Kapitel 1

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Die Sonne schien auf meinen halbnackten Körper. Der Himmel war blauer als je zuvor, keine einzige Wolke aufzufinden. Ich spürte den warmen Sand unter meinem Körper. Das Rauschen des Meeres klang wie eine endlose Melodie in meinen Ohren. Weit und breit keine nervigen Menschen. Einfach nur relaxen.
"Aria? Aria! Ich weiß, die Ferien sind in 3 Wochen, trotzdem erwarte ich mir Anwesenheit, nicht nur physisch ! " zischte meine Deutschlehrerin, die anscheinend versuchte unser Wissen über Goethe abzufragen. Totaler Blödsinn, wieso redet man noch über Leute die schon verstorben sind? Und das war der Grund warum sie mich aus meinem Tagtraum holen musste ? Professorin Klein konnte mich doch nie leiden, egal was ich gemacht habe, also war es doch egal ob ich nun psychisch anwesend bin oder nicht. Endlich war die Stunde zu Ende. Echt erstaunlich wie lange 50 Minuten eigentlich dauern können. "Aria warte bitte noch kurz vor der Schule, ich muss noch meine Mappe holen " bat mich Lucas. Lucas, mein aller bester Freund seit dem Kindergarten. 13 Jahre lang befreundet und kein einziges Mal gestritten, wer schafft das schon außer wir ? Naja, wenn man die ganzen kleinen Streitigkeiten außer acht lässt. Lucas war um fast einen Kopf größer als ich, seine locken ließen ihn größer erscheinen als er eigentlich war. Seine grünen Augen hatten etwas giftiges, trotzdem war er die liebevollste Person die ich je kennen lernen durfte. "Ich muss heut den Bus nehmen, mein Rad hat einen Platten" erzählte ich ihm. Ich hab es gehasst den Bus zu nehmen, der war immer so voll und stickig, überhaupt jetzt im Sommer. Lucas versuchte mich noch davon zu überzeugen, dass er mich auf seinem Rad heimfahren könnte, aber das wollte ich nicht riskieren, schließlich war der Nachhauseweg nicht ungefährlich. Also verabschiedete ich mich von ihm mit einer kurzen Umarmung und versprach ihm mich später zu melden. Ich sah um die Ecke den Bus einbiegen und rannte so schnell wie möglich hin. Gottseidank erwischte ich ihn noch und Gottseidank war er diesmal nicht so voll! Ich ging in die letzte Reihe und setzte mich ans Fenster, holte meine Kopfhörer raus und stellte meine Playlist auf shuffle. "Summertime sadness" ein besserer song, der meine Laune beschreiben hätte können gab es in meiner Playlist wahrscheinlich gar nicht. Auch wenn ich eine starke Persönlichkeit war und viel Selbstbewusstsein besaß war ich eine sehr einsame zurückgezogene Person. Mit 17 Jahren gehen andere am Wochenende feiern, betrinken sich und erzählen von ihren sexgeschichten. Ich war total das Gegenteil davon, samstags ging ich immer zu Lucas oder er zu mir und wir schauten uns zusammen Filme an oder lagen einfach im Bett und redeten über die Welt, über unsere Wünsche, unsere Träume. War halt immer viel besser als ausgehen, hatte auch nie Probleme damit, ich hab es einfach gemocht und genossen. Wow 3 Wochen noch und ich würde in Italien am Strand liegen. Meine Vorfreude war riesig. Das nächste Lied stand schon auf meinem Display. Die kleine Pause zwischen dem Wechsel der beiden Lieder holte mich aus meinen Gedanken, und erst jetzt merkte ich wie mich ein Typ die ganze Zeit anstarrte. Immer wenn ich hin sah schaute er weg, und obwohl ich weg sah sah ich aus dem Augenwinkel dass er mich