Rote Baumwollschnur

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In der Mensa der Hochschule ging es mal wieder zu und die jungen Leute unterhielten sich alle samt lautstark, dass man auch ja verstanden wurde. In der Ecke saß auf einem der heiß begehrten Sofas ein 16-jähriges hübsches Mädchen. Sie hatte sich in diese Ecke verschanzt um Ruhe zu haben. Um ungestört ihr Buch lesen zu können. Doch bei diesem Lärm konnte sich keiner auf ein Buch konzentrieren. So legte sie eine Schnur aus roter Baumwolle, dass sie gehäkelt hatte damit es etwas dicker war, zwischen die Seiten des Buches und legte es neben ihre Tasche auf den Kaffeetisch vor ihr. Sie band sich ihre langen pechschwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz und steuerte auf die Cafeteria zu um sich eine Mahlzeit zu genehmigen. Währenddessen setzte sich ihr vermeintlich bester Freund mit seiner festen Freundin auf das Sofa, auf dem zuvor die Schwarzhaarige gesessen hatte.  Doch sie hörte schon ewig nichts mehr von ihm, so wusste sie auch nicht ob sie ihn als besten Freund noch bezeichnen durfte. Der 19-Jährige erkannte sofort wessen Tasche dort vor ihm auf dem Tischchen lag und er wusste auch, dass seine beste Freundin sehr gerne las. Er nahm das Buch in die Hand und überflog ein paar Seiten. Plötzlich fiel ihm die rote Schnur aus den Seiten. Er legte das Buch verkehrt herum auf den Tisch, um die Seite zu merken. Dann sah er sich das Stück Wolle an und merkte, dass die Besitzerin das selbe ständig ums Handgelenk trug. Sie musste sich ein zweites gemacht haben, falls sie das andere abschneiden müsse. Ohne lang zu überlegen holte er sich seinen Block raus, riss einen Fetzen davon ab und kitzelte mit einem Stift der auf dem Tisch lag "Danke, ich werde es nie wieder ablegen - T" darauf. Er nahm das Buch wieder zur Hand und legte den Zettel zwischen die Seiten aus dem das Band geflogen war. Dann schloss er das Buch und legte es zurück auf seinen ursprünglichen Platz. "Bind mir das mal fest." Der brünette Junge hielt seiner blonden Sitznachbarin sein Armgelenk und die gehäkelte Schnur hin. 

Er unterhielt sich weiter mit seiner Freundin als die Besitzerin des Buches zurückkehrte. Ihre nächste Stunde würde in wenigen Minuten anfangen und sie müsste noch ihre Tasche und ihr Buch holen. Der Armband-Dieb sah das schöne schwarzhaarige Mädchen von weitem auf sie zu gehen und er heftete seinen Blick auf ihren Arm. Dort sah er das rote Baumwollband, das nun auch er um seinen Arm trug. Er grinste verschmitzt und tat wieder so als würde er sie gar nicht bemerkt haben und aufmerksam seiner Freundin zu hören. Dem 16-jährigen Mädchen wurde etwas mulmig zu mute als sie ihrer Tasche näher kam. Sollte sie den braunhaarigen Jungen ansprechen oder einfach ihre Tasche packen und weiter ziehen? Das müsse wohl spontan geschehen, meinte sie. Vor dem Tisch an gekommen schulterte sie ihre Tasche und nahm ihr Buch zur Hand. Voller Überraschung sah plötzlich der gut aussehende Junge zu ihr auf und lächelte. "Ich wusste doch, dass dir das Buch gehört." Verwirrt sah sie von dem Jungen auf das Buch und wieder zurück. "Ja tut es", flüsterte sie leise, vor Angst sich zu blamieren oder seine Freundin gegen sie zu hetzen. Er grinste sie an, so wie er es früher immer tat. Perplex drehte sie sich auf der Stelle um und entfernte sich langsam. Ihr Blick fiel wieder auf ihr Buch und fand einen karierten Zettel zwischen den Seiten hervorlugen. Sie zog ihn heraus und las die unordentliche Schrift. Abrupt blieb sie stehen, drehte sich noch einmal zu dem Aufenthaltsort um und fixierte Theo. In dem Moment streichelte er zärtlich den Arm seiner Freundin, ein Stich durchfuhr ihr Herz und da sah sie es. Die rote Baumwollschnur, die sie selbst fest um ihr Handgelenk trug und als Ersatz in ihr Buch gelegt hatte.
Es stand ihm gut, überlegte sie, doch spätestens nach einem Tag würde er es abnehmen.

Er bemerkte ihre Starre, grinste schief und zwinkerte ihr zu. Auf der Stelle lief sie rot an, doch der vernichtende Blick seiner Freundin ließ sie schnell die Flucht ergreifen. Doch ihre Lippen zierte ein Lächeln.

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