Die, die mit den Drachen flog

Vorgeschichte

Die junge Frau kämpfte sich mühselig durch den bereits meterhoch gefallenen Schnee. Eiskalt fuhr ihr der Wind durch die schwarzen Haare in denen sich bereits die Schneeflocken sammelten. In ihren Armen hielt sie dicht an sich gedrückt ein kleines Bündel aus dem leises Wimmern drang. Sie wollte ihr Kind nicht aussetzen, doch es war schon schwer genug, für sie selbst Essen zu besorgen. Arm wie die Dame war, war man froh über jeden Brotkrumen den man fand. Schniefend kniff sie die Augen zusammen, um die Waldlichtung besser erkennen zu können. "Shh..", wisperte sie, "es ist nur zu deinem besten..." Jedoch war sie sich selbst nicht sicher, ob das Kind durchkommen würde. Nur selten wird jemand von den Kreaturen des Waldes akzeptiert und aufgenommen. Oft waren die Kleinen zu schwach, womöglich krank. Trotzdem hatte jeder, der ein Kind auf die Lichtung brachte, den einen Funken Hoffnung in sich, dass es durchkommen würde. Mit wie Espenlaub zitternden Händen wischte sie sich die mit Schnee verklebten Haarsträhnen aus dem blassen Gesicht. Verzweifelt leuchteten ihre mintgrünen Augen auf, als die Frau die Wärme ausstrahlende Waldlichtung vor ihren Augen sah. Diese war der einzige Ort, der, egal ob Sommer oder Winter, von hellen Sonnenstrahlen getränkt war. Die einzige Stelle, die zu jeder Jahreszeit wärmte, die egal wann für jeden zu Essen hatte. Bei der Lichtung angekommen, legte die Mutter hastig das Bündel ab, schlug die Kapuze ihres langen Mantels zurück und seufzte lächelnd. Sie hatte es geschafft. Ihr Kind war wohlbehalten angekommen. Erschöpft ließ sie sich neben das Baby ins weiche Gras fallen. Niemand würde die Ruhe stören können, nicht einmal das Röhren der heimischen Weißhirsche unterbrach die Stimmung nicht. Seufzend schloss sie die Augen, aus denen ein letztes mal warme Tränen flossen, und ließ sich in die Dunkelheit gleiten, die vor ihr lag...