Söldner

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Ich stand gerade vor einem König, den ich nicht kannte, von dem ich zwar gehört, aber noch nie gesehen hatte. Er fragte die anderen Söldner, warum sie sich für diese Stelle bewarben. Er war natürlich ein Magier. Irgendein stinkreicher Landbesitzer der einen Beschützer für seine Tochter suchte. Dann stand er vor mir. Er war fast einen Kopf kleiner als ich und konnte auf meine Brust starren. Naja, ich war schon ziemlich groß. Da ich die Anweisung hatte, ihm nicht in die Augen zu gucken, starrte ich einen Türpfosten über seinem Kopf an. Er war vergoldet, und sah weitaus besser aus als der meiner Eltern. Oder als der meines Bruders, da sie ja tot waren und ich nicht mehr dort wohnte. Wie ein lästiger Hund fragte er mich, warum ich mich für diesen Job bewarb. Sein Hofmedium war anscheinend ziemlich schwach, denn ich wurde nicht wegen dieses aufrührerischen Gedankens weggezerrt. "Ich tue dass hier für Geld." "Recht vorlaut, der Herr." Er sprach das Herr wie eine Beleidigung aus. "Zeig mir dein Schwert." Ich zog es. Mein Schwert war ein Anderthalbhänder, ein Bastardschwert ohne großen Schmuck. Der Griff war aus Eisenholz geschnitzt und die Klinge hatte ich einem fahrenden Händler abgekauft. Ein Schmied hatte die Teile zusammen gefügt. Fast die Hälfte meines Verdienstes war für dieses Schwert draufgegangen. Das Heft war abgenutzt, die Klinge hatte ein paar Kratzer, die ich nicht wegschleifen konnte, war aber immer noch sehr scharf. Es hatte mich schon oft beschützt. Der König bedachte es mit gerümpfter Nase. Es war nicht dass, was er erwartet hatte. "Hast schon oft damit gekämpft." "Es gibt immer mal wieder paar aufrührerische Sterbliche, die Gleichberechtigung fordern. So ein Unsinn." Ich lachte kurz und steckte mein Schwert zurück. Er schlug mir mit einer Schattenkralle ins Gesicht. Ich biss meine Zähne zusammen und widerstand dem Drang, ihm ein Messer in die kleine Brust zu stecken. "Sieh mich an.", fauchte er. Ich blickte in seine Augen. Fast gänzlich weiß starrten sie mich hassverzerrt an. Schatten legten sich auf meine Schultern und wollten mich auf meine Knie zwingen. Doch ich hielt stand. Ich kann eine sehr große Menge an Druck aushalten. In der Wut drückte er immer stärker. Meine Beine fingen an zu zittern. Dann schrie er und drückte alle auf dem Platz auf die Knie. Manche fielen auch vollständig hin. Nur ich blieb stehen. Der Druck wurde größer und größer. Schweiß lief mir das Gesicht herunter und trübte meine Sicht. Mein Hemd war nass, als wäre ich ins Wasser gesprungen. Lange würde ich nicht mehr durchhalten. Plötzlich lief ein Mädchen auf ihn zu. "Was machst du da?" Sie sah den König fassungslos an. "Ich bläue diesem Sterblichen gerade Respekt ein." Eine neue Schattenwelle traf mich. Mit einem Aufschrei fiel ich auf meine Knie. "Das ist dir anscheinend gelungen.", sagte sie trocken. "Leg dich hin!" Er beachtete sie gar nicht. "Nein." War das wirklich ich, der da sprach? Anscheinend, denn von allen Seiten wurde ich böse angefunkelt. Eine erneute Schattenwelle bildete sich über meinem Kopf, bereit zum Angriff. Doch das Mädchen griff ein. "Es reicht! Er hat sich erniedrigt, und du dich auch! War es das wert?" Die Schattenwolke löste sich auf. Die anderen Anwärter standen auf, nur ich blieb auf den Knien, auf meine Arme gestützt. Im Moment konnte ich nicht aufstehen. "Ihr bekommt einen Raum in unserem Gästehaus zugewiesen. Heute verlässt keiner das Schloss." Ich bemerkte, dass der König wütend wegging, nicht ohne mir noch einmal zu drohen. Dann war er weg. Nur ich und das Mädchen waren noch da. "Du hast meinen Vater ziemlich wütend gemacht." "Du bist eine Prinzessin?" "Ja. Was hat ihn so wütend gemacht?" Ich versuchte langsam aufzustehen. "Hab wohl eine falsche Bemerkung über den Widerstand gemacht." Ich stand wieder unsicher auf meinen Beinen. Sie runzelte die Stirn. "Ist was?" "Deine Kleidung und deinen Gürtel, woher hast du die?" "Hab sie einem Typen abgenommen, der sie nicht mehr braucht." "Sie gehören einem Fußsoldaten der sterblichen Widerstandskämpfer. Einem sehr hochrangigen Fußsoldaten. Zeig mir bitte dein Schwert." Ich hob eine Augenbraue, zog es trotzdem. "Hab ich es mir doch gedacht.", murmelte sie. Dann gab sie mir einen bläulichen Stein. "Löse ihn in Wasser auf und wasche dich damit. Dann wirst du in der Lage sein, morgen nochmal aufzustehen. Wie heißt du?" "Mercenary." Jetzt hob sie eine Augenbraue. "Und dein echter Name?" "Warum sollte ich dir trauen können?" Dann drehte ich mich um und lief langsam auf das Gästehaus. Der Schweiß auf meiner Haut trocknete und begann zu jucken. Meine Schritte waren unsicher, als hätte ich zu viel getrunken. Endlich war ich beim Gästehaus. Im Eingang stand eine beleibte Frau. "Könnte ich bitte einen Eimer Wasser haben?" Sie lächelte. "Gern. Sonst noch etwas?" "Frieden zwischen Sterblichen und Zauberern." Sie lachte. "Ich hätte noch einen Laib Brot und einen Krug Bier. Tut es das auch?" "Erst mal schon." Ich lächelte sie an. "Das letzte Zimmer oben ist noch frei." "Danke." Langsam ging ich den Gang hinunter. Er war lang. Alle anderen waren schon in