Remind Me Back *On Hold*

1 - #Unterschiede

Wie jeden Tag habe ich es mir auch heute auf dem ledernen, braunen Sessel bequem gemacht. Mit meinem zurzeit Lieblingsbuch in meiner Hand blättere ich durch die Seiten. Arme Hazel. Ich könnte mir so ein Leben wie sie es führt nicht vorstellen. Eine tickende Zeitbombe die in dir läuft. Nie weisst du was als nächstes geschieht. Ob du urplötzlich Schmerzen kriegst. Dir die Luft zum atmen genommen wird. Wer weiss was passieren könnte? Tja. Der Titel schmückt das Buch ja nicht nur unnötig aus. 'Das Schicksaal ist ein mieser Verräter'. Und ich teile diese Meinung. Denn es stimmt.

Ich, Melina Axford, wurde vom Schicksaal heftig verrarscht. Mein Leben ist ein Buch bestehend aus einem Kapitel. Und dieses Kaptel wiederrum enthält 3 Wörter - Langweilig, Armseelig und Traurig. Diese 3 Wörter schmücken mein gesamtes Leben aus. Was soll ich auch machen? Ich hatte die gesamte Zeit meines Lebens um mich damit abzufinden. Und dies habe ich auch getan. Eine andere Wahl hätte ich auch nicht.

Ich bin allein. Wieso ich sage, dass ich alleine bin und mich nicht so fühle? Mein Leben enthält keine Gefühle. Niemand hat sie mir jemals gegeben. Meine Eltern sind nichts weiter als die, die mich auf die Welt gebracht haben. Kein einziger Funken Liebe in diesem elenden Spiel in dem sie spielen. Doch ich spiel nicht mit. Ich habe längst aufgehört um die Ziellinie zu kämpfen. Ich bin über eine Hürde gestolpert und habe kläglich verloren.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich keine Gefühle vom alltäglichen Leben brauche. Ich habe aber einen Weg gefunden, um sie mir zu überliefern. Ich bin ja nicht umsonst jeden einzelnen Schultag in der Bibliothek. Bücher geben mir die nötigen Zutaten für mein Leben. Ich möchte wissen wie es sich anfühlt zu lieben. Ich möchte wissen, wie sich Schmerz anfühlt. Innerer Schmerz. Ich will Freude, Wut, Trauer, Angst, Glückseeligkeit, einfach alles! Und nur durch Bücher kriege ich das alles umschrieben. Das wirklich zu erleben habe ich nicht nötig. Das reicht mir.

Ich lese meinen Satz fertig und hebe anschliessend meinen Kopf. Einen Finger lege ich zwischen den zwei Seiten, bei denen ich stehen geblieben bin und schliesse das Buch. Mit meiner freien Hand streiche ich mir die Haare über meine Schulter, während meine blauen Augen den Raum abscannen.

Wie auch nicht anderst erwartet, ist die Bibliothek mal wieder so gut wie leer. Ein Lehrer und zwei Schüler die wahrscheinlich gezwungenermassen mehr Bücher lesen sollten, nach Anforderung des Lehrers. Die Bibliothek bietet trotz den vielen Regalen viel Platz. Die Mitte des Raumes ist mit vielen Sesseln beschmückt, die nie benutzt werden. Und trotz dessen, dass es dort viel angenehmer ist, verkrieche ich mich gerne in meine geliebte Ecke, wo ich die nötige Ruhe zum lesen habe.

Ausserdem ist das nicht der einzige Grund, weshalb ich hier in der Ecke des Raumes lese. Ein wichtiger Punkt ist noch, dass niemand hier her findet und ich so meine Bücher, die ich gerade lese oder noch lesen will in ein Regal aussortieren kann. Ich habe meinen eigenen Holzbalken, bei dem nur meine Bücher zu finden sind. Ziemlich praktisch.

Mein Blick wandert zur Uhr, die über einem Regal hängt. Noch drei Minuten bis zum Klingeln. Ich öffne die Seiten, in denen mein Finger ruht und lege mein Buchzeichen das ich immer dabei habe, in den Spalt. Als ich sicher gehen konnte, dass ich die Seite bei der ich stehen geblieben bin wieder finden würde, schliesse ich das Buch, stehe auf und gehe auf das Regal zu. Da der Titel des Buches mit 'D' anfängt, kommt es an erster Stelle. Ein Buch das mit A-C anfängt habe ich nicht.

Meine Bücher sind alphabetisch geordnet. So weiss ich immer wo sie zu finden sind.

Ich packe meine Schultasche am Griff und hebe sie vom Boden auf. Mit der Tasche um die Schulter geworfen, latsche ich auf die Tür zu, öffne sie und trete auf den langen Flur, der nur so überflutet wird von Schülern. Ich sehe sie mir genauer an. Alle sind in Gruppen aufgeteilt. Und geht jemand weg, werden die anderen wie Magnete elektrisch angezogen. Jämmerlich.