Alive || Louis Tomlinson

» Chapter 01

Die Zeit vergeht wie im Fluge, über diese Tatsache war ich mir vollkommen bewusst. Man sollte daher sein Leben in vollen Zügen genießen, und das tat ich, ohne groß darüber nachzudenken. Aber ehe man sich versieht, ist auch schon der beste Teil vorbei, so wie auch ich es erleben musste.

Die Kirche war gefüllt mit dunkel bekleideten Menschen. Eine undefinierbare Stimmung lag in der Luft, aber ich konnte spüren, dass ein Großteil der Leute hier angespannt war. Besonders ich hatte es nicht einfach. Ständig kamen Menschen an und sprachen mir ihr Beileid aus. Ich war es Leid, daran erinnert zu werden, dass mein Bruder fort war und nie wieder kommen würde. Und dass ich an seinem Tod schuld war, machte die gesamte Situation nicht besser. Ich war wütend auf mich selber und zur gleichen Zeit auch enttäuscht. Wie konnte ich mich nur so hängen lassen? Zayn zahlte den Preis für meinen Fehler. Ich allein war schuld an seinem Tod.

Die Menge hatte sich allmählich beruhigt, als der Pfarrer einen Schritt nach vorne trat. Die Leute fanden langsam ihren Weg zu ihren Plätzen und auch die Lautstärke verringerte sich innerhalb der kleinen Kirche. Ich saß vorne in der ersten Reihe bei meinen Eltern, mein Blick war an den Sarg gefesselt. Links und rechts stand jeweils ein großer Korb voller Blumen. Auf der linken Seite stand zusätzlich ein staffeleiähnliches Gerüst mit einem Bild von Zayn. Ich durfte das Bild von ihm aussuchen und natürlich entschied ich mich für mein Lieblingsbild von ihm. Dieser Moment galt ganz allein ihm.

"Wir haben uns heute hier versammelt, um einem jungen Mann seine letzte Ehre zu erweisen. Zayn Jawaad Malik ist von uns gegangen. Möge seine Seele in Frieden ruhen."

Zayn war tot und ich am Leben. Ich war bei ihm, als er starb. Ich habe dabei zugesehen, wie alles Lebendige aus seinem Körper entwichen ist. Ich war der Grund, warum er nur 20 Jahre alt geworden ist.

"Wo bleibt er denn?" Nervös rieb ich mir die Hände, während ich immer wieder von einer Seite der Bank zur anderen lief. "Er müsste schon längst draußen sein! Wieso ist er immer der Letzte, der sein Zeugnis bekommt?" - "Beruhige dich, Mel. Ich wette er kommt gleich." Behutsam strich mir Perrie über den Rücken. "Du kennst deinen Bruder, er lässt einen gerne mal warten." Unauffällig zwinkterte sie mir zu. "Ja", lachte ich. "Und er bringt einen somit noch komplett um den Verstand." Perrie stimmte mit in mein Gelächter ein. Eine Reihe perfekter, weisser Zähne kamen zwischen ihren pinken Lippen zum Vorschein. Zayn hatte wirklich Glück, dass er eine so wunderschöne und vorallem nette Freundin gefunden hatte. Immerhin gab es eine nette Person in seinem Freundeskreis. "Du machst dir einfach viel zu viele Sorgen, Mel", unterbrach eine unverwechselbare Stimme unser Gelächter. Ein Paar blaue Augen erschien hinter Perries Rücken und musterten mich interessiert. Zählt man beides zusammen, so war die Kombination einmalig. Es handelte sich eindeutig um Louis. "Du solltest dir eher Sorgen darum machen, ob du heute Abend mal wieder betrunken flachgelegt wirst." Ein amüsiertes Grinsen zierte sein Gesicht, während er mich weiterhin anschaute. Wut stieg in mir auf. Ich hatte damals auf seiner Party einen Fehler begangen und Louis stellte mich sofort als eine Schlampe dar. Dabei war er derjenige, der mich gevögelt hatte. Ich wusste, dass er mich nicht mochte und es war mir.. egal. Ich selber konnte Louis auch nicht ausstehen, aber er war nun mal der beste Freund von Zayn. Wir beide hatten eindeutig viel zu viel Alkohol intus gehabt und das war die Folge. Shit happens. "Du bist so ein Arsch", entfiel es Perrie, ehe ich Louis eine Antwort geben konnte. Offensichtlich konnte sie ihn auch nicht leiden. "Kann ich nicht leugnen. Aber ich vertrage immerhin etwas." Und da war sie wieder. Louis lachte kurz auf und weckte somit in mir den Drang, ihm den Hals umzudrehen. Diese Erinnerung an meinen Fehler. Anstatt groß zu kontern, hob ich meine Hand und zeigte ihm provokant meinen Mittelfinger. Diese Geste war zwar einfach, sagte aber genügend aus. Louis war das perfekte Beispiel für den verdorbenen Teil von Zayns Freundeskreis. Und zu meinem Glück, durfte ich fast jeden Tag mit Louis verbringen. Hach, ist Ironie nicht etwas Tolles? "Nicht so frech, Mel. Sonst muss ich dir noch Manieren beibringen. Oder ganz andere Sachen." Er grinste mich weiterhin an, als er diese unmoralische Andeutung machte. Louis war nicht nur ein Arsch, sondern auch einfach nur widerlig und abstoßend. Ich verdrehte genervt meine Augen und widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Schultor. Es dauerte nicht lange bis Zayn endlich auftauchte. In seiner rechten Hand hielt er angespannt sein Zeugnis. "Und?", fragte ich nervös, als er uns erreichte. Sein Kopf war gesenkt, sein Blick auf den Boden gerichtet. Stumm hielt er mir das weiße Blatt Papier hin. Ich ahnte das Schlimmste. Ich nahm ihm das Zeugnis ab und warf einen Blick auf seine Noten. Meinen Augen weiteten sich, als ich ich diese einfachen acht Buchstaben sah. Versetzt. Erleichtert atmete ich auf und schlug ihn hart gegen den Arm. "Meine Fresse, Zayn! Ich dachte schon, du wärst sitzen geblieben!" Er stöhnte kurz auf, bevor er zum Lachen überging und sich dabei seinen Arm rieb. Perrie klatschte fröhlich in die Hände und fiel Zayn dann um den Hals. Lippen trafen aufeinander und schon waren Louis und ich kein Thema mehr. Die Beiden waren wirklich ein tolles Paar. Ich wollte sie nicht unnötig stören und griff unauffälig nach meiner Tasche. Meine Beine steuerten die Bushaltestelle an, aber bevor ich diese erreichte, hielt mich jemand fest. "Lass mich dich fahren." Verwundert blickte ich ihn an. "Wieso willst gerade du mich fahren?", fragte ich ein wenig genervt. Nicht, dass er mich schon genug quälte. Aber eine Autofahrt mit Louis würde meinen Tag nicht sonderlich verbessern. "Bitte", war alles, was er sagte. Hatte dieser Junge irgendwie seine Tage oder wieso versuchte er mich zu überreden, mit ihm zu gehen? Louis war eine Wissenschaft für sich. Mein Blick schweifte zur Uhr und ich musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass der Bus vor einer Minute gefahren ist. Ich nickte Louis widerwillig zu und folgte ihm zum Parkplatz.