Nachtgeflüster

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Draußen war es dunkel, und das einzige Licht was den Raum ein wenig erhellte, war das der alten Straßenlaterne vor dem Haus.
Alles war still und die meisten Menschen waren längst in ihren Betten und schliefen. Vielleicht waren auch einige Unglückliche darunter, die heute Frühschicht hatten und schon aufstehen mussten.
Doch sie gehörte zu keinen von denen. Sie lag nicht in ihrem Bett. Auch zur Frühschicht musste sie nicht. Und dennoch trug sie, trotz dieser Menschenverachtenden Zeit, bereits ihre zerschlissenen, schwarzen Chucks und die alte, genauso schwarze Lederjacke. Sie wäre schon längst weg, wenn sie ihr Feuerzeug nicht noch hätte suchen müssen. Aber wie so oft, war es in den chaotischen Gefilden, welche sich ihr Zimmer nannten, verschwunden.
Nach einer Weile stetigem hin und her wühlens und einigen leisen Flüchen, weil ihr Kopf mehrmals die Dachschräge traf, tauchte es schließlich in einem Korb mit Socken auf.
Wenig verwundert darüber steckte sie es ein und verließ leise das Haus.
Keiner hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Keiner hörte ihre Schritte auf dem staubigen Asphalt.
Am Ende der Straße warf sie einen nicht zu deutenden Blick auf das Haus in dem sie wohnte und auf die still daliegende Straße.
Sie war lengst kein Teil dieser Welt mehr. Das wusste sie. Sie wusste es und sie hatte sich damit schon vor längerem abgefunden.
In einer kurzen und schnellen Bewegung, drehte sie sich um setzte ihren Weg fort.

Irgendwann fand sie sich auf einer breiten, aus groben Stein bestehenden Mauer wieder. Sie ließ die Beine baumeln und zog an einer Zigarette. Als sie hinter sich Schritte vernahm, die stetig näher kamen, drehte sie sich nicht um. Nicht einmal, als sich eine weitere Personen neben ihr an der Mauer hoch zog und sich zu ihr gesellte.
"Du kommst ziemlich spät. ", sagte sie zwischen zwei Zügen. Und zum ersten Mal schenkte sie ihm einen kurzen Blick.
Er lächelte warm. "Gib mir auch eine. "
Darauf erwiderte sie nichts, giff in ihre Jacke und gab ihm die Schachtel.
"Du kannst sie behalten. "
Er nahm sie entgegen, zog eine der übrig gebliebenen Zigaretten daraus hervor und klemmte sie sich zwischen die Lippen. Die Schachtel verstaute er in seiner Hosentasche.
"Du weißt, wenn ich nicht müsste, würde ich es nicht machen. " , meinte er, während dem Versuch die Kippe anzustecken.
"Schon klar. "
Was sollte sie groß dazu sagen? Sie hatte keine Angst vor dem was passieren würde. Sie war nicht einmal traurig darüber.
Er nahm einen Zug und blies den Rauch in die frische Nachtluft. "Du scheinst recht unbekümmert." Er sah sie an. Sie ihn. "Und du etwas zu bekümmert." Er lachte leise. "Das ist wohl wahr. "
Erneut streiften seine Augen über ihr äußeres hinweg. "Ein bißchen Farbe könnte dir nicht schaden." Seine Hand bewegte sich zu seinem Mund. Die Zigarette die zwischen seinen Fingern steckte, glimmte auf als er daran zog.
"Was spielt das für eine Rolle? " ,fragte sie. "Es ist dunkel und außerdem wird es niemanden interessieren was ich anhabe wenn sie mich finden. "
Sie nahm selbst einen letzten Zug und warf die nur halb aufgerauchte Kippe auf den Boden.
"Hey, auch wenn das deine letzte War, dass ist eine riesen Verschwendung! "
Sie schwang sich von der Mauer und fing sich mit den Händen in der Hocke ab. "Komm schon. Genug getrödelt!"
Er warf nur auch den Stummel weg, welcher in dem kühken Gras erlosch, und sprang hinunter.
"Niemand den ich bisher besucht habe, hatte es damit so eilig wie du..." Er kam näher und stellte sich dicht neben sie, um ihr in die Augen sehen zu können. "Trauerst du dem ganzen nicht nach? " Sie sah, wie bereits vorhin, noch einmal in die ruhig vor ihr liegende Straße. Ein kurzes lächeln huschte über ihre Lippen und hellte ihre Gesichtszüge auf. Der schein der Lampen ließ zusätzlich einen Teil der Schatten verschwinden, die sich über sie gelegt hatten.
Dann trafen ihre Augen wieder die seine. "Anfangs War ich schon traurig. Aber in der zeit von deinem ersten Auftauchen und dem heutigen Tag, wurde mir immer weiter klar, wie weit weg ich schon bin. Jeder hat seine Zeit und wenn man vorüber ist? Nun das ist dies so. Ich habe keine Angst. Nicht mehr. "
Seine funkelten kurz auf bei ihren Worten.
"Du bist anders als die anderen und ich mag dich. Wirklich, ich bedaure das es diesmal dich trifft, aber das liegt nunmal nicht in meiner Hand. Ich bin nur der Begleiter. "
Er legte eine Hand an ihren Arm. "Lass uns gehen. " Sie Sparte sich die Antwort, nickte kurz. Dann wanden sie sich um, und ließen die Straße, still und leer wie sie war zurück. Und es war als wären sie nie dort gewesen.

NachtgeflüsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt