Back to childhood

4. Kapitel

Heute ist Sonntag und ich gehe gerade eine Runde Joggen, um den Kopf etwas frei zu bekommen. Das Schuljahr hat gerade erst begonnen und meine Gedanken überschlagen sich schon.

Die Woche verging rasend schnell und unser Plan, Tim irgendwie eins Auszuwischen, nahm und nimmt immer mehr Gestalt an. Wirklich darüber nachdenken möchte ich nicht, denn ich hab ein ziemlich schlechtes Gewissen wegen dem ganzen... Warum? Das weiß ich selber nicht. Normalerweise habe ich keins und ich habe schon Klamotten aus Umkleiden geklaut, fiese Gerüchte verbreitet, Leuten mein Essen über den Kopf geschüttelt, mich geprügelt und einiges mehr... aber diese Leute waren meistens Menschen, die ich nicht mochte oder mich provoziert haben. Und Tim... der hat, seit er hier ist, kaum mit mir geredet.

Ja, er hat mich wirklich verletzt, aber das ist ja auch schon ne Weile her, oder?

Oh Mann, Liv beeinflusst mich mit ihrer positiven Art zu sehr. Sie behauptet schon die ganze Zeit über, dass Tim so etwas nicht verdient hätte und doch ein ganz toller Typ ist. Und generell ist er zu ihrem persönlichen Superhelden geworden. Wahrscheinlich hat sie sich etwas in ihn verknallt. Wie ungefähr die halbe Schule. Kein Wunder, innerhalb einer Woche hat er es geschafft, ins Fußballteam zu kommen, sich aufgrund seiner Intelligenz bei den meisten Lehrern einzuschleimen und eine eigene AG zu bekommen, die er ehrenamtlich leitet. Wenn man sonst nichts zu tun hat...

Immerhin ist Zoe ihm nicht verfallen und findet sein ganzes Auftreten, seine Art und seine bloße Existenz zum Kotzen. Weshalb sie nur so von unserem Plan schwärmt und sich nicht einen Moment lang Gedanken über die Konsequenzen macht. Nicht, dass ich mir immer Gedanken über die Konsequenzen meines Handelns machen würde, aber was sie vorhat wird Tim mehr kosten als den Platz im Fußballteam und uns kann das wohl ins Gefängnis bringen. Und eigentlich wollte ich da nicht hin... Dass ich letztens von meinen Eltern bei der Polizei abgeholt werden musste, hat mir schon gereicht.
Zoe ist allerdings der Meinung, dass alles gut laufen und nichts schiefgehen wird... Sie hat ja Mike und der wird uns unterstützen. Haha, wie beruhigend, wenn der dümmste Typ auf Erden unsere Sicherheit ist. Aber ohne sein Kleinkrimineller-Dasein, würde das Ganze nicht funktionieren. Noch ein Grund mehr, gegen den Plan zu sein.

Leider bin ich jetzt wieder zu Hause angekommen.

Eigentlich will ich mich jetzt direkt auf den Weg in die Dusche machen, werde aber von meiner bezaubernden Mutter aufgehalten: „Lilly, warte bitte einen Moment und schau mal, wer uns einen Besuch abstattet!", ruft sie fröhlich aus dem Wohnzimmer. Diese Fröhlichkeit kann doch gar nichts Gutes bedeuten... Ich könnte einfach in mein Zimmer gehen, was will sie schon tun?

„Und wehe du tauchst nicht innerhalb der nächsten Minute hier auf, dann wird nicht nur deine Zimmertür verschwinden!", ruft meine reizende Mutter auch schon drohend hinterher. Diese Frau kennt mich eindeutig zu gut...

„Ich komme ja schon", gebe ich deshalb genervt von mir, schnappe mir noch schnell eine Flasche Wasser aus der Küche und gehe dann weiter ins Wohnzimmer.

Eigentlich wollte ich direkt einen Schluck aus der Flasche nehmen, aber dazu komme ich gar nicht mehr, weil ich vor Schock erstarre. Wäre auch nur etwas Wasser in meinem Mund gewesen, wäre aus mir jetzt ein toller Springbrunnen geworden. Aber so fällt mir einfach nur die Kinnlade bis zum Mittelpunkt der Erde.

Denn auf unserer Couch sitzen ein Mann und eine Frau. Den Mann kenne ich nur allzu gut und auch die Frau ist mir bekannt. Sie geben immer noch ein hübsches, aber ziemlich unterschiedliches Paar ab. Er hat fast die gleichen Augen wie sein Bruder, schwarze Haare und ist recht muskulös. Außerdem umgibt ihn, meiner Meinung nach, immer so eine mysteriöse Aura. Ihre Augen wirken mit ihrem blaugrün viel freundlicher, ihre hellen Locken lassen sie etwas verpeilt aussehen und gleichzeitig hat sie einen tollen, kurvigen Körper. Sie sind Tänzer. Der Bruder von Tim. Und seine Freundin. Der Grund für den Umzug.
Und beide grinsen mich fröhlich an.