Ich kann es nicht glauben! Wütend schmiss ich die Blätter auf den Tisch. Und denoch, da stand es schwarz auf weiß: Saki Miyu wird von dem Fall zurückgezogen. Dabei war ich so kurz vor der Lösung! Ich bin mir sicher Kokona Haruka hat absichtlich dafür gesorgt, dass sie den Fall bekommt. Um den Kopf etwas frei zu bekommen, entschied ich mich für eine spätabendlichen Patrollie. Die Leute freuten sich über meine Präsenz und ich zeigte einem Paar den Weg zum Hotel, doch in Gedanken war ich immer noch bei dem verlorenen Fall. Während ich an einem kleinen, unbeleuchteten Park vorbei lief, hörte ich plötzlich ein Rascheln und ein Geräusch, als ob etwas über den Boden gezerrt wurde. Lautlos schlich ich an den Bäumen vorbei und suchte nach dem Ursprung der verdächtigen Laute. Plötzlich verstummte das Schleifgeräusch und ich hörte Stimmen, doch sie waren noch zu weit entfernt, um die Worte erkennen zu können. Nervös legte ich eine Hand an meine Pistole und näherte mich Schritt für Schritt den Personen. Auf einmal trat ich aus dem Gebüsch und erblickte eine kleine Lichtung, auf der drei Personen standen. Im Mondlicht konnte ich kaum etwas erkennen, doch einer beugte sich über die Gestalt am Boden und holte mit einem Messer aus... Das ist ein Mord!, dachte ich noch, doch im nächsten Augenblick erleuchtete ein violetter Blitz die Dunkelheit und ich fiel in tiefe Finsternis.
Als ich am nächsten Morgen zu mir kam, konnte ich mich kaum an die Ereignisse der Nacht erinnern. Ich war auf Patrollie und dann habe ich im Wald jemanden verfolgt... Irgendwas wichtiges ist unter diesem Baum geschehen, da war ich mir sicher. Wurde ich vielleicht angeschossen? Hat man mich bewusstlos geprügelt? Doch ich verspürte keine Schmerzen, also holte ich ein Paar Handschuhe aus meiner Tasche und begann, den potenziellen Tatort zu untersuchen. Das Herbstlaub war hier etwas eingedrückt und ich nahm einen leichten Blutgeruch wahr. Vielleicht lag hier jemand, verletzt oder tot. Doch ich konnte keine Blutspuren entdecken, auch von Haaren oder ähnlichen Anhaltspunkten fehlte jede Spur. Der Täter war gründlich. Denoch war ich mir sicher, dass ich mir nichts einbildete und suchte den Umkreis ab. Tatsächlich, einige Meter entfernt fand ich einen Stoffetzen an einem Strauch. Das Material war rau und nicht sehr hochwertig, vielleicht ein Sack oder dergleichen. Könnte man darin eine Leiche transportieren? Der Gedanke verursachte eine Gänsehaut, aber ich war fest entschlossen dieses Rätsel zu lösen. Dann würde der Polizeipräsident endlich einsehen, dass ich die beste Ermittlerin war und nicht einfach meine Fälle an andere weitergeben. Ich lief weiter in diese Richtung und entdeckte etwas weiter tatsächlich Blutstropfen, die wohl aus dem Loch getropft waren. Ich hatte recht! Voller Freude wollte ich zu meinem Handy greifen, als ich einen Moment inne hielt. Was wäre, wenn ich die Leiche allein finden würde? Und vielleicht sogar den Mörder? Ich könnte zumindest noch ein bisschen weiterermitteln.
Mit neuem Elan folgte ich der vermeintlichen Spur und vernahm kurz darauf ein leises Rauschen. War das etwa...? Ich beschleunigte meine Schritte und stand wenige Sekunden später vor einem massiven Metallgeländer. Unter mir brauste ein schwammiger Fluss, die Tiefe konnte ich nicht bestimmen. Hier endet wohl mein Alleingang.
"Suchst du etwas bestimmtes?", ertönte plötzlich eine warme Stimme hinter mir. Reflexartig drehte ich mich um und sah zu meiner Überraschung ein pflanzenartiges Fabelwesen, das aus dem Wald getreten war. Ihr sinnlicher Körper war lediglich mit einigen Ranken bedeckt und ich musste mich zwingen, stattdessen in ihre moosgrünen Augen zu blicken. Ihre Haare, die an ein dichtes Blätterdickicht erinnerten, umrahmten ihr freundlich lächelndes Gesicht, während sie mich fragend anblickte. Für einen Moment war ich völlig von ihrer Erscheinung gefesselt, doch dann entsann ich mich meiner Aufgabe und nahm Haltung an. "Ich ermittle hier in einem Mordfall. Falls Sie etwas gesehen haben, würden sie es bitte zu Protokoll geben?", sagte ich und holte meinen Notizblock hervor. "Ich habe nichts gesehen.", erwiderte sie, während sie zärtlich ein Blatt streichelte, welches sich unter ihrer Berührung zu bewegen schien, "Doch der Wald weiß, was geschehen ist. Er spricht zu mir und erzählt die Geschichte der vergangenen Nacht." Voller Faszination beobachtete ich, wie sich die umliegenden Zweige zu ihr neigten und ihre Rundungen umschmeichelten. "Ein Mädchen war hier.", sprach die unbekannte Frau, "Sie hat ein anderes hier her gebracht. Der zweite Körper war regungslos, doch noch lebendig. Im Koffer lagen scharfe Gegenstände, doch bevor sie ihr grausames Werk vollbringen konnte, erschien eine weitere Person. Sie hat den Wald weder betreten noch verlassen und dennoch war sie anwesend. Ihre Magie löscht Erinnerungen, doch sie hat die Pflanzen nicht erreicht. Wir haben gesehen, wie sie dem Mädchen das Leben nahmen. Ihre sterblichen Überreste verwesen nun in diesem Gewässer.", beendete das Pflanzenwesen die Erzählung, während sie ihren Arm ausstreckte und auf den Fluss zeigte. Kurz darauf ließen die Gewächse von ihr ab und sie machte ein fröhliches Gesicht. "Konnte ich helfen? Mein Name ist übrigens Enju." Strahlend streckte sie mir ihre Hand entgegen und ich konnte sie nur verwirrt ergreifen. "D-Danke, d-das war wirklich sehr hilfreich!", sagte ich rasch und ignorierte die Hitze in meinen Gesicht, die ihr Lächeln ausgelöst hatte. Die weiche Berührung in Verbindung mit dem knappen Outfit erzeugten ein warmes Gefühl zwischen meinen Beinen und ich trat hastig einen Schritt zurück. "Können sie mir ihre Adresse nennen? Wir müssen Sie wahrscheinlich noch einmal vorladen, damit sie ihre Aussage wiederholen." "Oh, ich lebe hier im Wald.", antwortete Enju mir, "Aber ich würde mich freuen, wenn du mich wieder besuchen würdest!" Ich verabschiedete mich rasch und lief zum Polizeirevier, um alle Beweise zu sichern. Trotz der Aufregung ging mir ihr Gesicht nicht aus dem Kopf und ich konnte es kaum erwarten, Enju für die Zeugenaussage abzuholen.
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Spezial Sammelbuch
Short StoryHier findet ihr sämtliche Specials zu meinen Büchern, egal ob wegen Votes, Feiertagen oder etwas anderem. Ihr müsst mein Buch nicht gelesen haben, aber wenn euch diese One-Shouts gefallen, Werft doch mal einen Blick hinein! Enthält Gewalt und (homo...