anschaute. Eigentlich bin ich ganz gut in sowas zu ignorieren aber irgendwie machte er mich neugierig. Ich meine er sah richtig gut aus. Schaute er weil er mich hübsch fand oder hab ich irgendwas im Gesicht? Nach 5 Minuten wurde mir das alles zu blöd, wieso starrt er denn so ? Ich nahm meine Kopfhörer raus und rief zu ihm rüber "Hey, gibt's was ? Kann ich dir helfen ?" Ich habe noch nie so ein süßes Lächeln gesehen. Er sagte ein paar Sekunden kein einziges Wort, starrte mich nur an mit sein breites süßes Lächeln, es fühlte sich für mich wie eine Ewigkeit an ! "Tut mir leid, hab ich gestarrt?" fragte er als würde er es nicht ganz genau wissen, dass er gestarrt hat. "Seit ca 5 Minuten " sagte ich mit einem Lächeln. "Das tut mir wirklich leid, war nicht meine Absicht " gab er von sich während er zu mir in die letzte Reihe kam und sich neben mich setzte. "Ich bin Caleb, und als Entschuldigung für das psychohafte starren möchte ich dich gerne auf ein Getränk einladen" bot er mir als Entschädigung an. "Zu so einem Angebot kann ich doch nicht nein sagen, ich bin übrigens Aria" sagte ich in der Hoffnung, dass das nicht allzu blöd klang. Bevor ich ausgestiegen bin tauschten wir noch Nummern aus.
Als ich zuhause ankam wartete meine mum schon mit dem Essen auf mich. Irgendwie verspürte ich keinen Hunger. Das einzige woran ich noch denken konnte war Caleb. Seine tiefe Stimme hallte immer noch in meinem Kopf. Seine braunen Augen machten es mir schwer mich auf seine Worte zu konzentrieren, sie waren so dunkel und tief, ich hätte mich tagelang in ihnen verlieren können. Seine großen Hände, die er beim Reden viel zu oft benutzete, gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Von seinem Lächeln ganz abgesehen .
Ich schaute auf die Uhr "8pm". Er hatte sich bei mir gar nicht gemeldet. Die ganze Zeit wartete ich auf eine Nachricht, doch es kam nichts. Dann vibrierte mein Handy endlich doch. "Versprechen halten war wohl nie so deins oder ?" Sie war von Lucas. Wie konnte ich nur vergessen mich bei Lucas zu melden. Wir simsen uns doch den ganzen Tag. Caleb hatte einfach alles aus dem Konzept gebracht. "Es tut mir sooo leid, hab ich voll vergessen, kommst du rüber? " gab ich ihm als Antwort. "Ich kann heut nicht, Deutschaufsatz wartet noch auf mich " schrieb er zurück. Plötzlich bekam ich eine Benachrichtigung. "Wenn ich noch länger warte bis du dich meldest, sitze ich wahrscheinlich noch nächste Woche hier  ". Die Nachricht war von Caleb. Mein Herz begann zu rasen. Ich saß mich aufrecht hin und las die Nachricht. Immer wieder. Wort für Wort. Buchstabe für Buchstabe. Er hat gewartet bis ich mich melde ? Er hat mich also nicht vergessen? Ich war so fassungslos und wusste nicht was ich antworten sollte. Okay, ich musste mich wieder in die Realität zurück holen. Komm runter, es ist nur ein Typ, wahrscheinlich will der nicht mal was von dir. Sonst bist du doch eigentlich auch immer gechillt. Mit diesen Worten versuchte ich mich zu beruhigen. "Ich hatte viel zu tun, entschuldige " schrieb ich Caleb, was nicht mal gelogen war, nur hab ich die Sachen halt nicht getan. So kamen wir langsam ins Gespräch. Wir schrieben 2 Stunden ununterbrochen durch, trotzdem hatte ich das Gefühl ich würde ihn genauso wenig kennen wie vor den 2 Stunden. Wir verabredeten uns am nächsten Tag im brew um einen Kaffee zu trinken.
