PROLOG
Es klingelte an der Tür des Hauses der Winters. Ariadne wollte gerade schon runter laufen, als sie die weiche Stimme ihrer Mutter aus dem Flur hörte: „Ich mach schon auf Schatz!" „Alles okay Ma?", fragte die dreizehnjährige Ariadne aus ihrem Zimmer, nachdem sie Celine Winters Stimme etwas länger nicht gehört hatte. Es klingelte erneut. „Bleib oben Schatz! Egal was passiert! Und wenn ich nicht antworte, rennst du aus dem Haus! Verstanden?!", rief Celine von unten, denn sie hatte gesehen, wer vor der Tür stand. Ihre Tochter rief verwirrt ihren Namen. So hatte ihre Mutter nie mit ihr geredet. Mit diesem befehlerischem Ton jagte sie ihr Angst ein. Celine antwortete mit einem „Versprochen?". Tief atmete Ariadne ein, das beruhigte sie immer. „Versprochen!", antwortete sie zögernd.
Ich stand vor einem Typen, der in weiß gekleidet war. Ich kochte vor Wut. „Wahrnehmungsstörungen?! Wollen sie mich...", weiter kam ich nicht.
Denn der Betreuer vom Kinderheim brachte mich mit einem „Ariadne!" und seinem strengem Blick zum verstummen. Bittend sah ich ihn an. „Du glaubst diesem", ich warf meinem Psychiater einen kritischen Blick zu. „Arzt? Doch etwa nicht Marco!"
Natürlich war mir klar, dass dies nichts nützte, doch ich setzte meinen süßten Blick auf, den ich hatte. Keine Reaktion, nur ein „Tut mir Leid Mädchen, aber so ist das Leben nun mal: unfair!" vom Doc.
„Daran ist bestimmt der Gen-Fehler Schuld", antwortete Marco gelassen.
Ich konnte es nicht fassen! Er glaubte dem Doktor? Und nur wegen diesem blöden Gen-Fehler, der mein rechtes Auge vollkommen schwarz wurden lies, ich aber immer noch perfekt sehen konnte. Etwa nur, weil es ziemlich unwahrscheinlich war, so auszusehen wie ich? Nur, weil die Tränen, die ich nun weinte blutrot waren und ich mir deshalb geschworen hatte nie zu weinen. Doch es ging nicht mehr! Ich hielt es nicht mehr aus immer allein zu sein, ohne Freunde. Bloß wegen meinem Aussehen? Nein, wo andere ein nettes Lächeln sahen, erblickte ich ein hungriges Grinsen mit spitzen Zähnen. Wo meine Mitmenschen freundliche Blicke erkannten, sah ich nur die gleichen schwarzen Löcher, die meinem rechten Auge erschreckend ähnlich sahen. Wo meine früheren Freunde eine gepflegte Person mit schmeichelnder Stimme sahen, wollte ich nur vor den Leichen-ähnlichen Wesen mit kreideweißer Haut, verfilzten Haaren und eiskalter, gierigen Stimme wegrennen. Doch sie ließen mich nicht gehen. Hielten mich wegen meiner Angst für verrückt. Doch ich wusste es besser! Ich war nicht die, die sich irrte und Halluzinationen hatte! Nein! Sie waren es mit der Macke! Die die nicht richtig hinschauten und ich würde es ihnen beweisen!
Marco wand sich mir zu. ,,Hast du noch irgendwelche Fragen an Herrn Hochmeier?"
Seine Stimme klang scharf und mitleidslos. Mit einem gefühlslosem „Nein" warf ich mir meine gefärbten, hellblauen Haare über die Schulter und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Raum.
Als ich beim Auto von Marco ankam wartete ich darauf, dass er es aufschloss. Doch stattdessen spürte ich einen heftigen Windzug, als seine linke Hand neben mir aufs Autodach krachte. Mit zitterndem Atem drehte ich mich zu ihm um. „Was war das schon wieder?", zischte er aufgebracht.
Ich versuchte es mit einem nettem Lächeln, das mir sehr schwer fiel, da Marco sich in voller Größe vor mir aufbaute. Mit ruhiger Stimme fragte ich so niedlich wie möglich: „Was meinst du?"
Aus irgendeinem Grund klappte dieser Trick bei ihm nicht mehr und er nahm mit der rechten Hand mein Kinn in die Hand und riss es nach oben. Ich war gezwungen ihn anzusehen. Er wird meine verheulten Augen sehen und hoffentlich wieder so werden wie sonst immer, dachte ich bittend. Was für ein Fehler! Mein ehemaliger bester, ja einziger Freund verzog keine Miene. Es schien ihn sogar noch wütender zu machen. Denn als er nun sprach, schrie er schon fast: „Denkst du wirklich, ich würde wie alle anderen auf deine süße Stimme und diesen Blick reinfallen?! Spar dir die Tränen!"
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Fangel
FantasyBlau gefärbte Haare, blasse Haut, eine auffällig schmeichelnde Stimme, auch ohne ihr rechtes Auge wäre Ariadne nicht normal gewesen. Doch vielleicht wäre das Leben nicht zur Hölle auf Erden geworden. Und als ob der Spott ihrer Mitmenschen noch nicht...