus dem Fenster, beobachtete die funkelnden Sterne und wünschte mir in dem Moment nichts sehnlicher, weit weg zu sein, irgendwo, wo ich den Schmerz vergessen konnte, wo es keinen Schmerz gab. Doch ich wollte und konnte Lys auch nicht alleine lassen. Er brauchte mich, auch wenn er es nicht wusste. Oder eher, ich brauchte ihn...
"Ich werde morgen wieder zu ihm gehen... Ich vermisse ihn..."
Am anderen Ende der Leitung raschelte kurz irgendwas. >>Ich wollte auch morgen wieder hin. Sollen wir zusammen hingehen?<<
Er war mein bester Freund, aber... "Nein. Ich möchte lieber alleine sein und nur kurz Lysander besuchen gehen. Wenn wir uns morgen zufälligerweise begegnen, ist das was anderes, aber ich bin wirklich noch nicht gesellschaftstauglich." Ich hoffe, er war nicht beleidigt.
>>Wenn du meinst<<, erwiderte er etwas sehr neutral.
"Tut mir leid, Cas. Weißt du, ich würde langsam gerne versuchen zu schlafen. Bis die Tage dann", verabschiedete ich mich.
>>Bis dann.<< Und schon hatte er aufgelegt. Im Auflegen war er gut. Kein großes Hin und Her.
Ich legte mich auf die Seite. Nun spürte ich die Einsamkeit wieder. Fest schloss ich die Augen, versuchte es auszublenden und zu Schlaf zu kommen.

GedächnisschwundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt