Mondnacht

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Mondnacht
Joseph von Eichendorff (1788-1857)

Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst

Die Luft ging durch die Felder
Die Ähren wogten sacht
Es rauschten leicht die Wälder
So sternenklar war die Nacht

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus
Flog durch die stillen Lande
Als flöge sie nach Haus

Sie rannte durch die enge Gasse hindurch und kam schließlich am Flussufer an. Ihre Lungen brannten. Sie blieb stehen und holte tief Luft, wodurch ihre Lungen nur noch mehr schmerzte. Für einen kurzen Moment schloss sie ihre Augen während sich ihre Atmung langsam beruhigte. Vorsichtig sah sie sich um. Leise ließ der lauwarme Wind die Blätter der umstehenden Bäume rascheln. Sie war neben einer Trauerweide, deren Zweige die ruhige Wasseroberfläche des Flusses streiften, zum Stehen gekommen und sah nun auf das klare Blau des Wassers hinunter. Es war eine wolkenlose Sommernacht und so spiegelte sich der dunkle Nachthimmel mit seinen leuchtenden Sternen auf der Wasseroberfläche. Der Mond schien heute besonders hell. Er funkelte dort oben im endlosen blau wie ein kleiner Diamant und man konnte sogar die einzelnen Mondkrater von hier unten erkennen. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, denn sie liebte den Himmel mit all seinen Schätzen und Geheimnissen. Eines Tages würde sie zu ihnen gehören. Als sie sich weiter vor beugte, blickte ihr das Gesicht eines hübschen jungen Mädchens entgegen. Ihr glänzendes braunes Haar, welches im Wind wehte, fiel in langen Wellen über ihren Rücken hinunter und ihre hellblauen Augen leuchteten wie der Ozean. Nur wenn man ganz genau hin sah, konnte man darin ihre Traurigkeit entdecken. Sie sah unglücklich aus. Das Lächeln verschwand und plötzlich tauchten die alten Erinnerungen wieder auf. Sie fing an, am ganzen Körper zu zittern, ob vor Kälte oder Angst vermochte man nicht zu sagen. Da tauchte ein weiteres Gesicht neben dem ihren auf. Es war das Gesicht eines Jungen. Sein blondes Haar, dass ihm fast bis zu den Schultern reichte, versteckte er unter einer grauen Strickmütze, nur vorne lugten einzelne Locken hervor. Vorsichtig legte er ihr einen Arm um die Schultern. Eine vereinzelte Träne lief ihr Gesicht hinunter. Er zog sie sanft zu sich und sie schmiegte sich an seinen warmen Körper und lies ihren Tränen freien Lauf. Er streichelte ihr Haar so lange, bis alle Tränen versiegt waren und ihre Atmung sich wieder normalisiert hatte. Sie blickte zu ihm hinauf. Ein Lächeln umspielte seine feinen rosigen Lippen. Unwillkürlich musste sie auch lächeln. Die Traurigkeit in ihren Augen verschwand nach und nach und machte so der Hoffnung Platz. Sie blickten sich tief in die Augen und sie näherte sich ihm vorsichtig, bis ihre Lippen auf seine trafen. Für den Moment schloss sie ihre Augen. Ein Gefühl von Wärme und Glück durchströmte ihren Körper, als sie ihn küsste. Es war ein unbeschreiblich wunderbares Gefühl. Sie fühlte sich beschützt und sicher bei ihm. Sie öffnete ihre Augen und löste sich ganz langsam von ihm und sah ihm abermals tief in die Augen. "Danke." Es war das erste mal seit Monaten, dass sie wieder sprach. Er lächelte und beugte sich zu einem erneuten endlosen Kuss zu ihr hinunter.

"Eine wohlige Wärme durchflutete meinen gesamten Körper. Ich fühlte mich frei, als könnte mich nichts aufhalten."

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