Prolog: Eine Frage der Ehre

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Er roch den Geruch des verlockenden Blutes. Esmusste wieder ein Opfer gegeben haben. Es roch süß, so zuckersüß.Er wusste es war falsch, doch wie in Trance beschloss er dem Geruchdurch die dunklen und verlassenen Gänge des unterirdischen Systemszu folgen. So unglaublich süß, so verführerisch. Es viel ihmschwer bei klarem Verstand zu bleiben, die Luft, sie war verpestetdurch diesen Geruch, so verführerisch, so voller Blut, er konnte dasEisen förmlich auf der Zunge schmecken. Immer weiter führte ihnsein innerer Trieb, seine Gier, durch die vielen komplizierten Gänge;obwohl sie alle den selben modere Gestank ausstrahlten, so kalt undunbarmherzig, so konnte jeder dieser Wege ihn an ein anderes Zielbringen. Keiner war gleich. Er wusste, dass wenn er sich verlaufenwürde, nur einen falschen Schritt setzen würde, es keine Hoffnungfür ihn gab aus dem Labyrinth des Untergrundes zu entkommen. Dieschäbigen Gänge, waren in früheren Jahren Fluchttunnel derhoffnungslosen Menschen, die versuchten in ein besseres Leben zufliehen. Doch keiner kann vor seinem Schicksal fliehen. Die altenWege wurden verstoßen und nach langer Zeit vergessen. Keiner kanntemehr die alten, schäbigen Wege, die unter der ganzen Stadtentlangführten. Nur er kannte diese verschlüsselten und mysteriösenWege wie seine Westentasche. Nie hätte er sich in dem Labyrinthverlaufen, wo doch jeder Gang fast gleich aussah. Der Blutgeruchwurde mit jedem Schritt intensiver, immer schwieriger den natürlichenDrang zu überwinden und die Bestie in Zaun zu halten, er wusste,dass er auf der richtigen Fährte war.Eine Kreuzung tat sich vor ihm auf, doch wie zuvor genügte es wieeine Bestie zu wittern, um den richtigen Weg zu erkennen.

Er bog nach links, doch kaum hatte er einigeSchritte in den noch finsteren Gang getan ließ ihn ein widerlichschmatzendes Geräusch aufblicken. Wenige Meter vor ihm, erhelltdurch einige wenige Mondstrahlen, welche sich durch eine kleineÖffnung an der Decke in die Unterwelt verirrt hatten, kniete einvermummter Mann über ein Mädchen gebeugt. Er war von stämmigerNatur, ungewöhnlich groß und und vereinzelte pechschwarzesHaarsträhnen schauten unter seiner tief ins Gesicht gezogene Kapuzehervor. Ein abgenutzter, grauen Mantel umhüllte ihn, ließen ingefallen und schutzlos wirken. Der Mann schien ihn noch nicht bemerktzu haben, zu sehr war er mit seiner Beute beschäftigt. Er konntehören wie die Haut des Mädchens beim Kontakt seiner Zähne an ihremHals zerriss ehe die widerliche Sauggeräusche von neuem begannen.Das Mädchen stöhnte vor Schmerzen und ihre rasselnden Atemzügehallten von den Wänden wieder. Er ging einen Schritt auf den Mörderzu, als dessen Blick sich plötzlich ruckartig von seinem Opfer hobund in die Schatten, in seine Richtung, schaute. Er hatten ihn alsobemerkt. Der Schwarzhaarige wischte seinen blutverschmierte Mund anseinem Mantel ab, seine giftgrünen Augen starrten in die Dunkelheit,welche sich vor ihm erstreckte, ehe er zu grinsen begann.

„Du kommst etwas zu spät. Sie ist schon fast leer, tut mir leid meinFreund.", meinte er plötzlich und blickte wieder zu seinem Opfer.

Verdutzt blieb er stehen, offensichtlich hatteder Schwarzhaarige ihn nicht erkannt, da er etwas im Schatten stand,und verwechselte ihn gerade mit einem Anderen.

„Naja, selbst wenn du frühergekommen wärst, hätte ich dir nichts abgegeben.",fügte der Mann grinsend hinzu ehe er inschallendes Gelächter ausbrach.

Missmutig betrachtete er den Mörder, seinBlick wanderte zu dem Mädchen in dem zerrissenen weißen Kleid unddem silbernen Armband. Sie hatte blond gelocktes Haar, welches ihrbis zu dem Schultern ging. Ein leichtes Ziehen in der Brust ließ ihnzusammenzucken, ließ ihn wissen wer sie war. Sie sah aus wie einEngel, der den dunklen Schatten der Unterwelt zu entfliehenversuchte. Dochden Schatten der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft kannkeiner entkommen. Den Schmerz und die Qualen, die in den dunklenGemäuer gefangen waren, konnte keiner vertreiben. Sie war eineinsamer, gefallener Engel in den Schatten der Finsternis.

„Dustehst ja immer noch hier rum. Verschwinde, mein Freund. Dein Partist hier zu Ende.", riss ihn der Mann einige Meter vor ihm aus denGedanken, er hatte sich erhoben und schaute skeptisch in seineRichtung, schützend vor seiner Beute positioniert.

Underground - Die Angst wartet in den SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt