Zweifel

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»Verdammt er sieht auf einmal so erwachsen aus.«

Dieser Gedanke war jedes Mal durch Sabines Kopf geschossen, wenn sie Ezra in den letzten paar Monaten zu Gesicht bekommen hatte. Und sie verfluchte sich innerlich dafür, dass ihr Herz jedes Mal einen Schlag übersprang, wenn sie ihm in die Augen sah. Der kleine Junge von Lothal war nun erwachsen geworden. Und sie konnte nicht leugnen, dass ihr das irgendwie gefiel.

Jetzt durfte er sie aufziehen. Er war ihr total über den Kopf geschossen. Jetzt war sie die "Kleine". Auch wenn es sie immer wieder ärgerte, dass er das auch tatsächlich tat, mochte sie es doch irgendwie. Sie genoss es, dass er so anders war, und doch irgendwo da drinnen noch der alte Ezra steckte, der sich für ihre Aktionen vergeblich zu rächen versuchte. Sie nahm es ihm allerdings nie wirklich übel, was ihn für seinen Teil fast noch ärgerlicher machte als sie.

Immer wieder musste sie sich zwingen, den Blick abzuwenden, bevor ihm auffiel, dass sie ihn anstarrte. Noch dazu ertappte sie sich immer häufiger dabei, dass sie sich fragte, wie wohl seine Lippen schmeckten.

»Das muss aufhören verdammt!«

Im nächsten Moment schenkte er ihr wieder dieses typische, freche Grinsen, und sie schmolz dahin.

»Sabine, komm zu dir! Was ist denn los mit dir?!«

Eigentlich wusste sie genau, was los war. Sie hatte mit Ketsu, ja, selbst mit Kanan darüber geredet. Und es gab nur eine logische Erklärung, warum sie sich so vollkommen irrational benahm. Und diesmal hatte sie nichts, mit dem sie sich hätte herausreden können. Sie war weder krank, noch verletzt, noch besorgt, noch wollte sie jemand anderen damit ärgern. Sie war ja nicht mal müde. Als sie so darüber nachdachte, wurde ihr bewusst, wie lange dieses Gefühl sich schon im Inneren ihres Herzens befunden hatte und wie oft sie jede nur erdenkliche Ausrede benutzt hatte, um es vor sich selbst zu leugnen.

„Ich liebe Ezra Bridger.", flüsterte sie und als sie so in ihrem Bett lag und auf das Graffiti an der Wand starrte, wusste sie, dass es stimmte.

Dumm nur, dass er sie nur auf seine unschuldige, kindliche Weise geliebt hatte, die er nach Malachor verloren hatte. Er schottete sich ab. Und so sehr sie diese erwachsene Art an ihm mochte, so sehr vermisste sie auch diese kindische, liebenswerte Seite an ihm. Es tat weh zu sehen, dass er litt, ohne je mit jemandem darüber zu reden. Das der Krieg den kleinen Jungen von Lothal immer mehr zerstörte, innerlich wie äußerlich. Und sie hatte Angst, davor, dass irgendwann vielleicht nichts mehr von dem übrig bleiben würde, was sie so an ihm liebte.

Es gab gute Momente, in denen sie sich fast zu hoffen traute, dass er beinahe wieder der alte war. Aber es gab auch Momente, in denen sie nicht wusste, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Er war kalt, abweisend, nur auf sich selbst und das Ziel der Mission konzentriert. Egal um welchen Preis. Oder zumindest wirkte es für sie so. Er gab sich selbst die Schuld für das, was passiert war, obwohl das niemand sonst tat. So gerne hätte sie ihn aufgemuntert, ihm geholfen, das irgendwie durchzustehen.... und es tat ihr im Herzen weh zu wissen, dass sie genau das nicht konnte. Das niemand das konnte, außer ihm selbst. Das er das irgendwie verarbeiten musste bevor er sich helfen ließ.

»Typisch Wren. Du hast das kolossal schlechteste Timing aller Zeiten.«, hörte sie Ketsu in ihrem Hinterkopf sagen.

Das schlimmste daran war, dass sie absolut recht hatte. Sabine hatte so lange gebraucht, vor sich selbst zuzugeben, dass sie Ezra tatsächlich liebte, dass er inzwischen vergessen hatte, was er mal für sie empfunden hatte. Oder zumindest schien er eben das zu versuchen. Und sie wurde den Gedanken nicht los, dass sie bereits ihre Chance gehabt hatte, nur um sie wieder und wieder zu verspielen. Dass es vielleicht bereits zu spät war.

„Ich weiß ich hab's komplett vermasselt Ezra Bridger. Ich hätte mit dir reden müssen. Schon nachdem du mir auf Santeras das Leben gerettet hast, nachdem du dich so liebevoll um mich gekümmert hast, oder spätestens nach Cholgana. Aber das habe ich nie. Ich konnte nicht. Und vielleicht werde ich das auch nie können. Tut mir leid.", murmelte sie, ohne mit jemand bestimmten geredet zu haben.

Wäre das jetzt einer dieser typischen, bescheuerten Liebesfilme gewesen, hätte er jetzt wahrscheinlich vor der Tür gestanden, gelauscht, wäre rein gekommen und hätte sie geküsst. Aber so lief das im wahren Leben nunmal nicht. Im wahren Leben saß sie weiterhin allein im Zimmer, und dachte darüber nach, ob es vielleicht anders gewesen wäre, wenn das Imperium nicht existiert hätte. Momentan fing sie an, daran zu zweifeln, ob irgendeiner von Ihnen, in der ganzen Rebellion, überhaupt eine Zukunft haben würde... von einer gemeinsamen Zukunft ganz zu schweigen.





A/N: Okay, hier ein kleiner Oneshot zu Ehren vom Start von Staffel drei, ohne massiv zu Spoilern. Diese Geschichte gehört ebenfalls in meine Geschichtenreihe und spielt kurz nach "ein bisschen näher"

Würde mich freuen, wenn ihr mich wissen lässt was ihr denkt.

LG, Snips

ZweifelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt