Es hat lange gedauert hier anzugelangen, nebeneinander auf diesen wunderschönen Gartenstühlen zu sitzen und den eigenen Frieden zu finden. Es wäre für mich nicht mehr schlimm einzuschlafen wie Dornröschen, außer dass es bei mir bis in die Ewigkeit gehen würde. Es war akzeptabel. Ich hatte ein langes Leben mit dem Menschen an meiner Seite, der mir am meisten etwas bedeutete. Wäre es nicht schön, wenn wir beide gleichzeitig einschlafen würden? Dann könnten wir uns auf der anderen Seite begegnen. Und wir würden weiter ruhen, für immer. Aber ich glaube ich sollte erst mal erklären, wie ich meinen Frieden bekommen habe und wer diese wichtige Person in meinem Leben ist. Also hier ist die Geschichte:
Ich kann mich so gut an diesen Tag erinnern, als ob es gestern gewesen wäre. Meine beste Freundin und ich hatten gerade unser neunzehntes Lebensjahr erreicht und machten uns auf den Weg, um ein bisschen zu feiern und vielleicht auch ein paar Jungs zu begegnen. Die Party auf die wir gingen war voller Menschen, eine klassische Hausparty einer Klassenkameradin unserer Schule. Wir hatten uns sozusagen selbst eingeladen, aber das störte zum Glück niemanden. Also gingen wir zu den Tischen auf denen unzählige dieser berühmten Plastikbecher standen und viele der alkoholischen Getränke. Amanda schüttete uns ein bisschen Sekt ein und wir tranken es in ein paar Minuten aus. Dann machten wir uns auf die Tanzfläche und tanzten was das Zeug hielt. Sie hatte sich schon an einen Jungen ran geschmissen, also stand ich alleine da. Um mich herum waren viele Jungs, doch niemand gefiel mir richtig. Ich strich wie Irre durch die Gänge, um ein Gesicht zu sehen, dass mir im Kopf hängen blieb. Aber wo ich auch hinsah waren die gleichen Leute, mit den gleichen Gesichtern und dem gleichen Stil. Etwas deprimiert ging ich also nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen. Ein frischer Wind wehte und verwuschellte meine Haare. Neben mir am Geländer standen zwei Mädchen, die sich schick machten. Die eine puschte ihr Dekolleté etwas höher, während die andere in einen Spiegel schaute und sich haufenweise Lipgloss auf die Lippen schmierte. Als sie bemerkten, dass ich sie beobachtete veränderten sich ihre Mienen und sie blafften mich an: "Was schaust du so?" Ich konnte einfach nur den Kopf schütteln und wandte mich wieder der schönen Aussicht zu, die sich vor mir erstreckte. Kurz bevor ich raus gegangen war hatte ich mir noch einen Becher mit Sekt genommen und nippte jede halbe Minute daran. Als die Wirkung des Alkohols langsam spürbar wurde, fühlte ich auf einmal eine Hand auf meiner Schulter. Ich dachte es wäre Amanda und wollte schon fragen wie der Tanz war. Doch es war nicht Amanda sondern ein Typ, der sehr nach Footballer aussah. Er hatte einen trainierten Körper und die Muskeln konnte man schon unter seinem Hemd erahnen. Bei seinem Anblick stockte mir erst mal der Atem. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und wirkte ziemlich sexy dadurch. Dann fing er an zu reden, aber nicht auf eine angeberische Art, sondern eher... schüchtern. „Hey, ich hab dich schon vorher beim Tanzen gesehen und finde du siehst ganz nett aus. Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir stelle?" Mit trockenem Mund brabbelte ich missverständliche Worte. Noch nie hatte ein Junge mich so angesprochen. Er empfand jedoch meine Worte als Zusage. Also stellte er sich neben mich und fragte: „Woher kommst du eigentlich?" Ich strich mit dem Daumen den Plastikbecher entlang: „Aus Portland. Und du?" Er lachte charmant und es kam raus, dass er auch aus Portland kam. Danach redeten wir ziemlich lange und es war sehr nett. Er wollte mir nicht gleich an die Wäsche, was in unserem Alter eine wahre Rarität ist. Es vereinfachte die Sache um einiges. Er stellte sich als John vor. John war eine Klasse über mir und somit in der Abschlussklasse. Wir redeten den ganzen Abend lang und es war einfach schön jemanden zu sehen, der die gleichen