Ein Piratenschiff in der Einfahrt

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Drew klappte enttäuscht das Buch zu und stellte es benommen zurück in das nun bis zum letzten Platz gefüllte Bücherregal. Sie hasste es ein gutes Buch zu beenden und würde am liebsten alles vergessen, um es gleich nochmal zu lesen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben bemerkte Drew was für ein Ausmaß ihre Liebe zu Geschichten genommen hatte- ihr Zimmer glich einer Bibliothek
Jede Wand war zugestellt mit hölzernen Bücherregalen, die alle aus ihren Nähten zu platzen schienen. Jedes hatte eine andere Form, Farbe und Größe, dass lag daran das Onkel Henry ihr die Regale eigenhändig zusammenschusterte. Er verbrachte Tag und Nacht in der kleinen Garage, drauf und dran das perfekte Bücherregal für sie zu bauen.
Das einige Bretter schief angebracht waren, störte Drew nicht. Sie fand, dass es sie einzigartig machte.
Drew strich langsam über die Buchrücken und sog das Gefühl der verschiedenen Einbände nahezu in sich auf. Leder, Samt und dieser feine Geruch von Papier ließen sie vollkommen werden.
Stirnrunzelnd betrachtete sie die Lücke in der sie "Der Mann im Mond" zurück gestellt hatte. Es war eine wunderbare Liebesgeschichte zwischen einer Jungfrau und dem Mann im Mond, der nur alle 100 Jahre eine Nacht auf die Erde kommen durfte. Er hatte das Mädchen aus der Ferne beobachtet und in dieser Nacht besucht. Es war als kannten sie sich ewig und die Anziehungskraft die zwischen ihnen herrschte war fast greifbar. Es schien die perfekte Geschichte zu sein, bis zu dem Punkt als die Sonne aufging. Der Mann musste wieder zurück und die Jungfrau blieb allein, jede Nacht sehnsüchtig in den Himmel starrend. Wie schlimm es wohl sein musste jede Nacht denjenigen zu sehen, den man niemals haben können wird. Der bittersüße Geschmack einer ungelebten Liebe.
Sie wand sich vom Regal ab und sah auf die Uhr. 19:28 Uhr, ihre Tante Wanda und ihr Onkel Henry würden gleich gehen. Bei dem Gedanken an sie, musste sie lächeln. Seit Drew neun Jahre alt war, lebte sie mit den beiden zusammen und sie waren die besten Eltern, die man nur haben konnte. Sie halfen ihr in jeder Lebenslage und waren auf eine so herzliche Art und Weise unbeholfen, dass Drew keinen Tag ohne mindestens einen Lachanfall überstand. Henry war ein großer schlaksiger Mann. Sein Haar hatte schon ein paar graue Strähnen und seine Stirn zierten 3 Tiefe Linien, wobei er selbst behauptete, dass diese nur stressbedingt sind und sich wieder legen würden.
Das taten sie natürlich nicht.
Wanda hatte krausiges Haar, dass sie partout nicht bändigen konnte und deshalb immer in einer Hochsteckfrisur verbarg. Im Gegensatz zu Henry war sie kleiner und hatte eine eher gemütliche Figur.
"Drew? Wir wollen los, kommst du runter?" Hörte sie Tante Wanda rufen. Geschwind hopste sie die Treppenstufen hinunter und stand vor einem ardrett gekleideten Pärchen. Henry trug einen azurblauen Anzug der ihm fast zu klein war und Wanda ein blaues bodenlanges Kleid. "Wow, ihr seht ja gut aus!" rief Drew. Wanda grinste beschämt und Henry reckte selbstzufrieden das Kinn in die Höhe. "Hast du denn etwas anderes erwartet?". Er zwinkerte ihr zu. Drew verdrehte gespielt die Augen; auch wenn Henry nicht ihr leiblicher Vater war, war er ein wahrer Meister darin typische Väter Sprüche zu reißen.
