Zusammen

110 13 6
                                    

Wenn Stegi an die Vergangenheit mit Tim zurückdachte, hatte Tim damit begonnen zu verschwinden, zu verblassen, bevor er es selbst wusste. Vielleicht hatten sie beide nie wirklich existiert.

---

Die kühle, harte Wand scheuerte unangenehm an Stegis Rücken als er heftig keuchend von seinem Freund dagegen gepresst wurde. Doch es war ihm egal. In diesem Moment gab es nur Tim.

Tim, der damit beschäftigt war sowohl die Halsbeuge als auch die trockenen Lippen des Blonden mit fordernden, dennoch sanften, Küssen zu bedecken.

Tim, der so ein unglaublich liebevoller und wertvoller Freund für ihn war.

Tim, der, kaum dass er nach Hause kam, immer über Stegi herfiel.

Tim, dessen Hand sich gerade in Stegis Schritt verirrte und diesen penetrierte.

Ein angetanes Keuchen verließ die, von den vielen Küssen leicht geschwollenen, Lippen des Blonden. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, wurden verzehrt von dem Strudel der Lust, der über ihn hereinbrach und ihn mit sich zog. Die geschickten Hände des Braunhaarigen schienen sich überall gleichzeitig auf Stegis Körper zu befinden, ihn in genau dem richtigen Maß an genau den richtigen Stellen zu reizen. Tim kannte Stegi, kannte all die empfindsamen Punkte an seinem makellosen Körper durch die zahllosen intimen Stunden in denen sie sich geliebt hatten.

Doch heute war es anders. Tim war anders.

Das helle Shirt des Blonden, welches vom vielen Waschen ausgeblichen war, hatte bereits seinen Platz auf dem dunklen Laminat gefunden, während die feuchtwarme Zunge des Braunhaarigen über Stegis Hals bis hin zu seiner Brust wanderte um diese zu verwöhnen. Mit zitternden Fingern zog der Kleinere Tims Kopf wieder zu sich herauf und ließ ihre Lippen zu einem sinnlichen Kuss verschmelzen. Gleichzeitig schlangen sich seine Beine um Tims Hüfte, zogen ihn noch näher an sich heran, sodass Stegi zwischen ihm und der Wand eingeklemmt war, ohne dass Tim ihn anderweitig stützen musste. Flinke Finger gruben sich in das braune, dichte Haar, zerstörten die akkurat gestylte Frisur und hinderten den Braunäugigen daran sich von Stegi zu entfernen. Tim grinste in ihren Kuss hinein und fing sich dadurch eine schmerzende Unterlippe sowie einen vor Lust verschleierten, dennoch amüsierten, Blick seitens Stegi ein.

Lasziv grinsend dirigierte Tim seinen blondhaarigen Freund rückwärts in Richtung des Bettes, ließ seine Hände dabei weiter auf eine endlose Wanderschaft über Stegis erhitzten Körper gehen, drückte ihm feurige Küsse auf die Lippen und sank mit ihm in die weiche Matratze. Zusammen. Wie die unzähligen Male zuvor.

Die schlanken aber dennoch maskulinen Hände des Blonden gruben sich in das weiße Bettlaken und seine, aus einem riesigen Farbspektrum von Grüntönen bestehenden, Iriden funkelten vor Lust im dunklen Licht der Nacht, welches durch das Schlafzimmerfenster fiel.

Keuchende Atmung. Das Rascheln der Bettdecke. Die Hitze die von den beiden, sich aneinanderpressenden Körpern, ausgesandt wurde. Scheinbar flirrende Luft. Intimität. Zweisamkeit. Stegi. Tim. Dennoch war es anders gewesen. Tim war anders gewesen. Sein Handeln, sein Umgang mit Stegi, alles an ihm. Aber all dies traf auch auf Stegi zu.

Was war nur mit ihnen geschehen?

Wann hatten sie einander verloren?

Warum ausgerechnet sie?

