Frohes neues Jahr

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Nachdem er dem Feuerwerk zugesehen hatte, war Ezra auf das Dach der Ghost geklettert. Er wollte nur eine Weile allein sein. Der blauhaarige Junge lag einfach nur da und zählte die Sterne und fragte sich, ob seine Eltern ihn wohl von da oben sehen konnten. Und er fragte sich, ob sie stolz auf ihn gewesen wären.
Seine Gedanken wurden unterbrochen als etwas gegen das Metall des Schiffs trommelte. Überrascht schaute er Sabine an, die gerade zu ihm hinauf geklettert war. Sie nahm neben ihm Platz und drückte ihm einen Auslöser in die Hand.
„Jetzt mach schon.", grinste sie.
„W-warum ich?", murmelte er verdattert.
„Weil ich die nur für dich gemacht habe."
„Okay..."
Also tat er, worum sie ihn gebeten hatte. Es gab ein lautes Zischen, und scheinbar hunderte kleiner Raketen schossen in den Himmel.
Als sie explodierten, hinterließen sie eine riesige leuchtende Nachricht im Himmel.
»Wir sind eine Crew. Ein Team. Und wie eine Familie.«
„Versprich mir, dass du das nie vergisst."
Er lächelte.
„Versprochen."
„Was machst du überhaupt hier oben?"
Fast besorgt schaute sie ihn an.
„I-ich wollte nur einen Moment allein sein."
„Oh. I-ich kann auch wieder gehen, wenn du willst."
Die Mandalorianerin wollte schon wieder nach unten hüpfen, aber er hielt ihren Arm fest.
„Nein. Warte. Geh nicht."
Sabine hielt in der Bewegung inne und nickte. Dann setzte sie sich wieder neben ihn. Nach kurzem Schweigen legte sie ihm schließlich eine Hand auf die Schulter.
„Willst du darüber reden?"
Zuerst schwieg er, senkte den Kopf, konnte sie kaum ansehen. So saßen sie einen ganzen Moment lang da, bis er tief einatmete und doch zu sprechen begann.
„Ich habe nie verstanden, warum sich alle immer auf das neue Jahr freuen... Nachdem das Imperium mir meine Eltern weggenommen hat, hat es mir nichts mehr bedeutet, wenn ein Jahr vorbei gegangen ist. Irgendwie ist es einfach passiert, ohne je wirklich eine Rolle für mich zu spielen. Für mich hat sich nie etwas geändert, und der Tag hat mich immer bloß unglaublich unglücklich gemacht. Meine einzigen Gedanken waren »Noch ein Jahr ist vergangen, seit sie fort sind.« »Noch ein Jahr in dem ich sie nicht wieder gesehen habe.«"
Eine einzelne Träne lief über seine Wange. Sabine legte mitfühlend einen Arm um ihn.
„Tut mir leid... Ich glaube an deiner Stelle könnte ich heute auch nicht fröhlich sein."
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, das-du verstehst mich falsch. Ich meine, wir haben dieses Jahr alle viel durchgemacht, aber... Ein Jahr das Imperium zu bekämpfen ohne dabei draufzugehen ist doch ein Grund sich zu freuen, oder? Und jetzt habe ich euch. Wir sind alle ein Stück näher zusammen gerückt, seit ihr mich aufgenommen habt. Wieso sollte ich also nicht fröhlich sein?"
Er lächelte sie an. Nicht dieses übliche, übertriebene, aufspielende Lächeln, sondern ein echtes. Und davon wurde ihr warm ums Herz.
„Diese Art von Enthusiasmus höre ich gern.", grinste sie.
„Da fällt mir ein: fröhliches fast-einjähriges."
Ezra war jetzt seit fast einem Jahr bei der Crew. Und er konnte selbst kaum glauben, dass es bereits so lange war.
„Dein Feuerwerk war übrigens echt umwerfend. Fast wortwörtlich. Du hättest mich ein Mal um ein Haar am Kopf getroffen."