"Also Drew, du kannst uns immer erreichen, wenn etwas ist! Wir werden nicht lange weg bleiben, nur für zwei Stunden. In der Küche steht noch Auflauf, den kannst du einfach in der Mikrowelle warm machen. Ach ja und heute Abend kommt noch dieser Film den du so magst, wie heißt der noch? Und du kannst uns immer erreichen wir sind.." "Tante Wanda, alles ist gut! Ich bin kein Baby mehr sondern sechzehn Jahre alt. Ich komme schon zurecht. Macht euch einen schönen Abend und esst für mich mit." Drew nahm Wandas Hände und drückte sie liebevoll. Sie wusste, dass sie nur so fürsorglich waren weil sie so lange in Therapie gewesen war. Seine eigenen Eltern sterben zu sehen ist etwas so einschneidendes und schlimmes, dass es einem Wunder glich, dass sie noch halbwegs normal gewesen war.
Drew bekam ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken daran, dass ihre Tante sie für so ein gutes Mädchen hielt. Seit sie nicht mehr zuhause unterrichtet wurde und auf der Highschool war, hatte sie sich gerade am Wochenende oft raus geschlichen um auf Partys zu gehen. Einmal hatte ihre Tante sie fast erwischt, als sie noch gerade rechtzeitig zurück ins Zimmer kletterte. Zuhause war die Hölle los, als das Fenster noch offen stand. Drew hätte den Kopf gegen die Wand schlagen können, dass sie vergessen hatte es zu schließen.
"Das Fenster muss immer geschlossen bleiben!" Schrie Wanda mit einem verzweifelten Unterton. Sie hatte sich sofort danach bei Drew entschuldigt, dass sie so laut geworden war und danach hörte Drew sie weinen, als ihr Onkel und ihre Tante wahrscheinlich dachten sie würde schon längst schlafen. Drew hatte noch nie verstanden, warum ihr Fenster geschlossen bleiben sollte, aber sie fragte auch nicht nach. Die beiden Taten so viel für sie, dass sie sich schlecht fühlen würde irgendwas zu hinterfragen.
"Viel Spaß ihr beiden." Sagte Drew und umarmte beide gleichzeitig. Das war so ihr Ritual gewesen, es machte sie zu dieser kleinen unperfekten Familie die sie nun mal waren. "Wir haben dich lieb, kleine Fee." Sagte Henry und lächelte derart zufrieden, dass es Drew sofort warm ums Herz wurde. Als Kind wünschte sich Drew immer Flügel und ist fünf Jahre hintereinander an Halloween als Fee verkleidet gewesen. Die Fotos auf dem Kaminsims lieferten den Beweis: Drew war obsessiv mit Feen gewesen und ihre Tante lies es bei keinem, der sie mal besuchen kam, aus das zu erzählen.
Als die Tür sich nach zehn weiteren Verabschiedungen und hinweisen, dass sie sie immer erreichen könne endlich schloss, setzte Drew sich aufs Sofa. Heute würde ein langweiliger Abend werden, da ihre Freunde alle irgendwas vorhatten und sie so oder so nur eine Zeitspanne von höchstens zwei Stunden hatte. Drew zappte durchs Fernsehprogramm, als sie stocksteif den Bildschirm anstarrte. Auf dem Kinderkanal lief ein Film der sich "Lupos Abenteuer" nannte und von einem Waschbären handelte der fremde Welten erkundete.
Den Film hatte sie mit ihren Eltern im Kino gesehen, am Tag des Autounfalls.
Sie erinnerte sich, dass sie nach dem Aufprall im Gras lag und viele dumpfe Stimmen hörte. Trotz dessen, dass schon Nacht war erinnerte sie sich daran, dass alles ganz hell war. Blaue Sirenen und Auto Scheinwerfer strahlten sie an, als würde sie auf einer Bühne stehen und angeleuchtet werden.
Das nächste woran sie sich erinnerte war, als sie im Krankenhaus aufwachte. Ihre Eltern waren sofort Tod, der LKW war zu schnell in sie hinein geprallt und wie durch ein Wunder hatte Drew kaum Blessuren davon getragen - so erzählte man es ihr immer wieder. Sie hatte einen Schutzengel, berichteten die Nachrichten, dabei wünschte sie sich so oft nicht mehr aufgewacht zu sein.
Danach sind viele Erinnerungen verschwommen. Drew weiß noch, wie sie raus aus London in eine Kleinstadt gezogen waren. Hier in Pownten war sie dann viel Zuhause am lesen. Bis sie fünfzehn war hatten ihre Tante und ihr Onkel sie Zuhause unterrichtet. Zwischendurch war sie immer mal wieder in einer Klinik; mittlerweile hatte sich das Ganze runtergespielt auf eine Sitzung im Monat.
