Still saß er da, am Randstein, und sah den Autos zu, wie sie an ihm vorbei sausten und dabei jedes Mal ein kleiner Luftstoß erzeugt wurde, der seine blonden Haare erfasste und sie vollkommen zerzauste.
Es gab Nichts, was ihn in diesem Moment weniger interresierte.
Genaugenommen registrierte er es nicht einmal.
Auch als eines der Autos durch die kleine Pfütze fuhr, hinter der er saß, und somit seine ganze Kleidung nass wurde, bemerkte er nichts davon.
Er hing seinen eigenen Gedanken nach.
Gedanken, die sich um die Straße vor ihm drehten, was wohl passieren würde, wenn er nun einfach aufstehen, sich auf die Straße stellen und einfach warten würde, bis ihn eines der Autos erfasste, und Gedanken um die braunen Haare und die grünen Augen, voller Lügen und Ignoranz, die ihn erst dazu gebracht haben, nun hier zu sitzen.
Hätte er bemerkt, dass sich genau diese Person, der Besitzer der weichen braunen Haare und der hübschen grünen Augen, in genau diesem Moment leise neben ihn setzte, hätte er vielleicht auch nicht genau in diesem Moment begonnen zu weinen und zu schreien, den ganzen Frust und die ganze Trauer, die sich mit der Zeit angestaut hatte, rauszubrüllen.
Er schrie so lange, bis er seine gesamte Energie hinaus geschrien hatte und dann sank er leicht in sich zusammen.
Der Junge neben ihm, der geduldig mit angesehen hatte, wie sich der blonde all seine Kraft aus dem Körper schrie, setzte nun zu einem Satz an.
Ein Satz, der so viel früher fallen hätte müssen, um noch irgendetwas zu ändern.
"Es tut mir unendlich leid"
Der kleinere der beiden zuckte zusammen, richtete sich jedoch nicht auf.
Er hatte die Stimme erkannt, natürlich hatte er sie erkannt!
Er hätte sie unter Tausenden erkannt.
Immer hatte sie ihn glücklich gemacht, doch nun verband er nichts, als pure Trauer damit.
Hätte der Größere damals gewusst, was er angerichtet hatte, wäre er nicht so auf sich selbst fixiert gewesen und hätte er bemerkt, wie es dem Kleinen ging, hätte all das verhindert werden können, doch es war nicht so und deshalb war es unsinnig, darüber nachzudenken.
"Es tut mir so unendlich leid"
Immer wieder wiederholte er diesen Satz, in der naiven Hoffnung, dass es etwas bringen würde.
Immer wieder wiederholte er es und sank bei jedem Mal ein kleines Stück weiter in sich zusammen.
Der braunhaarige bemerkte sehr wohl, das es nichts brachte, doch es hielt immer noch diese kleine Flamme in ihm am Leben, die ihm sagte, dass alles gut werden würde.
Ganz plötzlich riss er sich aber hoch und schlang seine Arme um die dünne Gestalt neben ihm, in der Hoffnung, es würde alles wieder so werden wie früher, doch der Kleinere schlug nur seine Hände weg, sprang auf und taumelte ein paar Schritte zurück, mitten auf die Straße.
"Es ist zu spät", flüsterte er nun den Satz, von dem der Größere die ganze Zeit so große Angst hatte.
Er richtige sich vollkommen auf, strecke seine Arme vorsichtig aus und genoss diesen einen kurzen Moment, in dem er wusste, das alles gut werden würde.
Er warf seinem Freund noch einen letzten Blick zu, bevor er von einem der herbeirasenden Autos erfasste wurde und ihm somit das, was er schon so lange geplant hatte und doch nie genug Mut dafür aufbringen konnte, gelangt.