Das Implantat

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Das Implantat

Seine Arme und Beine lagen unbeweglich auf dem Bett. Zwar reihten sie sich damit womöglich einfach in den allgemeinen Zustand der Benommenheit ein, der David erfasste, aber vielleicht bedeutete es auch, dass die Operation nicht geglückt war. Eine Vorstellung die ihm große Angst machte. David hatte so sehr gehofft, dass er nach diesem Eingriff wieder ein normales Leben führen könnte. Bevor er sich jedoch diesen Zweifeln hingab, hielt er er es für klug, eine Schwester zu rufen und sich zu erkundigen, ob die Operation erfolgreich verlaufen war. Zu seinem Leidwesen, teilte die Schwester ihm jedoch nur mit, dass sie dazu nichts sagen konnte und er auf Dr. Maschewski warten müsse.

Also wartete er.

Er wartete bis zum Nachmittag auf den ersehnten Besuch des Arztes. Und während der ganzen Zeit versuchte er wieder und wieder seine Gliedmaßen zu bewegen. Doch je mehr Zeit verging, umso sicherer wurde er, dass der Eingriff ein Fehlschlag gewesen sein musste.

Als der Arzt dann endlich kam, hatte David gedanklich schon all die vorsichtigen Mitleidsbekundungen durchgespielt, mit denen der bärtige Mann ihn begrüßen konnte. Doch zu David Überraschung begrüßte Maschewski ihn überhaupt nicht. Stattdessen betrat er das Zimmer mit einem flachen, schwarzen Gerät in der Hand, welches er schweigend auf der ausklappbaren Tischplatte von Davids Nachtschrank platzierte. Von nahem sah er, dass das Gerät ein großes Display hatte und somit einem Tablet PC ähnelte.

„Ich sehe, Sie haben die OP gut überstanden“, stellte Maschewski zufrieden fest. „Das freut mich.“

David, der seine Arme und Beine noch immer nicht bewegen konnte, spürte wie Wut in ihm aufkam. Sollte er sich der Operation ganz umsonst unterzogen haben, so sollte der Arzt dies doch lieber frei heraus sagen und ihn nicht mit einem so wohlgefälligen Eindruck zu besänftigen versuchen.

„Das kommt wohl darauf an, ob der Eingriff erfolgreich war oder nicht“, entgegnete David deshalb ungeduldig.

Der Arzt lächelte. „Aber natürlich. Die Operation war ein voller Erfolg. Das Implantat sitzt genau an der richtigen Stelle im motorischen Kortex und dürfte einwandfrei funktionieren.“

David runzelte die Stirn. „Wie kommt es dann, dass ich immer noch vom Hals abwärts gelähmt bin?“

Wieder dieses zufriedene Lächeln des Arztes.

„Nun“, begann dieser zu erklären. „Deshalb bin ich ja hier und habe dieses kleine Gerät mitgebracht.“

Dr. Maschewski deutete auf den Tabletcomputerverschnitt auf dem Nachttisch. Das Ding wirkte ziemlich handlich und es waren nirgendwo Tasten oder Knöpfe zu erkennen. Es schien wohl über einen Touchscreen bedient zu werden. Das brachte David natürlich reichlich wenig, wenn er seine Arme nicht bewegen konnte.

„Dies“, fuhr Maschewski fort. „Ist sozusagen die Fernbedienung zu ihrem Implantat. Allerdings ist es auch wieder viel mehr als das. Stellen sie es sich als eine Art physikalische Benutzeroberfläche ihres Implantates vor. Wir nennen es darum auch Implant’s Physical User Interface; kurz iPUI. Mit dem iPUI haben sie über eine Kabellose Verbindung Zugriff auf die Einstellungen des Implantats, sowie auf die gespeicherten Bewegungsmuster.“

„Heißt das, ich muss jedes Mal dieses Ding da bedienen, um eine bestimmte Bewegung auszuführen?“, harkte David schockiert nach. Hinzu kam, dass er sich immer noch nicht bewegen konnte und das Ganze somit für ihn immer noch keinen Sinn ergab.

„Aber nein“, erwiderte der Mediziner. „Ein Bewegungsmuster das ein Mal überspielt ist, wird automatisch ausgeführt.“

Anstatt Klahrheit zu verschaffen, verwirrten die Aussagen Maschewskis David immer mehr. Den Blick starr auf den Arzt gerichtet, als könne er so die erhofften Informationen beziehen, wiederholte der junge Mann das Wort, das ihn am Meisten irritierte. „Überspielt? Wie meinen Sie das? Werden solche Muster nicht erlernt?“

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