Plötzlich riss sie das Geräusch von Schritten aus ihren Gedanken. Drew brauchte einen Moment um zu begreifen, dass diese aus ihrem Zimmer kamen. Vor einem Jahr noch hätte sie sofort Angsterfüllt ihre Tante und ihren Onkel angerufen, aber jetzt war sie nicht mehr ängstlich. Es ist bestimmt nur ein Buch aus ihrem Regal gefallen, wie so oft schon.
Langsam lief sie die Treppenstufen hinauf und hielt vor der weißen Tür an. Sie drehte den Türknauf bis sie ein klicken hörte und warf sie auf. Fast wäre sie vor Schreck in Ohnmacht gefallen als da mitten im Raum ein Junge stand. Er hatte "Der Mann im Mond" in der Hand und blätterte einige Sekunden in dem Buch herum bis er bemerkte, dass Drew direkt vor ihm stand. Er schob das Buch mit einer unheimlichen Gelassenheit zurück in die Lücke.
Den Mund zu einem O geformt starrte Drew ihn ungläubig an. Er trug abgewetzte Klamotten; ein Leinenhemd das einst weiß gewesen sein musste und eine Stoffhose die vollkommen durchlöchert war. An einigen Stellen erkannte Drew sogar getrocknetes Blut. Auf dem Kopf trug er einen dreieckig geformten Hut und darunter ein ausgeblichenes Rotes Kopftuch. Er sah sie wartend an und verbeugte sich schließlich vor ihr. "Hallo." Sagte der Junge, als würde er nicht gerade ein Piratenkostüm tragen und einfach so in ihrem Zimmer stehen. Drew bemerkte erst jetzt, dass ihr Fenster sperrangelweit offen stand.
"Hallo?" Gab Drew unsicher zurück. "Was tust du.. Wie bist du hier rein gekommen? " Verwundert drehte der Junge sich um. Sein Rabenschwarzes Haar glänzte im Schein der Lampe. "Durchs Fenster. Ich suche nach jemandem." Gab er lässig zurück. "Falls du auf der Suche nach einer Kostümparty bist. Die findet jedenfalls nicht hier statt." Meinte sie ironisch. Da stand einfach ein völlig fremder Typ in ihrem Zimmer, der durchs Fenster hereingekommen war. Der Junge wollte gerade etwas erwidern als Drew bemerkte, dass da etwas nicht stimmen kann. "Moment mal, ich wohne im zweitem Stock wie bist du hier rauf gekommen?". Der Junge ignorierte ihre Frage. "Deine Haare sind braun und deine Augen blau. Wie ich sehe magst du Geschichten." Mit einer ausgelassenen Bewegung deutete er auf die Bücherregale. Das brachte sie nun völlig aus der Fassung. "Wer..bist du?" Fragte sie während sie ihn genau im Auge behielt. "Oh wo sind bloß meine Manieren." Er kam lautlos wie eine Raubkatze auf sie zu und sie wäre bestimmt zurück gewichen, wenn da nicht das Bücherregal direkt hinter ihr wäre. Er griff nach ihrer Hand und küsste sie. Seine Lippen fühlten sich warm und weich auf ihrem Handrücken an. "Jack Hook." Mit einem Grinsen, dass Drew erschauern ließ schaute er sie an, wobei ihr Herz fast aussetzte als sie seine Augen sah. Sie waren so blau wie Vergissmeinnicht.
"Jack Hook" erwiderte sie stirnrunzelnd. "Und du bist verkleidet als Pirat weil..?".
Er blickte prüfend an sich herunter. "Ich bin nicht verkleidet als Pirat, ich bin Pirat." Selbstzufrieden stemmte er die Hände in die Hüften. "Alles klar..Jack, gibst du mir eine Minute? Ich bin sofort wieder da." Eine seiner Augenbrauen schnellte in die Höhe, doch er nickte langsam. Benommen nahm sie das Telefon aus dem Schlafzimmer von Tante Wanda und Onkel Henry und wählte den Notruf. Nach zwei mal klingeln ging eine Frauenstimme dran, die wissen wollte wie sie ihr helfen könne.
