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„JESS AUFSTEHEN!“, riss mich die Stimme meiner Mutter aus dem Schlaf. Montag. Der Wochentag den ich am wenigsten mochte. Ich hievte mich aus dem Bett und schlurfte zu meinem Schrank. Wie immer zog ich einfach an was ich in die Finger bekam. Heute war es ein blaues T-Shirt, eine Jeans und einen grüner Kaputzenpulli. Als ich auf die Uhr guckte stellte ich mit Schrecken fest, dass es schon halb acht war. Nur noch fünf Minuten dann würde Jasper klingeln um mich zur Schule abzuholen. Er war mein Bester Freund und stolzer Besitzer eines VW Käfers. Die alte Schrottkiste, wie wir ihn hinter seinem Rücken nannten, drohte jeden Moment auseinanderzufallen. Ich sprintete nach unten in die Küche und rannte fast meinen kleinen Bruder um. Er war fünf Jahre alt und eine echte Nervensäge. Wenn er nicht gerade damit angab dass er bald in die Schule kommen würde, spielte er immer mit seinen Stofftieren. Einmal hatte er eins im Wohnzimmer liegen lassen, ich war gerade erst aufgestanden und dementsprechend verschlafen,ich sah es nicht und prompt lag ich mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus. Jetzt sprang er sich laut beschwerend zur Seite und trat Johnny unserem Kater auf den Schwanz der es sich auf seinem platz neben der Küchentür bequem gemacht hatte. Johnny fauchte und zog dann beleidigt ab. Ich hechtete zum Kühlschrank schnappte mir einen Joghurt und stopfte ihn in meinen ohnehin schon vollen Rucksack, zog meine Jacke und meine Schuhe an und stürzte zur Tür raus um zu hören wie sich Jasper darüber aufregte, dass ich früher aufstehen soll.
Kaum in der Portage High School angekommen, lief ich meinem Ex in die Arme. Ich musterte ihn von oben bis unten, er war groß, braungebrannt und hatte blonde Haare. Als ich merkte, dass ich ihn angestarrt hatte wurde ich rot und beeilte mich weiter zugehen. Einen Flur weiter sah ich Andy und Cathy auf mich zukommen. Sie warfen mich fast um, so stürmisch umarmten sie mich. Es wunderte mich dass Andy sich so benahm. Sie war sonst eher der zurückhaltende Typ außer es ging darum sich für arme Kinder einzusetzen oder so einen Kram. Andy war meine beste Freundin. Sie Jasper und ich waren eigentlich so gut wie immer zusammen. Cathy war irgendwie das fünfte Rad am wagen. Sie war schon seit Ewigkeiten in Mark verknallt. Der zufällig mein absolut idiotischer Zwillingsbruder ist.
Früher waren wir unzertrennlich. Doch als wir in die fünfte klasse kamen, und er neue Freunde fand, wollte er auf einmal, nichts mehr mit seiner peinlichen Schwester zu tun haben. Unsere Eltern trennten sich und er zog mit Dad in ein Haus zwei Straßen weiter währen ich bei meiner Mom blieb. Das war jetzt sieben Jahre her. Mom heiratete noch mal und unser kleiner Bruder Nick wurde geboren.
Auch wenn Mark immer so cool tat, war er eigentlich ganz in Ordnung. Immer wenn er uns besuchte, spielte er mit Nick. Mark hatte im Gegensatz zu mir nicht die braunen locken unserer Mom sondern die strohblonden Strubbelhaare unseres Vaters. Er war etwa einen Meter achtundachtzig groß und und sehr stolz auf seine Muskeln die er vom Parkour bekam. Ich hingegen war eher zierlich, einen Meter neunundsiebzig groß, hatte keine Muskelberge wie mein Bruder war aber trotzdem ungewöhnlich stark. Ich hatte einmal alleine Jaspers wagen hoch gehoben. Als wir auf dem Schulweg waren gab es ein Gewitter und ich wollte ihn aus dem Schlamm ziehen ich stellte mich darauf ein dass ich stark ziehen müsste, aber auf einmal saß ich zwei Meter weiter auf dem Hintern und das Auto stand direkt neben mir. Jasper hatte mich damals völlig entgeistert angestarrt und rumgestottert von wegen er würde Langsam echt verrückt werden. Als ich ihm aber erklärte, dass ich keine Ahnung hätte wie das passiert war, schwor er mir, dass das nie jemand erfahren würde.
„Jess!“, das war Andy. Ich merkte, dass sie mich stützte was ihr mit ihren einen Meter achtundsechzig nicht gerade leicht fiel. Ich rappelte mich auf und machte mich von ihr los.
Sie schaute mich besorgt an. „Das war jetzt schon das dritte mal seit letzter Woche dass du umgekippt bist! Willst du nicht langsam mal zum Arzt?“
„Nein, nein das geht schon.“
„Sicher?“
„Ja, ja schon gut“
Andy machte sich immer gleich solche sorgen. Was waren denn schon drei Schwächeanfälle wie Jasper es nannte. Wenn man mal bedachte wie oft Models umkippten.
Andy und ich verabschiedeten uns von den andern, wir hatten jetzt Mathe und Cathy und Jasper Physik.
Als ich ins Klassenzimmer trat kam mir ein unglaublicher Gestank entgegen. Eine Mischung aus Deo von unseren ach so coolen Jungs, fünfzig verschiedenen Parfums von den angesagten Mädchen, die sich wie Divas aufführten und dem Schweiß unseres Mathelehrers, Mr Jefferson. Er hatte schütteres Haar und trug einen Anzug.
Ich ging zu meinem platz in der letzten reihe, Andy saß vorne neben ihrem freund Steve. Er war ein echtes Superhirn und schrieb nur Einsen. Somit passte er gut zu Andy die ebenfalls gut in der schule war. Ich bewegte mich eher im Mittelbereich.
Als Mr Jefferson uns gerade ruhig bekommen hatte klopfte es und ein wirklich großer Junge kam rein. Er hatte schwarze schulterlange Haare, war ungewöhnlich braungebrannt für Indiana und vor allem für Fort Wayne und mindestens einen Meter sechsundneunzig groß. Er trug eine schwarze Lederjacke, schwarze Jeans und schwarz Chucks. Ich wusste genau was jetzt passieren würde. Nachdem Mr Jefferson ihn vorgestellt hätte würden sich Stacy und ihre Diva-Qlique auf ihn stürzen und er wäre ihrem Charme machtlos unterlegen. So wickelte sie alle neuen um den Finger und machte sie zu ihren Untertanen.
Doch dieses mal war es anders. Mr Jefferson schaute ihn verwirrt an. Wenn es eine Sache gab die ihn noch mehr aus der Rolle brachte als das merken von unseren Namen, dann war das ein neuer Schüler. Ein unangekündigter neuer Schüler.
Als der neue Mr Jeffersons Verwirrung bemerkte, sagte er mit einem komischen Akzent: „ Josh Jackson Mrs Thompson hat mich hierher geschickt.“ und er ging an Stacy und den anderen zicken vorbei und setzte sich zur allgemeinen Verwunderung auf den platz neben mir.
Na das konnte ja mal interessant werden.
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