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Oben wieder angekommen wollte ich niemanden sehen. Kerdil war noch mit seinem Auftrag beschäftigt, die anderen saßen zusammen und unterhielten sich angeregt.

„Iku!“ rief Odin mir zu.

„Wir haben eine Botschaft erhalten.“ Sagte er ohne etwas durchblicken zu lassen.

Ich lief zum Sockel, der wunderschön mit Ranken verziert war. Er diente zum übermitteln von Botschaften, wir bekamen jedoch selten Nachrichten. Ich hielt mich dort öfters auf, da es so ziemlich der einzig solide Gegenstand in unserem Raum ist. Es gibt einem einen gewissen Halt, etwas woran man sich klammern kann, wenn der Verstand wieder verrückt spielte und einem das Herz vor Kummer zerspringen wollte. Dort lag ein Brief, in einem simplen weißen Umschlag verhüllt, mit einem goldenen Siegel. Die anderen hatten wohl mit dem Öffnen gewartet, bis ich und Kerdil zurückkehrten. Was wollte man jetzt schon wieder von uns? Noch mehr Pflichten? Ich hatte es satt in diesem Posten festzuhängen, vielleicht wäre die Verdammnis doch besser gewesen. Ich wollte Menschen nicht mehr das Leben nehmen und ich war es Leid mich von Seelen beschimpfen zu lassen. Ich machte doch nur meinen Job. Ich machte die Drecksarbeit. Womit hatte ich das verdient?

Wütend ballte ich die Fäuste und schlug den Umschlag vom Sockel. Odin, Azu und Aghara schauten kurz auf und musterten mich mit erschrockener Miene. Sie realisierten schnell, dass ich allein sein wollte und verzogen sich. Ich stützte mich mit dem Unterarmen auf den Sockel auf und ließ meinen Kopf sinken. Das schlimmste an diesem Dasein als Elitemitglied ist es, dass man sich nicht an sein früheres Leben erinnern konnte, egal wie sehr man es versuchte. Selbst Azu konnte daran nichts ändern, unsere Vergangenheit war für ihn nicht zu durchschauen. Es war wohl zu unserem Schutz, vielleicht würden die Erinnerungen zu schmerzhaft sein aber mich ließen die Gedanken noch nie los. Was war passiert, dass ich keinen Ausweg sah? Es würde nie eine Antwort geben. Ich krallte mich mit den Fingernägeln in den Sockel. Diese Leere im Kopf, diese große Verantwortung, es zerriss mich. Wie jeden von uns. Auch wenn es Kerdil nicht zugeben würde, er wäre lieber ein Engel als ein Wegbereiter, so weit konnte ich ihn durchschauen. Und da ich gerade an ihn dachte tauchte er auch kurze Zeit später auf auf setzte sich auf meine Schulter. Er hielt sich an einer meiner Haarsträhnen fest und atmete schwer.

„Das war aber ein zäher Bursche, wollte gar nicht aufhören sich zu beschweren, haha! Ich hab gehört wir haben Post hihi?“

„Verschwinde Kerdil ich will nicht reden.“ Sagte ich in bissigem Ton.

„Ohohoho nicht so grimmig, meine Liebe.“ Er hob von meiner Schulter ab, schwebte zu meinem Gesicht und hob mein Kinn an.

„Als dein Partner müssen wir als Team immer gute Arbeit leisten... oder besser gesagt du musst gute Arbeit leisten, denn ich mach ja nichts hahah! Also lass den Kopf nicht hängen, Liebes. Du machst das wunderbar! Und du weißt ich halte es nicht aus, wenn es Neuigkeiten gibt, ich muss es wissen! Bitte lass uns den Brief öffnen ja?“

Ich seufzte schwer und beschloss es hinter mich zu bringen. Ich erhob mich vom Sockel da flitze Kerdil mit dem Brief in der Hand schon zu den Anderen.

„Darf ich ihn öffnen? Oh biiiitte!“ flehte Kerdil, doch das übernahm Odin. Sehr zum Missfallen von Kerdil.

Odin schweifte schnell mit dem Blick über das Papier und rieb sich das Kinn.

„Interessant.“ Murmelte er.

„Was denn? Was? Was, was, was? Sag schon!“ bettelte Kerdil.

„Es wird einen Wettstreit geben.“ Sagte er knapp.

Wir sahen uns einen Augenblick lang ratlos an.

„Wieso das?“ fragte Azu.

„Der Herr hat in letzter Zeit Widerstand in unseren Herzen und in unserem Verstand gegen unsere Positionen hier verspürt. Und das soll nun enden.“

Out Of TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt