Ein schlechtproduzierter Horrorstreifen

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Sofort stieg der widerliche Duft von Urin in die Nase. Diese Scheiß-Penner, müssen hier überall urinieren. Wahrscheinlich waren es nicht mal unsere Obdachlosen, sondern die Kanaken aus Syrien, Afghanistan und Pakistan. Fehlt bloß noch, dass die Pisse so heiß ist, dass die mit einem Werbegeschenk-Feuerzeug von EDEKA rumspielen und die ganze U-Bahn-Station in die Luft fliegen lassen. Jesus Maria! Wenn ich eins gut konnte, dann lästern. Bei der Flüchtlingsproblematik, wie es die Politik so schön nennt, besonders leicht. Meine Mutter hatte mal ein internationales Frühstück im Kulturhaus Berlin organisiert. Dass die den ganzen versauten, kriegsgestörten Typen noch hilft, war mir unbegreiflich.

Mir war kalt. Scheißkalt. Je tiefer mich die Unterführung verschluckte, desto ängstlicher wurde ich. Meine Gedanken spielten komplett verrückt. Was wäre, wenn die Lampen jetzt ausfielen? Oder durch einen Unfall das komplette U-Bahn-Netz zusammenbricht? Oder ich von einem Penner vergewaltigt, ausgeraubt oder gefangen werde? Nicht so negativ und pessimistisch denken, alles wird gut. Du gehst jetzt hier durch, steigst in die in wenigen Minuten kommende U-Bahn, trittst am Emanuel-Schikaneder-Platz aus, gehst die hundert Meter nach Hause, schminkst dich ab und lässt dich todmüde ins Bett plumpsen.

Langsam ging ich die letzten Stufen in meine kleine nächtliche Hölle hinunter. Ich steckte meine Jahreskarte in den Schlitz des Drehkreuzes. Nach wenigen Sekunden blinkte das Lämpchen rot auf. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Jedes Mal funktioniert der Scheiß, doch ausgerechnet heute spinnt er total. Was soll ich denn jetzt machen? Nach einigen weiteren erfolglosen Versuchen, hatte ich die Faxen dicke und quetschte mich unter dem Drehkreuz durch. „Ej du da, hast du noch net gemerkt, das wir in einer Welt leben, wo nichts mehr kostenlos ist. Dat is doch 'ne Frechheit, einfach so hindurch zu schlüpfen, geh gefälligst zurück und wenn es wieder nicht geht, musste abhauen.", schallte es plötzlich von der Haltestelle. Da stand doch tatsächlich ein verwahrloster Penner, der nachts nichts Besseres zu tun hatte, als Leute zurechtzuweisen und vergammelte Bierflaschen aus dem Mülleimer zu ziehen um sie anschließend beim Leergutautomaten abzugeben. Ich war sofort in Rage. „Entschuldigen Sie, was soll ich denn machen, wenn die Technik versagt? Zum U-Bahn-Informationscenter am Alex fahren, und auf einen Techniker warten? Nachts um viertel nach zwei? Sicher, sicher.", schrie ich ihm beinahe ins Gesicht. „Werd mal nicht frech. Wenn dich 'nen Kontrolleur erwischt, biste dran. War ja bloß 'ne Warnung. Na denn, schönen Abend noch." Er steckte eine letzte Berliner Pilsner- Flasche ein, und schlürfte mit seinen abgelatschten Gummistiefeln den Weg zurück, den ich gekommen war. „Nur Idioten auf dieser Welt", dachte ich und schüttelte wie verrückt den Kopf.

Ich schaute zum letzten Mal in die Richtung des Obdachlosen, guckte ihm nach und drehte schlussendlich meinen Kopf wieder in Richtung Bahnschiene. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Werbeplakat.

Heißer als die Polizei erlaubt!

Ab in den Urlaub – Mallorca, schon für 199 Euro, Flug inklusive.

Exklusivangebot für Studenten.

Träumerisch und total im Urlaubsfieber las ich mir das Angebot durch. Ach, was würde ich nur für diesen Urlaub geben... Einfach alles, antwortete ich in Gedanken.

Ein flüchtiger Blick zur Anzeige sagte mir, dass die U-Bahn in zwei Minuten einfährt. Da plötzlich meine Blase drückte, rannte ich wie wild zur Toilette. Dieser verfluchte Alkohol! Aber die Bahn musste ich unbedingt schaffen. Nach dieser wurde der Fahrbetrieb für zwei Stunden eingestellt, erst in den frühen Morgenstunden ging es wieder los. An der Toilette angekommen, schlug ich die von Graffiti geprägte Metalltür auf und sprintete in eine Kabine hinein. Zügig entleerte ich meine Blase, rannte wieder heraus an das Waschbecken.

Gerade als ich meine eingeseiften Hände unter den Wasserstrahl halten wollte, flackerte und verdunkelte sich das Licht der Neonleuchten über meinem Kopf. Verdammt... Ich fühlte mich wie in einem persönlichen, sehr schlechtproduzierten Horrorstreifen. Gleich springt ein Clown aus der Kabine und überfällt mich, schmunzelte ich leicht über meinen verrückten Gedankengang. Plötzlich befand ich mich in völliger Dunkelheit wieder. Holy Shit! Jetzt war es aus und vorbei. Gerade wollte ich fast automatisch aus dem WC heraustreten, denn man spürte schon die Vibration der U-Bahn am Boden. Scheibenkleister. Meine Hand war schon fast an der Türklinke, als ich ein merkwürdig duftendes Etwas in meiner Mundhöhle spürte. F U C K ! Da war jemand mit auf dem Klo. Mir wurde auf einmal richtig schlecht. Ein fürchterlich stinkender Geruch vernebelte all meine Sinne. Nur mit starker Konzentration bekam ich gerade noch so mit, wie mir die Hände hinter dem Rücken gefesselt wurden. Ein stechender Schmerz durchfuhr mein Handgelenk. Danach hörte ich bloß noch ein Schleifen am Boden und das Zuknallen einer Tür, anschließend ein schreckliches Geräusch von zerrissenem Stoff. Dann wurde alles schwarz.


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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 10, 2016 ⏰

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