Ich beiße mir auf die Lippe um nicht auszubrechen. Ich schmecke Blut und ich liebe es. Ich spüre ihre Augen auf mir, sie merken wie dünn ich geworden bin, doch sagen würden sie es nie. Dafür schätzen sie mich zu wenig. Was rede ich? Sie schätzen mich nicht. Kein Stück. Ich würde jetzt gerne sagen, dass es mich nicht interessiert was sie von mir denken, aber so einfach ist das leider nicht. Sie hassen mich. Sie hassen mich. Sie hassen mich. Sie hassen mich. Es ist nicht einfach das zu ignorieren. Sie sprechen ganz normal mit mir. Sie würden es niemals zugeben, doch auch wenn sie es nicht tun, ich weiß, dass es so ist. Und ich weiß auch, dass sie es leugnen würden, wenn ich sie darauf anspreche, deswegen lasse ich es lieber gleich bleiben.
Vielleicht fragt ihr euch jetzt wer "sie" sind und warum sie mich hassen. "Sie" sind meine Klassenkameraden, meine "Freunde", meine Schule, jeder, der ganze Planet. Und warum sie mich hassen? Weil ich bin wie ich sein will. Oder besser gesagt, ich war es. Ich war noch nie dünn und ich hatte nie Probleme damit. Ich hatte akzeptiert wer ich war und wie ich war und dafür schätzten mich die Leute. So dachte ich jedenfalls. Bis vor ein paar Monaten, wo auch ich nach guten 8 Jahren eingesehen hatte, dass es so nicht weiter geht. Ich war fett. Ich bin fett. Fett. Fett. Fett. Und das sollte ich nicht akzeptieren. Das wollte ich nicht akzeptieren. Erst als ich das eingesehen hatte, begann ich zu bemerken, wie sie mich anstarren. Um ehrlich zu sein, starren sie nicht mich an. Sie starren das an, was mich umgibt. Diese Hülle aus Fett, unter der ein zerbrechlicher, dünner und schöner Körper nur darauf wartet endlich frei sein zu dürfen.
Und ich möchte ihn freilassen. Ich möchte ihn jedem zeigen. Ich möchte an ihnen vorbeigehen und sie sollen sich nach mir umdrehen und flüstern. Sie sollen flüstern wie schön ich sei. Wie schlank ich sei. Dass sie so sein wollen wie ich. "Hey du!" Jeden Morgen. Jeden Morgen ist es das Gleiche. Irgendein Spast sieht mich und verspührt anscheinend das dringende Bedürfnis mit mir zu kommunizieren. Ich mag es nicht meine Freunde Spasten zu nennen, aber manchmal kommt es so über mich. "Wie gehts dir so? Wir haben uns die Ferien über ja leider gar nicht gesehen. Finde ich ganz schön schade." Na gut, mal überlegen. Ich habe gerade das dringende Bedürfnis, dich die Treppe herunter zu werfen, wenn das nicht geht, dann würde ich mich gerne mit meinem Gürtel erhängen. Ich hasse dich dafür das du so schön bist, das man deine Schlüsselbeine so gut sehen kann, deine Beine sich fast nicht berühren. Ich will auch so schön sein wie du. Nein. Ich will schöner sein. Ich werde schöner sein. Ich werde dünner sein. Es wird der Tag kommen, da wirst du so sein wollen wie ich. Wenn ich alles tragen kann, was ich will. Ich bin froh, dass du mich in den Ferien nicht angerufen hast, dass du mir nicht geschrieben hast, dass du so tatest als würdest du mich nicht kennen, als hättest du mich vergessen. Das du mir das Gefühl gegeben hast, ich wäre nichts als Dreck unter deinen Schuhsohlen. Das sind meine Freunde. "Gut. Mir gehts sehr gut. Ja, war voll doof, so lange ohne das wir uns gesehen haben."
Bitte, bitte, bitte, bitte belasse es dabei. Halt jetzt die Klappe. Ich will nicht mit dir reden. Ich will das alles nicht. Merkt ihr nicht, wie sehr ihr mir alle am Arsch vorbei geht?! Ihr tut so als würde ich nicht wissen wie ihr von mir denkt. Doch leider tue ich das, aber das ändert anscheinend auch nichts. Es klingelt. Verdammte Scheisse, na endlich. 45 Minuten die Klappe halten. Um ehrlich zu sein, mag ich Unterricht nicht. Nicht weil es mich stört zu lernen oder so. Sondern weil ich schüchter bin. Ich habe sogut wie kein Selbstbewusstsein oder Mut. Deshalb melde ich mich fast nie. Und deshalb sind meine mündlichen Noten im Keller. Im schriftlichen bin ich gut. Nur manchmal reicht das nicht aus um alles wett zu machen. Wenn ich zu Hause bin, habe ich meistens besseres zu tun, als mich mit Kurzvorträgen, Facharbeiten oder weiß der Geier was zu beschäftigen. Zum Beispiel mit Nachdenken. Über alles und jeden. Und das erscheint mir größten Teils sinvoller. Den Schultag zu überstehen ist hart. Unglaublich hart. Die Pausen über stellen sie immer die gleichen Fragen. "Hey, du isst ja gar nichts!?" "Hier willst du mal kosten?" "Warum isst du denn nichts? Das hier ist echt lecker. Probier mal!" Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein .Nein.
Ich weiß echt nicht wie ich ihnen klar machen kann, dass ich ihr verdammtes Essen nicht will. Ich bin stark. Ich habe die Kontrolle über meinen Körper.
Meistens jedenfalls. Ich halte durch, den ganzen Tag schaffe ich es nichts zu essen. Aber dann ist die Schule vorbei. Und ich werde mit Fragen überhäuft: "Kommst du mit was essen?" "Wir gehen noch zu McPappig, komm doch mit.". Anscheinend bin ich nicht stark genug, denn ich finde mich wieder an der Kasse, die EC-Karte in der Hand. Ich setze mich, in der Hand ein Tablett voller Fett. Trotzdem esse ich, ich esse alles auf. Ich fühle mich wie der fetteste Mensch der Welt. Als ob ich mit diesem Essen, die 20 Kilo die ich verloren hatte, wieder zu mir genommen habe. Ich fühle mich dreckig, schmutzig. Beschmutzt mit widerlichem Essen.Im Zug, auf dem Weg nach Hause kann ich nur darüber nachdenken, wie ich das alles wieder loswerden kann. Natürlich ist mir klar, dass es nur einen Weg gibt ... Sobald ich zu Hause angekommen bin, mache ich mir meinen Weg Richtung Badezimmer. Ich würge, ich spucke und ich weine. Ich säubere mich von dem Zeug in meinem Magen, bis ich Blut spucke und falle schwach auf den Boden. Da liege ich dann eine Weile, bis ich mich aufraffen kann und mich ins Bett schleppe.
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Silence
Teen FictionDies, ist keine wirkliche Geschichte. Eher ein Tagebuch. Es geht um die ernsten Themen Anorexie, Bulimie und Borderline, mit welchen ich zurzeit zu kämpfen habe. Wen das nicht interessiert, der soll es nicht lesen und dann unfreundliche Kommentare h...