"Hallo mein Name ist Drew Darling. Ich wohne in der Burkley Avenue 36, hier ist ein verwirrter Junge in einem Piratenkostüm, der aber behauptet er sei wirklich Pirat. Er stand einfach so in meinem Zimmer und ist wohl hereingeklettert, keine Ahnung. Können Sie bitte schnell herkommen, wer weiß ob er vielleicht Drogen genommen hat." "Wie alt ist der Junge? Und seit wann ist er da? Ist er gerade bei Ihnen?" Rief es Durchs Telefon. "Nein er ist im Nebenzimmer und seit etwa 10 Minuten ist er da. Er müsste so ungefähr 17 oder" plötzlich erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit. Sonst schimmerte immer das Licht der Straßenlaterne ins Schlafzimmer, doch jetzt war plötzlich alles dunkel. Drew ging näher zum Fenster heran, als sie ein wuchtiges Gebilde vorm Fenster ausmachen konnte. Als sie näher kam sah sie kleine Runde Fenster voll mit Korallen und grünem Seetang, sowie Hölzerne Bretter die aneinander genagelt waren. Als sie hinauf blickte stockte ihr der Atem. "Ach du heilige scheisse." Flüsterte sie ungläubig. "Hallo? Hallo was ist los sind sie okay?" Hörte sie aus dem Telefon, war aber nicht in der Lage zu antworten. "Hallo?" Ertönte es wieder. "Da ist ein fliegendes Piratenschiff in meiner Einfahrt. Ich schwöre es ein riesiges fliegendes Piratenschiff!" Sie schrie es fast.
Die schwarze Flagge mit dem Totenkopf darauf wehte friedlich im Wind.
Drew hörte noch, dass die Stimme aus dem Telefon antwortete als ihr der Hörer bereits aus der Hand flutschte. Das Licht aus dem Flur verdunkelte sich schlagartig zu einem dunklen Schatten. Als sie sich umdrehte, erkannte sie die Umrisse eines großen stämmigen Mannes.
"Hallo kleines" rief er, während er seine goldenen Zähne bleckte. Er zückte mit einer fließenden Bewegung ein silbern glänzenden Säbel aus der Scheide. Drew keuchte entsetzt auf. Jetzt erkannte sie, dass der Mann Oberkörper frei und gänzlich haarlos war. Über seine Brust zogen sich lange tiefe Narben, die sich um ineinander verwobene schwarze Linien schlängelten. Die Tätowierung zog sich bis über seine robusten Schultern.
"Sir.." stotterte sie unbeholfen. "Bitte nehmen sie die Waffe runter, wir können ganz in Ruhe darüber reden..". Er schnalzte angewidert mit der Zunge. "Elendiges Weibsbild. Sie wollen immer nur reden, wo bleibt da der Spaß?"
Hinter sich hörte Drew ein krächzendes Lachen. Als sie sich umdrehte schaukelte ein alter dürrer Mann auf der Fensterbank. Seine schmutzige Kleidung war ihm viel zu groß und in seinem Rachen steckte nur ein einziger verkümmerter Zahn. Drew hielt den Atem an. Langsam bewegte sie sich von dem alten Weg, wohl wissentlich das der Glatzkopf keine bessere Wahl war. Der Säbel zeigte immer noch auf sie und im Affekt tat sie das einzige was ihr einfiel; Sie schrie lauthals um Hilfe.
Der Glatzkopf brach in ein kehliges raues Lachen aus. "Frauen.." sagte er und schnellte auf sie zu. Sie duckte sich und faltete die Hände über dem Kopf zusammen. Der Säbel Durchschnitt lediglich die Luft über ihr.
"Ey!" Schrie der alte vom Fenster. "Er hat gesagt wir brauchen sie lebend!" Der Glatzkopf blähte seine Nüstern auf und verengte die Augen. "Du hast hier schon mal gar nichts zu melden Kröte!" Kröte war ein äußerst passender Name,  dachte Drew. Wenn der Alte sprach, klang es wie das Quaken einer Sumpfkröte.
Kröte spuckte auf den Boden und sprang von der Fensterbank. Der kleine Mann baute sich vor dem Glatzkopf auf und es wirkte fast lächerlich, wie winzig er neben ihm war. "Ach und du hast hier was zu melden du.. du fettes Schwein!" Der Glatzkopf brummte wutentbrannt auf und galoppierte auf Kröte zu. Drew nutzte den Moment und kroch unter den beiden her. Sie rappelte sich auf und sprintete auf den Flur. In ihrer Hektik stolperte sie halb die Treppen herunter und hatte Mühe nicht umzuknicken.
