Vor 4 Jahren

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Heute war Ethans und mein fünfter Jahrestag, der 21. Mai.
Ein Tag, mit dem ich so viele unglaubliche Erinnerungen verband und heute sollte eine weitere dazukommen, eine die unser ganzes Leben verändern sollte.

Aufgeregt ging ich ins Restaurant, in dem wir unseren Jahrestag feiern wollten. Das Geschenk war in meiner Jackentasche versteckt, während ich mir gedankenverloren über meinen Bauch strich. Ich konnte nicht mehr darauf warten ihm die Ultraschallbilder stolz zu präsentieren.
Ich war schwanger und das, von dem Jungen den ich über alles liebte.

Ich ging auf den Tisch zu, an dem Ethan schon saß und  aufstand als er mich sah. Zur Begrüßung küssten wir uns kurz, aber irgendetwas war anders. Er war anders, er war ruhig und ernst. Unser Kuss fühlte sich fremd an. Er lächelte nicht, sah ernst auf seine Hände. Wieso war er so nervös?
Leicht verwirrt legte ich meine Jacke, die ich mir kurz davor ausgezogen hatte, über den Stuhlrücken und setzte mich hin.

Dann fing ich wieder an zu grinsen, vor ungefähr einer Woche hatte ich erfahren, dass ich schwanger war. Unsere Pläne würden sich durch die unerwartete Schwangerschaft ziemlich verändern und ich wusste nicht genau wie er reagieren würde, aber er würde sich freuen, er musste sich einfach freuen. Wir hatten vor endlich zusammenzuziehen, da ich in ein paar Wochen meinen Abschluss hätte und somit anfangen würde zu studieren. Ich war zwar erst 18, aber es fühlte sich richtig an. Ich wäre natürlich gerne erst viel später schwanger geworden, aber jetzt war es ja irgendwie schon zu spät. Ethan würde ein toller Vater sein. Jedes mal verliebte ich mich ins neue in ihn, wenn ich ihn mit seinen kleinen Cousinen spielen sah.

Es herrschte lange Zeit Stille, bis der Kellner kam und unsere Bestellungen aufnahm.

„Und wie geht's dir?", fragte er mich dann. Smalltalk, komisch.

,,Gut, gut. Ich muss dir was sagen." Ich konnte einfach nicht länger warten, ich musste es ihn einfach sagen. Ich war viel zu ungeduldig.

„Ich muss dir auch was sagen", war seine Antwort.

„Ja sag." Ich hörte ihm gebannt zu und jeder seiner folgenden Worte fühlte sich an wie ein Messerstich.

,,Ich mache schluss." Die ersten Stiche in mein Herz.

„Joanna, heute sind wir seit fünf Jahren zusammen. Eine Beziehung, die wir als kleine Kinder gestartet haben und nun sieh uns an, wir sind Erwachsen. Du beendest jetzt die Highschool und ich hab fast mein erstes Studienjahr hinter mir. Unsere Beziehung so lange zu führen war ein Fehler." Tränen sammelten sich in meinen Augen und mein Herz schmerzte. Passierte das gerade wirklich?

,,Denn ich fühle schon seit langem nichts mehr für dich, ich glaube, dass ich nie etwas für dich empfunden habe und möchte es dir auch nicht weiter vorspielen. Wir waren Kinder, Joanna, was sollen wir schon von Liebe wissen", er lachte ironisch auf. Mein Herz fühlte sich mittlerweile an wie eine klaffende Wunde. Tränen liefen mir vereinzelt übers Gesicht und ich wischte sie schnell weg. Fünf Jahre soll er mir vorgespielt haben? Die fünf Jahre, in denen ich so glücklich war, sollen ihm nichts bedeutet haben?
,,Wieso dich, wenn ich alle haben kann? Diese Frage geistert mir schon seit Wochen im Kopf rum. Du warst 13, ich war 14. Wir hatten nie Kontakt zu anderen Leuten, wer weiß ob du dich nicht in jemand besseres verliebt hättest. Ich wollte es hier und jetzt, kurz und knapp machen, bevor ich dich an einem anderen Tag noch mehr verletze. Es tut mir wirklich Leid, aber es ist vorbei." Wow. Er verließ mich einfach. Nach fünf Jahren Beziehung wollte er weismache, dass er rein gar nichts für mich empfunden hat?! Das glaubte ich einfach nicht. Das konnte alles nicht vorgespielt sein.

Ich schluckte schwer und öffnete meinen Mund, ich wollte ihn anschreien, ihn beleidigen. Er hat mir einen der wichtigsten Tage in meinem Leben zerstört und nie könnte ich diese Worte vergessen. Er liebte mich gar nicht, hat mich nie geliebt. Alles war eine Lüge. Jede einzelne Erinnerung nicht wahr. "Wieso dich, wenn ich alle haben kann", diese Worte brannten sich in mein Gehirn ein. Wiederholten sich immer und immer wieder.
Ethan stand auf und nahm seine Jacke. Er legte ein paar Scheine auf den Tisch und sah mich dann noch ein letztes Mal an. Sein Blick war kühl und jagte mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Er ging bis zum Ausgang und drehte sich dann doch noch ein letztes Mal um und ich meinte Tränen in seinen Augen gesehen zu haben. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Doch dann verschwand er und ließ nur unsere gemeinsamen Erinnerungen zurück.

Mir schmerzte alles. Mein Körper, Kopf, doch am meisten mein Herz.
Ich wollte nach ihm rufen, sagen dass ich ihn liebte, dass ich schwanger war und noch so viel mehr, aber meine Stimme gehorchte mir nicht. Sie war in diesem Moment einfach nicht da und so erfuhr er bis zu diesem einen Zeitpunkt nicht, dass er Vater war. Er verließ uns und ließ mich mit einem gebrochenen Herzen zurück.

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