Fahles Mondlicht tauchte das Zimmer in gespenstisch anmutendes Licht, offenbarte lediglich die Umrisse von zwei Körpern unter den Bettdecken. Voneinander abgewandt. Rücken an Rücken. Da war nichts mehr von der Liebe die bis vor wenigen Stunden den gesamten Raum durchflutet hatte. War es eigentlich noch Liebe gewesen? Oder war sie ihnen schon längst entglitten, ohne dass sie es bemerkt hatten? Wann war es soweit gekommen? Stegi wusste es nicht, konnte sich nicht erklären wieso sich alles so entwickelt hatte. Wann hatten Tim und er einander verloren? Gestern? Vorgestern? Letzte Woche? Wann? Verschwunden waren all die glücklichen Momente. Verschwunden im Strom der Zeit. Unwiederbringlich. Sie begannen bereits in Stegis Erinnerung zu verblassen. Und Tim? Stegi war sich sicher, dass es ihm genauso erging. Er spürte es einfach. Doch keiner der beiden traute sich einen Schlussstrich zu ziehen, aus Angst sich vollständig und absolut vom anderen loszulösen. Das was sie waren, das was sie hatten, das was sie miteinander teilten war besonders. Es war Stexpert. Das Gefühl mit dem anderen auf einzigartige Weise verbunden zu sein. Das Gefühl alles überstehen zu können egal wie aussichtslos etwas erschien. Es war möglich. Zusammen. Aber Tim und Stegi waren nicht mehr zusammen. Nicht in ihrem tiefsten Inneren, auch wenn es nach außen immer noch so schien als wären sie es.

Sie waren es nicht. Sie waren nicht mehr Stexpert. Es gab kein Zusammen mehr.

Darauf bedacht den Braunhaarigen nicht zu wecken drehte Stegi sich um und betrachtete das schlafende Profil Tims. Die zerstrubbelten braunen Haare. Der leicht geöffnete Mund. Die gewölbten Lider hinter denen sich vertrauenswürdige dunkelbraune Augen verbargen. Die geschwungenen Wimpern, die Tims Augen sanft umspielten. Die makellose Haut. Der leichte Ansatz eines Bartes, den Tim am Morgen wieder wegrasieren würde. Vorsichtig fuhr Stegi durch die weichen Haarsträhnen des Schlafenden und ließ seine Hand auf dessen Wange ruhen.

„Vielleicht sollte es nicht sein. Vielleicht sollten wir nicht sein."

Leicht streiften seine Lippen Tims als Stegi sich nach vorn lehnte, um ein letztes Mal dessen Lippen auf seinen zu spüren. Dann erhob Stegi sich leise, zog sich die bereitgelegten Sachen über, griff nach dem Rucksack der schon seit einigen Stunden bereit stand und alles Wichtige enthielt und ging zur Tür. Jetzt würde es enden. Sowohl ihre gemeinsame Zeit als Freunde als auch Stexpert. Ein letzter Blick über die Schulter auf den schlafenden Tim bevor er die Tür mit den geflüsterten Worten „Auf Wiedersehen Tim. Werde glücklich. Du wirst mir fehlen. Ich liebe dich", leise ins Schloss fallen ließ und mit seinem geliebten weißen Auto in der Nacht verschwand.

Was Stegi nicht wusste: Tim hatte nicht geschlafen. Er hatte alles mitbekommen. Und er war dankbar. Dankbar, dass ihr kaputtes Zusammen endlich ein Ende gefunden hatte.

„Ich liebe dich auch Stegi. Auf Wiedersehen."

---

Vielleicht waren sie nicht gut genug füreinander.

Vielleicht hatte es nicht sein sollen.

Vielleicht hatten sie nach etwas gesucht das sie nie hätten erreichen können.

Vielleicht hatten ihre Seelen einfach unterschiedliche Wege eingeschlagen.

Und ganz vielleicht würden sie irgendwann wieder aufeinandertreffen.

Vielleicht war es nur zu früh. Zu früh für ihr Zusammen. Zu früh für Stexpert.

Zusammen | Stexpert OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt