Mein Kopf lag an der Brust des Fremden. Er hob mit der Hand mein Kinn an. Ich blickte schläfrig in die glitzernden Augen von....
Liam
Sie seufzte und sackte in meinen Armen zusammen. Verzweifelt versuchte ich, sie zu halten, doch ihr schlaffer Körper entglitt meinen schwitzige Händen und schlug mit einem dumpfen Knall auf dem nassen Boden auf. Ich ließ mich auf die Knie fallen und umfasste ihr Gesicht. Ihr Mund war leicht geöffnet, ihr staubtrockenen Lippen waren aufgerissen. Atmete sie noch? Ich hielt meine Hand über ihren Mund. Angespannt hielt ich den Atem an. Ich spürte nichts. Kein einziger Luftzug verließ ihren Körper. Verdammt, sie atmete nicht mehr! Zitternd legte ich die Finger an ihren Hals. Was würde ich tun, wenn sie tot war? Ich wartete. Nichts. Ich schluchzte auf, schrie den Himmel an. Warum sie? Meine Finger lagen noch immer an ihrem Hals. Bumm!....Bumm! Ihr Herz schlug wieder. Sie war zurückgekommen. Röchelnd sog sie die Luft ein. Ein schleimiges Husten durchrüttelte sie.
Ich strich über ihre Wange.
"Kayle..."
Ein Rascheln brachte mich dazu, ruckartig den Blick von ihr abzuwenden. Josie stand vor mir, sie schaute abwechselnd von mir zu Kayle, auf ihrem Gesicht erschien ein besorgter Ausdruck.
"Was ist passiert?", fragte sie. War das das einzige, was sie herausbringen konnte?
"Spielt das jetzt wirklich eine Rolle? Kayle stirbt fast in meinen Händen und das einzige, was du hervorbringst, ist das?", schrie ich sie an und schluchzte auf. Meine Nerven waren am Ende. Ich war am Ende.
"Liam...beruhige dich!"
"Wie?! Sag mir bitte wie!"
Ich hob Kayle hoch und stapfte mit ihr blind vor Wut durch den Wald.
"Liam, warte!"
Ich hörte schnelle Schritte hinter mir. Zwei Arme stemmten sich gegen mich, doch ich lief einfach weiter.
"Liam, du läufst in die falsche Richtung! Liam!"
Ich drehte mich schnaubend um und stapfte, blind vor Tränen, in die andere Richtung. Wenn Kayle in meinen Händen stirbt, würde ich mir das nie verzeihen können.Kayle
Ich würde es nicht als Nahtoderfahrung beschreiben. Eher....wie ein Wellnessurlaub. Ohne Schmerz, ohne Gefühle. Nichts. Aber ein angenehmes Nichts. Beinahe hätte es mich verführt. Denn es lockt, wie als würde es mit leiser Stimme sprechen:
"Spring, Kleines! Spring!"
Ein schöner Traum, nicht? Ich seufzte.
Ahhhh! Nein! Nein! Hör auf! Es tut so weh! Hör auf! Jemand schrie. Schrill, hysterisch. Meine Ohren klingelten. Und dann war es vorbei. Ich war wieder da. Mit all den Schmerzen, den Gefühlen und dem schlimmsten: den Erinnerungen. Während immer wieder vergangene Momente aufblitzten, blinzelte ich in das helle Licht. Das erste, was ich sah, war eine Träne, die ein markantes Gesicht hinunterlief. Ich hob schwach die Hand, doch sie fiel gleich wieder nach unten. Ich hustete kurz. Ruckartig kam Liam zum Stehen. Er sank auf die Knie und strich eine Haarsträhne aus meinem schwitzigen Gesicht.
"Kayle...du lebst!",flüsterte er, drückte mich an seine Brust und hauchte einen Kuss auf meinen Kopf.
"Liam, verdammt nochmal, du bist so ein Sturkopf! Was ist jetzt schon wieder los?", nörgelte eine mir sehr bekannte Stimme ein paar Meter entfernt von uns. Als sie Liam am Boden knien sah, rannte sie schnell zu uns hin.
"Oh Gott, Liam, es tut mir so leid!",sagte Josie und schlang die Arme um ihn. Man hätte meinen können , dass sich ein leises Schluchzen in ihre Stimme geschlichen hatte.
"Josie...so leicht wirst du mich nicht los..", krächzte ich an Liams Brust. Ich spürte ein Vibrieren. Er lachte. Ein wunderschönes Lachen drang ein meine Ohren. Ich warf einen kurzen Blick auf Josie, die ein wenig gekünstelt versuchte zu lächeln.
Ich wurde hochgehoben. Während wir den Weg "nach Hause" antraten, schlief ich bei dem regelmäßigen Pochen von Liams Herzen ein.***
Ich wachte umschlungen auf dem Höhlenboden auf. Mein Kopf pochte und mir war verdammt schlecht. Ein unangenehmer Geschmack kroch meine Kehle hinauf.
"Liam...Liam!"
Meine Stimme war nur ein Flüstern. Doch hinter mir regte sich sofort etwas.
"Was ist?", raunte Liam in mein Ohr.
"Lass mich los!", flüsterte ich, während mir langsam die Galle in den Hals stieg.
"Warum?", und drückte seine Arme noch fester an mich hin.
"Verdammt, Liam!", fauchte ich. Endlich zog er seine Arme weg. Ich rappelte mich auf und stürzte, unter steigendem Schwindel, in einen kleinen Gang. Ich würgte und übergab mich. Nachdem das drängende Gefühl endlich aufgehört hatte, sank ich auf die Knie. Ich hörte Liam zu mir stürzen.
"Süße, was ist los? Ist alles Ok?", hauchte er und nahm mein Gesicht in seine warmen Hände. Hatte er mich gerade 'Süße' genannt?
Ich nickt schwach lächelnd.
"Mir war nur schlecht."
Er nickte besorgt und führte mich zurück zum Zimmer.
Eine gefühlte Ewigkeit saßen wir nur schweigend nebeneinander. Liam räusperte sich.
"Ich weiß, die Frage ist total unpassend. Aber was ist passiert? Wer hat dich so zugerichtet?"
Ich zögerte. Ich wollte ihm keine Sorgen bereiten. Ich nahm die Wasserflasche, die neben mir stand und nahm einen Schluck. Dann blickte ich ihm in die Augen. Erwartung spiegelte sich in ihnen. Ich schüttelte kurz den Kopf.
"Du hast recht...die Frage ist wirklich unpassend."
Liam sah beschämt zu Boden.
"Tut mir leid, ich wollte nicht...."
"Sei still!", raunte ich und drückte meine Lippen gegen seine.
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The Island - Kampf ums Überleben
Mystery / Thriller"Regel Nummer 1: Geh nachts nicht raus. Regel Nummer 2: Geh überhaupt nicht ohne Begleitung raus. Regel Nummer 3: Vertrau niemanden. Regel Nummer 4: Falls du Regel Nummer eins nicht beachtet hast, komm sofort hierher zurück. Wenn das nicht möglich i...