ihren Zimmern. Meins war wahrscheinlich das kleinste an einer Dachschräge. Als ich unten angekommen war, stellte sich heraus, dass es genauso war, wie ich es gedacht hatte. Ich setzte mich auf das Bett und zog meine Tunika aus. Immerhin ein Bett. Das war schon etwas. Dann schaute ich mir mein Schwert selber genauer an. Es hatte eine andere Form als viele. An der Spitze war es breiter als am Schaft. Es war an den Kanten etwas gezahnt, was das Stechen leichter machte, das Herausziehen aber nicht. Fast wie eine Säge. Es war leichter und dünner als andere. Trotzdem hatte ich damit schon Rüstungen durchtrennt. Erstaunlicherweise war es eines der günstigeren Schwerter am Stand gewesen. In der Mitte waren Buchstaben eingeritzt, die ich aber nicht lesen konnte. Dann klopfte die freundliche Dame vom Eingang an meiner Tür. Ich legte das Schwert hinter mich und sprang auf. "Du hättest nicht aufstehen müssen. Hier ist der Eimer mit Wasser ich hab in warm gemacht. Dann wirkt der Stein besser. Ich komme gleich wieder mit dem Brot und dem Bier." "Danke. Ähm.... Der König und seine Tochter waren schlecht auf den Widerstand zu sprechen. Ist irgendwas passiert?" "Die Königin wurde von einem Attentäter dieser Gruppierung getötet. Seitdem mag er nicht mal den Namen hören. Ich würde dir raten, das gleiche zu tun." Sie entdeckte mein Schwert. Fast etwas zu eilig verabschiedete sie sich und ging. Irgendetwas war an diesem Schloss sehr seltsam. Ich legte den Stein ins Wasser und zog mein Hemd aus. Dann rammte ich zwei Messer in die Holzwand und warf meine Tunika über eine Schnur, die ich dazwischen spannte. Mein Hemd legte ich über einen Schemel. Die Dame vom Eingang brachte mir das Brot und das Bier. Langsam aß und trank ich. Mit dem Wasser wusch ich mich danach, dann legte ich mich ins Bett und schlief ein. Am Morgen wachte ich früh auf. Ich konnte tatsächlich aufstehen! Meine Kleidung roch nicht gerade gut. Ich zog mir mein Ersatzhemd an, die Tunika lies ich wie mein Schwert zurück. Andere Söldner waren auch schon auf. Ein Dickerchen und eine Bohnenstange stellten sich vor und hinter mich. Dickerchen sprach. "Das hat wehgetan." "Nicht mein Problem." "Doch. Gib mir dein Schwert. Dann verpiss dich." "Wenn dir dass so wehgetan hat, geh zurück zu deiner verfickten Hure von Mutter. Dort kannst du dich ausheulen." Ich wollte an Dickerchen vorbeigehen, doch, abgesehen davon dass er den Gang verstopfte, zog er ein Messer. Es schimmerte grünlich. "A a a. Wer meine Mutter beleidigt, muss bezahlen." Bohnenstange legte einen Arm auf meine Schulter. Ich sah nach oben. Der Gang war zwar schmal, aber hoch. Ich ergriff die Hand und warf ihn mit Hebeltechnik auf Dickerchen und ging ein paar Schritte zurück. Schnell hatte er sich aufgerappelt und rannte mit einem Schlachtruf auf mich zu. Hinter mir standen weitere Söldner. Sie schauten interessiert zu, griffen aber nicht ein. Kein Ausweg. Ich schlug ein Rad und drückte mich vom Boden ab, so dass ich auf Dickerchens Rücken landete. Von dort aus ergriff ich einen Querbalken und zog mich hoch. Geduckt rannte ich über sie, bis der Ausgang frei war. Dort sprang ich herunter. Plötzlich stürmten Soldaten den Gang. Ihr Anführer herrschte mich unfreundlich an. "Was ist hier los?" "Nichts... Sir. Wir haben uns nur ein bisschen amüsiert." Dass "Sir" kam mir nicht leicht. Ich konnte Ranghöhere einfach nicht respektieren. Auch Befehle mochte ich nicht. "Amüsiert euch das nächste Mal leiser. In der großen Halle bekommt ihr Brot und Wasser. Danach will der König mit euch sprechen." Er und seine Soldaten gingen. Nach einer kurzen Weile folgte ich ihnen nach draußen. Auf der anderen Seite des Hofs waren ein großes und zwei kleine Tore. Anscheinend führten sie in die "Große Halle". Ich ging hinein und staunte. Die Halle war wirklich sehr groß. Es gab einen langen Tisch, ringsherum standen Bänke. Ich setzte mich hin und brach mir ein großes Stück Brot ab. Es wurde Pferdebrot genannt, weil auch verschiedene Kräuter und Körner mit eingebacken wurden. Es schmeckte köstlich. Nach und nach kamen auch andere Söldner hinein. Als sie mich sahen, setzten sie sich ebenfalls. Für Söldner war das Mahl erstaunlich ruhig. Das heißt, es wurde nicht herumgeschrien, es wurde nicht gewürfelt oder Karten gespielt. Keiner wurde getötet oder verstümmelt. Es waren auch keine Lagerdirnen da, die einen hätten verführen können. Es wurde nur leise gesprochen, und mir wurden manche böse Blicke zugeworfen. Ich achtete nicht darauf. Böse Blicke war ich gewohnt. Sie töteten nicht, meistens. Als ich satt war und mir ein paar Körner aus den Zähnen puhlte, trat der König aus einem kleinen Tor an der anderen Seite der Halle. Er bedeutete uns aufzustehen. Durch einen weiteren Wink wurden die Tische an die Wände gedrückt. Ich konnte gerade eben noch einer Bank ausweichen. "Gleich werdet ihr gegeneinander antreten. Ihr bekommt Rüstungen und Schilde aus unserer Waffenkammer. Schwerter, Speere, Kampfhammer und anderes habt ihr hoffentlich selber. Ihr werdet euch in einer Stunde wieder hier einfinden. Dann werde ich euch die Spielregeln erklären. Die Rüstung wird auf euer Zimmer gebracht. Geht jetzt."

