Prolog

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Keuchend lief ich durch die schwach beleuchteten Gassen. Meine Atmung hörte sich röchelnd an und die kalte Luft machte es fast unmöglich meine Lungen zu füllen. Meine Beine fühlten sich an wie Blei und ich musste mich an den Mauern stützen, damit sie nicht unter mir wegknickten. Meine Sicht war unklar. Verschwommen von den vielen Tränen, die meine Wangen hinabliefen, gefolgt von Schluchzern, die meine Kehle verließen.

Doch ich lief weiter, so lange bis mein Weg von einer brüchigen Mauer versperrt wurde.

Eine Sackgasse.

Ich lehnte meinen pochenden Kopf gegen das kalte Gewölbe und ließ mich vorsichtig nach unten gleiten. Die Schluchzer ließen meinen gesamten Körper beben, der bereits vor Kälte zitterte.


Du mieses Arschloch

Wie konntest du nur...


Diese Worte verließen meine Lippen. Das dachte ich zumindest, doch alles was zu hören war, war ein schmerzerfülltes Keuchen. Nässe zog sich über meine Beine, von der ich dachte es wäre Blut. Doch als ich versuchte mich an der Mauer wieder nach oben zu ziehen, bemerkte ich, dass es nur eine Pfütze war, in der ich kniete.

Meine Beine waren zu schwach um das Gewicht meines gesamten Körpers zuhalten und so fiel ich erneut auf den steinigen Boden unter mir. Das Schluchzen war langsam verebbt und ich legte leise weinend meine Arme um die nassen Beine. Mein Gesicht vergrub ich in meinen Knien und ich versuchte krampfhaft nicht loszuschreien.


Wer würde schon soeine dumme Schwuchtel wie dich lieben", sein hämisches Lachen bohrte sich tief in mein Herz und hinterließ ein klaffendes Loch. Seine Stimme schmerzte in meinen Ohren und ich bemerkte wie mir die Tränen in die Augen schossen.

Va te faire foutre, pédé*!"


Auch wenn ich fast kein Französisch konnte, zog sich bei diesen Worten alles in mir zusammen und ein weiterer Heulkrampf strömte wie eine Welle durch meinen Körper.

Ich musste aufstehen. Ich musste wieder zurück, bevor es völlig dunkel war.

Vergeblich versuchte ich mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, doch sofort breiteten sich Neue den Weg durch meine Augen nach draußen. Wie in Zeitlupe richtete ich mich an der Wand auf und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Gefährlich schwankend trat ich aus der Gasse und versuchte zu erkennen wo ich war.

In alle Richtungen sah ich mich um, doch das Einzige was zu sehen war, waren alte, renovierungsbedürftige Gebäude, durch welche schmale Passagen führten.

Ich hatte mich verlaufen.

Verzweifelt stolperte ich durch die Gebäude hindurch, die Augen offen nach irgendetwas Vertrautem. Doch da war nichts. Nur weitere Gassen, die immer tiefer ins Nichts führten.

Ich blickte nach oben in der Hoffnung den Eiffelturm oder sonstige Lichter zu erblicken, doch man erkannte nichts. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben. Die Sonne war bereits verschwunden und keinen Stern am Himmel konnte ich entdecken.

Mit dem Gedanken, dass ich elendig in einer modrigen Gasse sterben würde, wollte ich mich nicht anfreunden. Das Handy hatten sie mir vorher abgenommen, doch irgendwie würde ich hier schon wieder wegkommen. Mit neuer Motivation stapfte ich weiter.

Ein Keuchen ließ mich abrupt innehalten.

Erst dachte ich es kam von mir, doch ich vernahm es seitlich an meinem rechten Ohr. Mein Blick wanderte in die Richtung des ekligen Geräusches, welches mir eine Gänsehaut bereitete. Keuchen und Stöhnen drang an mein Ohr und ich wich zurück. Mein Magen drehte sich um und ich hatte das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen bei dem Anblick, der sich mir da anbot.

Zwar konnte ich nur die Schatten erkennen, aber ich war mir sicher einen Mann zu sehen, der sich gerade mit einer Frau in einer Nische vergnügte. Sie räkelte sich um den Mann und sprach leise französiche Worte unter Stöhnen und Keuchen zu ihm.

Während ich rückwärts ging, stieß ich plötzlich an die Wand hinter mir und schrie erschrocken auf. Das Keuchen der Liebenden verstummte und der Mann sah genau in meine Richtung.

Wütende Worte, die ich nicht verstand, wurden nach mir gerufen, doch ich rannte bereits völlig geschockt um mein Leben. Die zornigen Rufe des Mannes wurden von meiner lauten Atmung überdeckt. Langsam wurde mir schwindlig und verlor beinahe das Bewusstsein, als ich plötzlich gegen etwas weiches lief.

Schwarze Punkte tanzten vor meine Augen und ein fester Griff schloss sich um meinen Hals.

Ich war mir sicher, dass ich jeden Moment sterben würde. Geschwächt von den ganzen Erlebnissen dieser Nacht versuchte ich mich erst gar nicht loszureißen

Auch wenn du mich hasst, würde ich dir gerne
noch einmal sagen, wie sehr ich dich liebe.
Wie viel du mir bedeutest.
Wie glücklich du mich in der kurzen Zeit gemacht hast.
Auch wenn du mir das Herz gebrochen hast, ich liebe dich...

Ein Klicken neben meinem Ohr ließ das Blut in meinen Adern gefrieren. Es hörte sich an wie das Laden einer Pistole und als ein Schuss ertönte, wurde alles um mich herum schwarz und der Boden wurde unter meinen Füßen einfach weggezogen.

Gestorben in einer modrigen Gasse in Frankreich.

Würde das auf meinem Grab stehen?

Meine Mutter würde sicher weinen.

Und Helen erst.

Ich hatte mich doch so gefreut auf diese Reise.

So sollte ich also enden.

Aber vielleicht sollte ich euch vorher noch erzählen, wie es zu all dem gekommen ist.

***

*va te faire foutre, pédé: Verpiss dich / Fick dich, Homo.

Dazu möchte ich noch kurz anmerken, dass ich keine Ahnung von Französisch habe, weil ich in der Schule nur Latein und Spanisch habe. Französische Sätze, die ich in diese Geschichte miteinbringe (hoffentlich nicht allzu viele) sind alle in Google und anderen Übersetztungswebsiten nachgeschlagen. Falls sie also falsch sind, würde ich mich freuen, wenn jemand, der Französisch sprechen kann, mich darauf hinweisen würde. Ehrlich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 03, 2016 ⏰

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