Kapitel 3

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Drittes Kapitel:

Als ich endlich draußen war, suchten wir zuerst unser Gepäck und ich freute mich Malibu wieder in die Arme schließen zu können. David rollte schon Richtung Ausgang, als ich Malibu begrüßte und ich musste ihm hinterherrennen. Jetzt wollte ich endlich alles wissen. Kurz vor dem Ausgang holte ich ihn endlich ein. David war manchmal schneller als man dachte. Um den Ausgang nicht zu blockieren quetschte ich mich mit ihm durch die Tür, zusammen mit einem kleinen Mädchen und einem Rudel chinesischer Touristen, die alles und jeden fotografierten. Draußen auf dem Platz wollte David schon ein Taxi nehmen, doch ich hielt ihn am Arm fest und er drehte sich zu mir um. „Ich steige ihn kein Taxi ein, solange du mir nicht erzählst was eigentlich läuft.“ Ich stelle mich vor ihn hin und demonstrierte meine Entschlossenheit.

„Wir haben keine Zeit, wir müssen los“ Ich konnte seine Ausflüchte schon nicht mehr hören. „Sag mir alles und zwar jetzt! Außerdem, wieso sollten wir keine Zeit haben?“ Die Wut in meiner Stimme konnte und wollte ich nicht unterdrücken. Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Ich hasste es böse auf andere Menschen zu sein. Ich tippte mit meinen Zehen ungeduldig auf den Boden und verschränkte meine Arme. Mein Blick hätte wahrscheinlich eine ganze Armee zu kleinen verängstigten Kindern werden lassen. „Wenn du mir nichts sagst, fliege ich mit dem nächsten Flieger zurück nach Hause. Ich habe nämlich keine Lust wie ein dummes Huhn hinter dir herzulaufen und nicht zu wissen wohin.“ Er schien zu überlegen, was er sagen sollte. Na endlich!

„Wo fang ich nur an?“

„Am besten am Anfang“

„Also wir fahren mit dem Taxi zu einem Gebäude das sich „La casa di cancello“ nennt.“ Er verstummte wieder. Als er nicht weiterredete fragte ich ihn. Wobei ich auch in diese Worte meine ganze Wut legte: „Ernsthaft, das ist alles, was du mir zu sagen hast?!“ „Setzt dich mal auf die Bank. Darf ich dir eine Frage stellen?“ Ich nickte genervt von seinem Verhalten und dann setzte ich mich ihm gegenüber. Mein Mörderblick blieb. „Glaubst du an Wunder?“

„Ist das jetzt 'ne philosophische Frage, oder hast du mich jetzt ganz ernsthaft gefragt, ob ich an Magie glaube? Denn nein eigentlich nicht, wieso sollte ich? Und was soll das hier eigentlich? Du schleppst mich an meinem Geburtstag weg von zu Hause ohne mir zu sagen wohin und der Grund ist ja wohl alles andere als glaubwürdig. Denkst du ernsthaft ich falle auf so einen Scheiß rein? Wieso?“ Malibu wurde schon langsam ungeduldig in seinem Korb und miaute, um sich bemerkbar zu machen. „Sag mir endlich einfach die Wahrheit und wenn du mir jetzt nicht in zehn Sekunden sagst was Sache ist mache ich die Düse und du hast mich das letzte Mal gesehen, für eine lange Zeit. Denn ich habe keine Lust mit jemandem befreundet zu sein der mich nur belügt. Egal wie lange wir uns schon kennen, ich meine…“ Ich konnte nicht mehr weiterreden, David beugte sich zu mir und plötzlich wusste ich nicht mehr was ich sagen wollte. Die letzten Worte flüsterte ich fast nur noch und der Hass war meiner Stimme kaum noch anzumerken. Dann küsste er mich. Es war nur ein Kuss auf die Wange, aber er elektrisierte meinen ganzen Körper. Das flaue Gefühl in meinem Magen breitete sich aus. Und genauso schnell wie seine Lippen gekommen waren gingen sie auch wieder.