Interessen hatte. Als dann Amanda total betrunken zu mir stieß, gingen John und ich getrennte Wege, aber nicht bevor wir die Nummern austauschten. Die nächsten Monate lernten wir uns noch besser kennen und hatten viele Verabredungen, bis wir schließlich zusammen kamen. Es war eine wunderschöne Zeit. Wir schienen perfekt zusammen zu passen. Auch Amanda hatte einen sehr netten Freund gefunden und wir gingen oft alle zusammen aus. Doch nicht alles bleib wundervoll. Amanda machte nach einiger Zeit Schluss. Sie liebte ihn nicht mehr, doch es war sehr schwer für sie, da sie ihn nicht verletzen wollte. Ich stand ihr zur Seite und das war natürlich vollkommen verständlich. John und ich blieben zusammen und manchmal sah ich die Eifersucht in den Augen meiner besten Freundin, doch wir machten weiter und ich war immer für sie da. Als wir dann dem Ende der High-School entgegen blickten wurde es kniffelig und wir taten alles dafür so gut wie möglich zu sein. Ich erinnere mich an einen Abend, an dem meine Mutter und ich zusammen lernten. Bis tief in die Nacht und sogar noch länger saßen wir am Schreibtisch. Bis die Sonne ihre ersten Strahlen auf die Blätter warf, hörten wir nicht auf. Und dann war es zu dem Punkt gekommen, an dem unsere Klasse mit viel Proviant und Muffensausen in der Prüfung saßen und uns manchmal fragten: 'Wie kann ich die Aufgabe am besten lösen?' Aber wir erreichten es, wir absolvierten unseren Abschluss mit vorzeigbaren Noten und lebten unser eigenes Leben weiter. Amanda und ich hatten beschlossen aufs gleiche College zu gehen, weil wir die gleichen Kurse belegten. Allerdings war da noch John, mit dem ich schon eine ganze Weile zusammen war. Zu diesem Zeitpunkt waren es schon zwei Jahre. Seit meine beste Freundin und ich klein waren, hatten wir den Traum auf ein College zu gehen, welches weit weg von Portland war. Aber John hatte hier einen festen Job und gute Arbeit und ich könnte auf fast jedes College gehen. Es war die schwerste Entscheidung des Lebens. Ich kannte Amanda schon mein ganzes Leben lang und wir hatten seit ich denken konnte alles zusammen gemacht und das mit John konnte brechen, auch wenn ich es mir nicht vorstellen konnte. Was sollte ich tun? Mit wem sollte ich gehen? Wenn ich auf das College weit weg ginge, dann hätte ich eine Fernbeziehung und wenn ich blieb konnte ich mit Amanda nur Facetimen und sich in einem unbestimmten Zeitraum treffen. Schlussendlich hatte ich mich für John entschieden und das soll euch eine Lehre sein. Nach nicht einmal ein paar Monaten zogen wir zusammen in eine Wohnung. Auch wenn wir jetzt zusammen lebten brachte es nur recht wenig, denn er arbeitete den ganzen Tag und ich war ebenso lange in der Uni. Eines Abends gab es dann den Riesen-Streit und im Eifer des Gefechts schrie er mich an und entpuppte seine Geheimnisse: „Weißt du, du liebst mich einfach nicht mehr, ich sehe es doch in deinen Augen. Du bist nur noch am Studieren und dir ist es doch egal was ich den ganzen Tag mache, um dir ein tolles Leben zu geben. Genau deswegen war ich auch mit dieser einen aus deiner Klasse im Bett, weil du es mir nicht mehr geben kannst. Das Gefühl geliebt zu werden, verstehst du mich?!" Diese Sätze trafen mich so sehr, dass ich tränenüberströmt aus dem Haus stürmte und den nächsten Pub aufsuchte, in den ich am besten passte. Ich stürmte einfach in die Bar und krallte mir den nächstbesten, den ich finden konnte und küsste ihn. Einfach um ein bisschen Rache auszuüben, im übertragenen Sinne. Dass ich später ein schlechtes Gewissen haben würde war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar. In dieser Nacht übernachtete ich in meinem Auto, wo sollte ich denn sonst hin? Am Morgen schwänzte ich die Uni und kehrte zu unserem Haus zurück, noch etwas betrunken von der vorherigen Nacht und legte mich in unser Bett. Ich dachte mir einfach: 'Hoffentlich kommt er nicht zurück.' Ich blieb so den ganzen Tag liegen, bis es dunkel wurde und ich das Klicken