Stille Träume // Jan Meyer / WAR: DREAM STORY

1 // Amnesia

Ich parke meinen Wagen in der Tiefgarage neben dem Haus, in dem ich zukünftig wohnen werde. Ich steige aus, gehe um das Auto herum und öffne den Kofferraum. Viel habe ich nicht dabei. Naja, soll ja auch ein Neuanfang werden. Ich nehme meine beiden Rollkoffer und sperre das Auto ab. Dann begebe ich mich, die Koffer hinter mir her ziehend zum Fahrstuhl, der nach oben ins Haus führt. Ich drücke den Knopf mit den Buchstaben "EG" drauf und die Türen schließen sich langsam. Sie sind noch nicht ganz geschlossen, da streckt sich eine Hand durch den Spalt und die Türen gleiten wieder auf. Ein junger Mann, vielleicht etwas älter als ich, quetscht sich zu mir und meinen beiden Koffern in die Kabine. Er sieht nett aus. Irgendwoher kenne ich dieses Gesicht. Wow, er sieht gar nicht mal so schlecht aus. Er lächelt mich freundlich an. Ich grinse unsicher zurück. "Oh hi.", sagt er plötzlich. "Hey...", stottere ich überfordert. Ich beiße mir auf die Zunge. Ich muss selbstsicherer wirken! Der Fahrstuhl ist oben angekommen. Er geht nach draußen in den Hausflur und hilft mir meine übergroßen Koffer herauszuzerren. Wow, ein richtiger Gentleman! "Danke.", sage ich bloß, total perplex. "Nichts zu danken.", zwinkert der Typ und geht auf einen Treppenabsatz zu. Dort dreht er sich noch einmal um und grinst mich frech an. "Bis dann." Mit diesen Worten läuft er die Treppen nach unten und ich höre einen Schlüssel klappern und eine Tür laut zufallen.

Ich fahre in meinem Bett hoch. Was war das denn? So etwas habe ich noch nie geträumt. Noch nie so etwas normales... schönes... Ich greife neben mein Kopfkissen nach meinem Handy. Ich aktiviere den Sperrbildschirm. Meine Augen blinzeln auf das Foto von mir und meiner Freundin Paulina. Eigentlich kann man sagen Paulina ist meine beste Freundin... Aber auch nur weil ich außer ihr niemanden habe. Wir stehen Arm in Arm in ihrem Zimmer. Vor ihrer mit Fotos übersähten Wand. Ich habe sie nie gezählt, doch auf einen Blick sind es locker 100 Stück. Der Großteil sind Screenshots aus Videos ihrer Lieblings YouTuber. ApeCrime. Ich konzentriere mich wieder auf uns im Vordergrund und betrachte mein abgebildetes Gesicht. Wie glücklich ich da nur aussehe. Ich werde immer besser darin, mein Lachen zu spielen.