Alle drängten zum Ausgang. Nachdem ich mir die Halle noch einmal genau angesehen hatte, folgte ich den anderen. Auf meinem Zimmer fand ich heraus, das mir die Rüstung hoffnungslos zu groß war. In sie hätten problemlos noch zwei andere gepasst. Ich nahm meine eigenen, aus gekochtem Leder bestehenden Brustpanzer und zog sie an. Dafür war auch ein Großteil meiner Ersparnisse draufgekommen. Das Schild war ein Magierschild. Ernsthaft? Ich legte es trotzdem an. Am Ellbogen war ein Scharnier, so dass man den Arm frei bewegen konnte. Es war außerdem überraschend leicht. Einen Helm hatte ich nicht. Mein Schwert steckte ich in die Scheide an meiner Seite. Mit Arm- und Beinschienen war meine Ausrüstung fertig. Dann, mit der Erwartung, wieder behelligt zu werden, trat ich auf den Gang. Doch alle ließen mich in Frieden. Auf dem Hof kamen die anderen auch gerade erst an.




Diese Geschichte beruht teilweise auf dem Buch Skulduggery Pleasant, und zwar auf der Dimension, in die Walküre Unruh geschickt wird, in Band Sieben. Später wollte ich noch weitere Details einarbeiten, wie den Widerstand und so weiter, bin aber nie dazu gekommen. 



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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 29, 2016 ⏰

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