der Tür hörte. John kam gerade zur Tür rein, als ich im Türrahmen stand: „Hey, ich wollte nur sagen... ich liebe dich wirklich aber diese eine Sache mit ihr kann ich dir einfach nicht verzeihen." John zog sich die Jacke aus und kam verzweifelt auf mich zu: „Bitte Schatz, gib mir noch eine Chance, es tut mir so schrecklich Leid, dass das alles passiert ist. Ich liebe dich doch und du mich doch auch." Ich sah ihn nur mit eiserner Mine an: „Ich muss immer nur an sie denken wenn ich dich ansehe und das geht einfach nicht." Wir trennten uns also. Er blieb in der Wohnung und ich zog nach langer Zeit zu Amanda nach New York in eine WG. Sie tröstete mich jeden Abend, bis es einigermaßen auszuhalten war und ich weiter machen konnte. Wir studierten Kunst und wurden ziemlich bekannt dadurch. Denn wir verkauften Werke und kassierten ziemlich Geld. Als wir schließlich auch mit der Uni fertig waren, zogen wir in eine eigene kleine Wohnung und finanzierten uns von den ganzen Gemälden und Portraits, die wir gemalt hatten. Doch dann folgte eine Zeit, in der unsere Kunst nicht mehr beliebt war. Die Leute interessierten sich nicht mehr dafür und wir standen wieder am Anfang. Also suchte ich mir einen Job als Bedienung und Amanda ging zur Bank. Doch wir beide fanden Gefallen an unseren neuen Jobs und wir blieben. An den Feiertagen gingen wir immer unsere Familien besuchen und vermissten uns schon, auch wenn wir nur ein paar Minuten voneinander getrennt waren. Dafür war das Wiedersehen umso schöner, dann rissen wir wieder Witze und machten Quatsch. Einmal musste Amanda so laut und heftig lachen, dass sie gegen den Tannenbaum hinter ihr (es war Weihnachten) umwarf und unser Fenster kaputt machte, was sie noch mehr zum Lachen brachte, da nur die Spitze des Baumes das Fenster zerschmetterte. Ja wir haben wirklich viel zu erzählen, aber wir kommen trotz allem jetzt schon zum letzten Lebensabschnitt meines Lebens. Amanda und ich lebten Jahre zusammen ohne eine andere Liebesbeziehung, nur wir beide hatten uns. Und als wir schon etwas älter waren und Karriere gemacht hatten, da passierte es. Es war am Tag meines vierunddreißigsten Geburtstages. Amanda und ein paar andere Freundinnen hatten sich ein ganzes Programm für mich ausgedacht mit Klettern, Dinner und noch vielem mehr. Ich hatte mich riesig gefreut und es war wirklich einer der schönsten Tage meines Lebens. Als ich dann am Abend auf der Couch saß, kam sie zu mir und knuddelte sich an meine Schulter, während sie meinen Bauch mit den Fingern entlang strich: „Wie hat es dir gefallen? War es nicht zu viel?" Ich antwortete lachend: „Nein es war echt wunderschön." Da sah sie mir in die Augen, um auch zu sehen, dass ich die Wahrheit sagte. Doch dieses Mal lag auch etwas anderes in ihren Augen. Wir schauten uns lange an und kamen uns immer näher, bis wir uns auf einmal küssten. Es war einfach so richtig es zu tun. Die ganze Zeit war die Liebe meines Lebens direkt vor meiner Nase und ich hatte es nicht bemerkt, erst an meinem Geburtstag. Aber ich bereue nichts, denn das war das schönste Geschenk, dass ich jemals erhalten habe. Und nun sitzen wir hier: Verheiratet, drei Kinder, die inzwischen schon Kinder hatten und mit runzliger Haut. Das alles schießt mir durch den Kopf, als ich auf dem Stuhl sitze und meine Enkel auf dem Rasen beobachte. Einer der kleinen Bengel hat sich das Knie aufgeratscht, also laufe ich so schnell wie möglich zu dem Kleinen und nehme ihn auf den Arm. Als Amanda und ich ihn verarztet haben, setzen wir uns nochmal raus und sehen die Sonne untergehen. Da fragt er mich auf einmal: „Opa, wie heißen alle Sterne?" Und ich sage ihm alle Namen, die ich kenne. Unter anderem auch ein Stern namens Amanda.
Mein Name ist Nate Beaver und das ist mein Leben.
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Der letzte Tag - Liebe mit Umwegen
Short StoryIn dieser Geschichte geht es darum, wie man die große Liebe finden kann... auch wenn es kleine Umwege gibt.