Das Mädchen mit den knallbunten Haaren musste fast lachen.
„Entschuldige."
„Ach, ich musste schon schlimmeres einstecken."
Er strich sich übermütig durch die Haare.
„Du bist echt unmöglich.", lachte sie und verdrehte die Augen. „Weißt du, warum ich Neujahr noch liebe?"
Etwas skeptisch schaute Ezra seine mandalorianische Freundin an.
„Tue ich nicht... und ehrlich gesagt habe ich etwas Angst vor der Antwort. Du hast wieder dieses irre Funkeln in den Augen..."
Und verdammt, wie er diesen Ausdruck in ihrem Gesicht liebte.
Sabine musste noch mehr lachen.
„Ganz einfach.", grinste sie. „Das ganze Jahr über wird Sprengstoff als hochgefährlich dargestellt, und ist beinahe unmöglich zu beschaffen, wenn man nicht in irgendwelche Waffenlager einbricht. Und jetzt verkaufen sie ihn überall in der Galaxie auf dem offenen Markt."
Jetzt musste Ezra auch lachen.
„Huh... So habe ich noch nie darüber nachgedacht...."Ezra schwieg wieder einen Moment lang und ließ seine Beine vom Dach der Ghost baumeln. Dann hob er den Kopf und sah ihr in die Augen. „Aber mal im Ernst... Dein Feuerwerk war unglaublich. Sowas habe ich noch nie gesehen... diese Farben... wunderschön. Du bist wirklich eine Sprengstoffkünstlerin."
„Danke... und jetzt nenn mich bitte nie wieder so, der Spitzname klingt echt bescheuert.", lachte sie, nicht ohne ein bisschen Stolz in sich hoch kommen zu spüren.
„Farben und Zerstörung so zusammenzuführen, wie du es tust, ist eine Kunst für sich.", murmelte er lächelnd.„Also... Frohes neues Jahr, Sabine."
Und bevor er reagieren konnte, hatte sie auch schon seine Schultern ergriffen und ihn in eine feste Umarmung gezogen.
„Frohes neues Jahr Specter Sechs. Willkommen in der Familie."
Ezra wollte sie überhaupt nicht mehr loslassen. Sabine roch nach einer Mischung aus Metall, Früchten und Chemikalien, und er liebte das. Und ihre Haut war so herrlich warm... Die Mandalorianerin verdrehte die Augen. „Bilde dir nicht zu viel darauf ein, es war nur eine kleine Umarmung, okay?", betonte sie, als sie sich voneinander lösten.
Er nickte und schenkte ihr ein schelmisches Grinsen.
„Wenn das so ist... Kann ich noch eine haben?"
„Werd nicht übermütig!", lachte sie und sank wieder aufs Dach.
Er legte sich neben sie. Und so lagen die Beiden den Rest der Nacht einfach nur da und schauten in die Sterne und dem Feuerwerk zu, das in der Stadt mehr und mehr verblasste.
„Erstaunlich, dass das Imperium das nicht auch schon längst verboten hat, so sehr wie sie Kunst und Farbe verabscheuen."
„Vielleicht glauben sie, wenn sie das zu besonderen Festtagen zulassen, würden wir den Rest ihrer Grausamkeiten vergessen.", vermutete Sabine.
Ezra gähnte.
„Ja, vielleicht."
Dann rutschte er ein Stück näher zu ihr, und wie langen einfach nur schweigend so da und betrachteten weiter den Himmel, in dem in der Ferne noch immer die letzten Feuerwerke ihre fröhlichen Farben zur Schau stellten.
Irgendwann legte er einen Arm um sie. Und sie ließ es zu.
»Nur heute. Nur dieses eine Mal.«

A/N: Am Beginn des neuen Jahres will ich euch allen zunächst danke sagen. Danke für alles, was ihr gesagt und geschrieben habt, für eure tollen Geschichten, für die lieben Kommentare.

Ich wünsche euch allen ein frohes neues Jahr.

Frohes neues JahrWhere stories live. Discover now