Ein Schmetterling _02

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Er saß am Fenster, den Kopf gegen die Scheibe gelehnt. Die Scheibe war kühl und außen liefen Regentropfen daran herunter. Während er die Tropfen beobachtete, dachte er an sein letztes Gespräch mit ihr zurück. Er konnte sich noch an ihr trauriges Gesicht erinnern, als sie ihm gesagt hatte, was er so lange versucht hatte zu vermeiden. Es war nicht seine Schuld gewesen. Das redete er sich immer wieder ein. Es war niemandes Schuld gewesen. Doch es war geschehen und es ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Die Träne, die seine Wange herunterlief, hinterließ eine warme Spur. Er konnte noch immer nicht fassen, dass sie weg war. Wie sollte er denn ohne ihr lächeln morgens aufstehen? Wie sollte er jemals wieder lachen, ohne dass sie ihm einen ihrer Witze erzählte? Er liebte ihre Witze. Jedes mal hatte sie ihn zum lachen gebracht. Vielleicht sollte er einfach hier sitzen bleiben. Warum sollte er auch wieder aufstehen? Was sollte er auch tun? Ohne sie machte sowieso nichts Spaß. In seine trüben Gedanken vertieft, hatte er nicht gemerkt, dass es aufgehört hatte zu regnen. Erst ein Sonnenstrahl, der ihm auf sein Gesicht schien, konnte ihn ablenken. Leicht verwirrt über den plötzlichen Wetterwechsel blickte er aus dem Fenster. Da flog ein Schmetterling in sein Sichtfeld. Er war wunderschön, wie er dort im Sonnenlicht tanzte und seine Flügel glänzten in allen möglichen Farben. Munter segelte er auf und ab, immer so, dass der Verlassene ihn sehen konnte. Während er den Schmetterling beobachtete, kam wieder Ordnung in seine Gedankenwelt. Ein lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus als er an seine Freunde dachte, die schon immer für ihn da waren. Auch fiel ihm ein, dass er seine Mutter unbedingt mal wieder anrufen musste. Plötzlich schien es ihm dumm, sich so von einer Person runter ziehen zu lassen, obwohl es doch so viele Menschen gab, die ihn nie im Stich lassen würden. Er beobachtete den Schmetterling, als er in Richtung Sonne wieder verschwand und schloss dann seine Augen. Die warmen Sonnenstrahlen trockneten seine Wange und erhellten das Lächeln auf seinem Gesicht. Als die Sonne wieder verschwand, um den nächsten Regenwolken Platz zu machen, wählte er schon die Nummer seiner Freunde. Den heutigen Tag würde er mit den Menschen verbringen, auf die er sich wirklich verlassen konnte.

Ein Schmetterling _02Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt