Prolog

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Ich möchte glauben, dass das alles nur ein böser Traum ist. Doch ich halte mein Handy in den Händen und lese die Nachricht jetzt schon zum hundertsten mal. Tausende von Fragen schwirren mir durch den Kopf. Ich meine, woher hat er meine Nummer? Und wie kommt er darauf, mir nach fünf Jahren zu schreiben? Ich meine, nach fünf Jahren?! Ich habe mir ein Leben aufgebaut, was nicht mehr von ihm bestimmt ist. Nach fünf Jahren habe ich mich endlich wieder erlaubt aus dem Haus zu gehen, zu atmen. Ich hatte es endlich geschafft nicht mehr zurück zu blicken und habe nicht mehr jeden Tag an ihn gedacht, sondern nur jeden zweiten. Und das macht er gerade alles zunichte mit einer einzigen Nachricht. Es fühlt sich an als würden Scherben auf mich niederregnen. Scherben die ich fünf Jahre mühsam zusammengesucht und wieder zusammengesetzt habe und um mich wie eine Kugel errichtet habe. Meine Glaskugel zerspringt gefühlt in tausend Teile. Und jede Scherbe die nach unten stürzt, trifft mich wie ein Schlag. Sie zerstören meine Hülle, meine Schutzhülle. Jede einzelne Scherbe, dringt tief in mein Innerstes vor und entblößt das, was ich so mühevoll vergraben habe. Mit jeder Minute ein bisschen mehr.

Ich frage mich wie ich es soweit habe kommen lassen. Hätte ich mich noch länger verstecken sollen? Hätte ich vorsichtiger sein müssen? Ich schleudere mein Handy auf mein Bett. Es leuchtet immer noch, als wollte es mir sagen, dass ich es noch so sehr werfen kann, denn die Nachricht macht es nicht ungeschehen. Sie existiert nun mal. Ich stehe auf und starre auf mein leuchtendes Handy. Dieses Drecksteil! Die Sekunden verstreichen wie Stunden und ich habe, glaube ich, noch nie so lange darauf gewartet, dass die Tastensperre endlich einsetzt. Endlich hört es auf zu leuchten, doch meine innere Unruhe ist immer noch präsent. Mein ganzer Körper steht unter Strom. Hinter meinen Augenlidern fängt es an zu kribbeln. Tränen. Nein, ich darf nicht weinen. Ich bin nicht mehr so schwach! Dieses innere Mantra habe ich mir seitdem ich ihn verlassen habe immer und immer wieder vorgesagt.

Ich stehe vor meinem Bett. Ich starre auf das mittlerweile dunkle Display meines Smartphones. Ich bin hin und hergerissen. Soll ich einfach so weitermachen, als würde es die Nachricht nicht geben? Soll ich mich einfach duschen und meinen Tag so weiterführen wie geplant oder...

Ich stürze mich schon fast auf mein Handy, entsperre es und da ist sie, die Nachricht die alles wieder zu Nichte machen könnte. Oder macht, je nachdem wie man es definieren will.

„Hey Jo! Ich bin wieder zurück. Ich hoffe es geht dir gut und wir können wieder von vorn anfangen. Du fehlst mich schrecklich! J."

Von vorn anfangen, als wäre das nach all dem noch möglich. Als würde das funktionieren. Es ist so viel vorgefallen das man nicht mehr rückgängig machen kann. Ich fehle ihm. Das ist doch die größte Lüge die er je von sich gegeben hat. Ach halt, die aller größte war, als er mir sagte das er mich liebt. Er hat sich kein Stück verändert, er lügt mich nachwievor an.

Und das schlimmste ist, das ich mir sicher bin, dass die Nachricht von ihm ist. Ich kenne nur eine Person mit dem Anfangsbuchstaben „J". Er muss es sein. Es kann nur er sein. Lächerlich, das mein Hirn krampfhaft versucht einen anderen Zusammenhang zu ziehen. Aber der einzige logische Zusammenhang den es gibt, ist das der wieder da ist. Er ist wieder hier. Er will seinen Platz in meinem Leben zurück. Die Lücke die er hinterlassen hat, kann er nicht wieder in Besitz nehmen. Dieses Loch gehört jetzt zu mir. Nicht so wie er, denn er hat niemals zu mir gehört. Nein!

Ich atme durch. „Ganz ruhig, Josy", sage ich mir immer wieder in meinen Kopf. Ich schließe die Nachricht. Aus den Augen aus den Sinn, richtig?!

Diesmal lasse ich es nicht zu das du Besitz von mir ergreifst. Ich gehöre jetzt nur mir. Mein Plan steht: Die Nachricht hat es nie gegeben. Ich werde nie wieder an sie denken und wenn ich nicht darauf reagiere wird er früher oder später denken, dass er die falsche Nummer hat. Und wenn alle Stricke reißen, dann brauch ich eben eine neue Handynummer. Oder ich muss mein Handy abmelden. Oder ich ändere meinen Name. Oder alles zusammen. Ich schaffe mir eine neue Nummer an, einen neuen Namen und wandere aus. Guter Plan!

Ich weiß, dass ich mir gerade selbst etwas vormache. Aber dieser Plan beruhigt mich ungemein. Mit einem misslungenen Lächeln verlasse ich mein Schlafzimmer. Ich brauche erstmal eine Dusche.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 12, 2017 ⏰

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