Nie mehr

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Ettliche Jahre sind vergangen seit unserer Heirat. Unzählige Tage sind ins Land gezogen, seit wir aneinander gefesselt sind, doch ich sehe dich noch vor mir, als wäre es gestern gewesen.

Deine dunklen Augen, die mich hinter dem Schleier nüchtern und berechnend ansahen. In denen weder Furcht noch Begierde war. Das fast schwarze, gelockte Haar, das dir um die schmalen Schultern fiel und die wenige Haut bedeckte, die das Brautkleid offenbarte.

Ich erinnere mich noch gut an unseren ersten Kuss, der weder unerfahren noch sehnsüchtig war und viel mehr das ausdrückte, was wir beide an diesem Tag empfanden: Einverständnis.

Ich hatte nie erwartet, dass du mich lieben würdest, denn ich konnte eine Fremde ebensowenig lieben. Das spielte auch keine Rolle. Liebe hat keinen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Es zählen vielmehr Etikette, Verpflichtungen und Blutstatus.

Man hat von uns beiden erwartet, dass wir eine würdige Ehe eingehen, dass wir die Würde wahrten und unseren Familien die Ehre erwiesen.

Man hat von dieser Verbindung erwartet, dass sie nützlich war und rein; alles andere war nicht von Bedeutung.

Die Nachricht über das Arrangement unserer Eltern machte mir weder Hoffnung noch Freude, doch als wir uns dann gegenüberstanden, am Tag unserer Trauung, als wir uns einander das erste Mal begegneten, da waren wir uns einig: ohne Worte und ohne uns je abgestimmt zu haben.



Du kannst in meiner Seele lesen, so wie in einem offenen Buch.

Und du bestimmst mein ganzes Wesen, du bist Segen, du bist Fluch.



Niemals, hätte ich gedacht, dass mich eine Frau so aus der Fassung bringen könnte und keine andere hat diese Kunst je besser beherrscht als du.

Vielleicht lag es daran, dass ich keine Erwartungen an diese Zweckverbindung gestellt hatte, oder womöglich auch daran, dass es keine anderen Wege für uns gab. Dass wir einfach das Beste aus der Situation machten und uns schon bald bewusst war, dass es uns beide hätte viel schlechter treffen können.

Ich hatte Spaß an deinem Temperament und duldete mehr, als andere es an meiner Stelle getan hätten.

Denn ich wollte das Feuer in dir nie löschen, welches heiß und unberechenbar loderte und so manches Mal Leidenschaft in mir entfachte.

Ich mochte diese Spielchen, die meine Gier schürten und mich gleichzeitig wahnsinnig nach dir machten.

Jedes bisschen habe ich von dir aufgesogen, wenn das Verlangen alles andere in den Schatten stellte und uns daran erinnerte, was wir offiziell waren: Mann und Frau.



Hältst du mich fest in deinen Armen,

hast du mich fest in deiner Hand.

Kennst weder Gnade noch Erbarmen.

Hast dich in mein Fleisch gebrannt.



Es würde nie Liebe sein, dass ließen mich deine tiefen, unergründlichen Augen nie vergessen, doch wir waren unwideruflich miteinander verbunden und mit der Zeit lernten wir sogar einander zu schätzen.

Wer hätte geglaubt, dass so viel Raffinesse in deinem kleinem, hübschen Köpfchen steckt? Wer, dass deine Pläne ebenso erbarmungslos und hart sind, wie die meiner Geschäftspartner.

Niemand von ihnen, hätte das von einer Frau vermutet. Doch du warst nicht irgendeine Frau, du warst meine Frau.

Von da an, begann ich dich mit anderen Augen zu sehen. Nicht wie der Mann seine Gattin, sondern von Gleich zu Gleich. Es war war der Anfang vom Ende, denn bald darauf machte ich den Fehler meines Lebens.



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