Im linken Ohr hörte sie noch den Glatzkopf brüllen "Siehst du du Missgeburt, jetzt ist sie entwischt!". Im Wohnzimmer war es stockdunkel und Drew brauchte einen Moment bis sie etwas erkennen konnte. Hier unten war es ruhig, eine Stille die Drew erschauern lies.
Sie rannte in die Küche und griff blindlings nach dem Telefon an der Wand. Sie wählte angestrengt den Notruf und hielt den Hörer ans Ohr. Nichts.
Die Leitung war gekappt.
Drew liefen leise Tränen über die Wange als sie die Augen fest zusammen kniff. Sie atmete kurz durch und entschied sich dazu, raus aus dem Haus zu fliehen. Die Nachbarn würden ihr bestimmt helfen. Vielleicht war auch schon ein Polizeiwagen unterwegs, das fliegende Schiff konnte immerhin nicht nur ihr aufgefallen sein.
Sie hang den Hörer ein bis ihr auffiel, dass sie gar keine Schritte hören konnte.
Waren ihr der Glatzkopf und der alte nicht gefolgt?
In diesem Moment knipste jemand das Licht an. Drew fand sich umzingelt von mindestens zwei Dutzend Männern wieder. Da war einer, der von Kopf bis Fuß vollkommen tätowiert war. Ein anderer dessen Hände verkehrtherum an seinen Armen zu scheinen seien.
Sie sah auch Kröte und den Glatzkopf, die selbstzufrieden die Arme verschränkten. Jeder von ihnen hatte zerfetzte, verdreckte Kleidung an und war bis zu Halskrause mit Waffen ausgestattet. Drew schluckte schwer und zitterte am ganzen Körper. Egal wo sie hinsah, sie waren überall und es schien keinen Ausweg zu geben.
Die Menge teilte sich und Drew erkannte sofort den Jungen, der in ihrem Zimmer gestanden hatte. Mit langsamen entspannten Schritten kam er auf sie zu. Er trug jetzt einen langen ausgeblichenen schwarzen Mantel der bei seinen großen Schritten gegen seine Waden klatschte.
"Ich persönlich mag es überhaupt nicht wenn man mich stehen lässt. Und noch weniger mag ich es wenn man mich anlügt." Lasziv blickte er sie an, während einer seiner Mundwinkel belustigt nach oben schnellte. Er hatte also mitbekommen, dass Drew den Notruf gewählt hatte.
Als sie sich nicht regte, änderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig zu einem ernsten undurchsichtigen Blick. "Nicht mal eine Entschuldigung? Ich bin empört." Er schnaubte verächtlich und lief um sie herum. Die Blicke der anderen Männer waren alle auf sie gerichtet, als würden sie darauf warten sie zu töten, falls sie etwas unvorhersehbares Tat.
"Es scheint mir, als hättest du nicht den leisesten Schimmer wer wer wir sind. Das ist schon etwas seltsam." Es war mucksmäuschenstill in der Küche bis auf die Stiefel von Jack Hook, die mit einem fast schon routinierten Klack auf dem Boden aufkamen. Drew schaute starr geradeaus und versuchte nicht laut los zu schreien. Jack blieb direkt vor ihr stehen und musterte sie von oben bis unten. Seine stahlblauen Augen drangen bis zum letzten Winkel ihrer Seele hindurch. Er hob seine Hand und einer seiner langen Finger strichen ihr eine Träne von der Wange. "Du weißt wirklich nicht wer wir sind oder? Hast du es denn schon vergessen?" Seine Stimme war nun ganz sanft und Drew bemerkte erst jetzt, dass er ihr so nah war, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Langsam schüttelte sie den Kopf, traute sich aber nicht etwas zu sagen.
Er sah sie lange und eindringlich an und klatschte schließlich in die Hände. Drew zuckte vor Schreck zusammen, woraufhin die Männer schillernd anfingen zu lachen.
"Einpacken, Männer. Wir fahren nachhause und zeigen unserem Captain, wen wir schönes gefunden haben." Die Männer grölten  und stampften einen melodischen Takt auf den Boden.
Dann passierten zwei Dinge auf einmal; die Meute hievte ihre Schwerter in die Höhe und der Glatzkopf kam auf Drew zu, packte sie und warf sie über die Schulter. Drews Schreie gingen im Gegröle der Piraten unter.

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⏰ Last updated: Feb 06, 2017 ⏰

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