"Okay es ist 8 Uhr morgen und du strahlst über beide Ohren, irgendwas stimmt nicht mit dir " flüsterte mir Lucas in der Deutschstunde zu. Als Antwort gab ich ihn nur ein größeres Grinsen, welches mir jedoch sofort verging als Professorin Klein mich um meinen Aufsatz aufforderte, den ich in Gedanken an Caleb total vergessen hatte. Sie ermahnte mich und drohte mit nachsitzen, wenn ich den Aufsatz nicht morgen abgeben würde. "Was ist den los mit dir, so einen Aufsatz schreibst du doch locker in 20 Minuten " fragte Lucas neugierig als es zur Pause läutete. "Du Lucas, ich wollte dir das schon gestern erzählen aber es hat sich nicht ergeben, ich hab da einen Jungen kennen gelernt, er heißt Caleb, er ist total süß und liebevoll. Ich glaube ich bin gerade dabei mich das erste mal richtig zu verlieben." endlich war ich an der Reihe. Endlich konnte ich mit völliger Überzeugung sagen, dass ich mich in einen jungen verliebt habe. Ich kannte ihn so wenig, trotzdem war ich davon überzeugt dass er der Richtige für mich ist. Lucas machte die ganze Zeit Scherze über meine Verliebtheit, aber ich habe in seinen Worten raushören können, wie sehr er sich für mich freut.
6pm. Wie verabredet wartete ich vorm brew auf Caleb. Es war das zweite mal dass wir uns sehen würden. Ich sah sein breites grinsen schon von weitem. Er trug eine tiefschwarze Jeans mit einem lockeren weißen Shirt und weißen Schuhen. Sein dunkelbraunes Haar hatten exakt dieselbe Farbe wie seine Augen. Je näher er auf mich zukam umso lauter und schneller schlug mein Herz. So fühlte es sich also an verliebt zu sein. Trotz der unangebrachten Schweißausbrüche fühlte es sich toll an. So schön, einfach nur an diese eine Person zu denken und sofort ein kribbeln im Bauch zu haben. Das Kribbeln sind dann wohl die Schmetterlinge im Bauch. Ach es fühlte sich so gut an verliebt zu sein. "Wie war dein Name nochmal?" scherzte er als er mich mit einer leichten Umarmung begrüßte. Sein Geruch war von nun an mein lieblingsgeruch. Ich wollte ein Parfüm davon haben. Seit diesem Tag hat der Geruch nie meine Nase verlassen.
"Ha-ha nicht witzig " sagte ich und tat etwas auf beleidigt. Sofort setzte er wieder sein grinsen ein, der Grund wieso ich ihm alles verziehen hätte. Wir holten uns einen Kaffee to go und gingen in einem Park spazieren. Etwa um halb sieben setzen wir uns auf eine Bank. Wir erzählten uns gegenseitig Geschichten aus unserem  Leben. Ich von meinem besten Freund, meinen geschiedenen Eltern, meiner Vorliebe zu Musik und meinem einsamen Leben. Er dagegen erzählte mir Geschichten aus seinem Studentenleben, dass er im zweiten Semester des Fachs Linguistik sei, der Tod seiner Mutter, und vieles mehr. Ich hatte mich das erste mal einer fremden Person öffnen können, und es fühlte sich gut an. Er gab mir das Gefühl für mich da zu sein, mich zu beschützen. Als ich merkte dass es langsam dunkel wurde schaute ich seit diesem Treffen das erste mal wieder auf mein Handy. Schon nach 9 Uhr. 2 verpasste Anrufe von mama, 1 verpasster Anruf von Lucas und unendlich viele Nachrichten von ihm, er spamt mich immer voll, wenn ich nicht sofort antworte. Caleb bestand darauf mich nach Hause zu begleiten. Vor meiner Haustür gab er mir noch eine Umarmung und sagte fast schon flüsternd "es war echt schön mit dir, danke" . Um meinem Herz wurde es warm. Es war auch sehr schön mit dir Caleb, dachte ich mir, traute mich aber nicht diese Worte auszusprechen.

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⏰ Last updated: Aug 18, 2016 ⏰

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