Ich konnte ihn nur anstarren, dass hatte ich nicht erwartet. Die Worte blieben mir im Hals stecken, als er mich neugierig musterte. Dann zog er mich bei der Hand zu einem Taxi. Überrumpelt von seinem Kuss konnte ich mich nicht dagegen wehren. Wieso küsste mich David? Wir waren Freunde seit Kindertagen, aber Verliebte? Das flaue Gefühl in meinem Magen weitete sich weiter aus und fühlte sich nun eher wie leichte Schmerzen an. Ich bemerkte kaum, wie er mich ins Taxi zog, so versunken war ich in meine Gedanken. Wie sollte ich mich jetzt David gegenüber verhalten? Seine Gefühle erwidern? Ihn abweisen? Ich wusste doch selbst nicht, ob ich das gleiche fühlte. War er in all den Jahren schon zu mehr als einem einfachen Freund geworden?

Plötzlich durchzuckte mich ein grausamer Schmerz und ich krümmte mich zusammen. Das flaue Gefühl im Magen, wurde zu einem Meer aus Qualen. Ich konnte nicht mehr richtig Hören, geschweige denn Sehen, was sich um mich herum abspielte. Doch genauso schnell wie der Schmerz gekommen war, verschwand er auch wieder. Zurück blieb leichte Übelkeit und das Gefühl von lauter aggressiven Schmetterlingen in meinem Magen. Jetzt erst bemerkte ich, dass David seinen Arm um mich gelegt hatte und leise fluchte. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Er wies den Taxifahrer an, schneller zu fahren. Mit ein bisschen Bestechungsgeld hatte dieser auch nichts mehr dagegen einzuwenden.

„Das ist sicher nur irgendeine Grippe oder so, er braucht nicht schneller zu fahren“, versicherte ich David. Mit einem ernst in der Stimme, den ich nicht mal meinem Vater, oder so, zugetraut hätte, sagte er: „Das ist ganz bestimmt keine Grippe und wenn wir nicht schneller zum Tor kommen, verlierst du deine Kräfte.“

Dieser Satz war eindeutig, sickerte aber trotzdem nur langsam in meinen Verstand. „Von welchen Kräften sprichst du verdammt noch mal?“ Ich schrie sie so laut, dass sogar der Taxifahrer hinter der durchsichtigen Trennwand merklich zusammenzuckte. Jetzt hatte ich David erwischt. Er machte sich in seinem Sitz ganz klein, als ob er mir dadurch davonlaufen könnte. Dave hatte sich verplappert. „Ich darf es dir nicht erklären“, brachte er mühsam hervor, als ob ihn jedes Wort, jeder Buchstabe schmerzen würde. Erneut durchzuckte mich ein heftiger Schmerz. Woher kamen nur diese verfluchten Schmerzen? David wurde zu einem hellen Schemen der sich vom grau des Taxis absetzte. Aber ich konnte nicht mehr erkennen, ob er lächelte oder weinte oder sich sogar Sorgen machte. Auch wenn ich es erkannt hätte, wäre die Information nie in meinem Gehirn angekommen. Meine Gedanken waberten wie zähflüssiger Honig durch meinen Kopf und verhinderten, dass ich mich auf irgendetwas konzentrieren konnte. Ich hörte nur noch dieses dauernde Surren in meinen Ohren. Überall in meinem Körper krampften sich meine Muskeln zusammen und ich wollte schreien, aber kein Ton verließ meine Lippen. In mir tobte ein Sturm, doch ich blieb stumm wie ein grüner Wald im Gebirge. Das surren in meinem Kopf lies wieder etwas nach, aber ich wagte noch nicht zu hoffen, dass es ganz aufhörte.

Wie in Zeitlupe sickerte in mein Gehirn, die Information, dass mich David aus dem Taxi gehoben hatte. Er trug mich steinerne Stufen empor und stürmte in ein riesiges Gebäude. Die Welt um mich herum nahm ich nur noch verschwommen wahr. Hin und wieder klärte sich mein Blick für kurze Zeit und ich konnte erkennen wo ich mich befand, aber mein Gehirn nahm die Informationen nur noch in Zeitlupe auf. Viel mehr spürte ich die Schmerzen in meinem Körper und die Erschütterungen, die Dave verursachte als er mich in das Gebäude trug.

David trug mich auf ein großes Tor zu. Das Tor hatte zwar Muster wie im Mittelalter, aber die Farben leuchteten, als wäre das Tor frisch gestrichen.

Die Tür war mit handgemachten Schnitzereien versehen. Schnörkel wanden sich über das Tor, doch bevor ich es länger betrachten konnte fiel ich schon in einen dunklen Schlaf.

-Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, dann wähle ich den Schmerz.-

Darkmoon - chronicle of a foreign empireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt