Samstag Abend. Es ist 7 Uhr, als ich auf den großen Platz in der Stadt trete - den Treffpunkt der meisten Jugendlichen hier.
Ich spüre die kalte Luft in meinen Lungen, als ich mich nach meinen Freunden umschaue. Meine Augen wandern über Reihe um Reihe von lachenden, sich unterhaltenden jungen Leuten, bis ich die kleine Gruppe finde, die ich gesucht habe.
Im 1. Moment hört sich das alles nicht schlecht an. Es sieht auch nicht schlecht aus - es sieht nach Teenagern aus, die gemeinsam eine schöne Zeit haben.
Doch dann bemerkt man die Bierflaschen in den Händen und die Vodkaflaschen rund herum. Man sieht vereinzelte Leute, die am Boden sitzen oder sich die Köpfe halten, oder taumeln, weil sie schon zu viel getrunken haben. Man sieht in ihre Gesichter und realisiert, dass vor einem keine Teenager stehen, sondern kleine Kinder. Man sieht auf die Uhr und realisiert, dass es schon spät ist, und sie längst zuhause, wenn nicht sogar im Bett sein sollten.
Ich schiebe erst die Gedanken hinfort, in eine hintere Ecke meines Kopfes, wo ich sie in einem ruhigen Moment wieder hervorholen und überdenken kann, und dann schiebe ich mich langsam durch die kleinen Menschengruppen.
Als ich stehen bleiben, blicken mir erfreute Gesichter entgegen. Ich umarme meine Freunde, und bemerke, dass die Augen manch einer sich kaum noch fokussieren können.
Ich versuche, das zu ignorieren.
Für die ersten paar Minuten lausche ich still den teils unglaublich sinnlosen Konversation meiner Freunde. Dann finde ich Anschluss und beteilige mich an den verschiedenen Unterhaltungen.
Etwas später bitte ich einen der Jungs, mir eine Bierflasche zu öffnen. Nash sieht mich mahnend an, als er sie mir reicht, doch seine Augen glänzen amüsiert. Wir wissen beide, dass er das nicht ernst meint - wir wissen auch, dass dieser Abend nicht bloß mit Bier beendet werden wird.
Der Gedanke fühlt sich fasst so bitter an, wie das Bier, von dem ich nun einen Schluck nehme.
Ich wende mich wieder den Gesprächen zu - ohne, dass ich es bemerkt habe, hat sich das Thema wohl geändert, und nun sehen alle mich belustigt an.
"Was ist?", blinzele ich verwirrt.
Alice, die neben mir steht, schüttelte den Kopf. "Ist egal", sagt sie und lächelt beruhigend.
Doch neugierig wie ich bin, kann ich das Ganze nicht ruhen lassen, und bestehe auf eine Antwort. Letztendlich seufzt Liv, schon leicht genervt. "Wir haben von letztem Samstag gesprochen", erklärt sie.
"Oh" Ich nicke bloß und sehe weg, weil ich mich schäme. Letzter Samstag ist nur noch ein Wirrwarr aus Erinnerungen für mich - ich weiß allerdings noch, dass ich mich ziemlich blamiert habe, weil ich zu viel getrunken hab.
Die Jungs mussten mich sogar nach Hause bringen; ich will nur vergessen, dass dieser Tag geschehen ist, doch die anderen haben ihn noch in klarer Erinnerung. Ich kann es ihnen nicht übel nehmen; wenn einer von ihnen ähnlich peinliche Dinge tut, lasse ich es sie auch monatelang nicht vergessen.
Also ertrage ich die Erzählungen über mein Verhalten. Zwischendurch muss ich lachen.
Irgendwann schalte ich ab.
Ich spüre wie die Minuten mir langsam entgleiten und erinnere mich entfernt, dass ich Hausaufgaben aufhatte.
Meine Mutter hatte mich außerdem um etwas gebeten - ich konnte mich bloß beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was das gewesen war.
Bald fallen mir wieder die jungen Gesichter ein, denen ich jedes Wochenende entgegen schaue. Plötzlich fällt mir ein, das Alice noch nicht mal 16 ist.

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lost ⬥ kurzgeschichten
Short Story❝ich träume oft von kindern mit leeren gesichtern und kalten augen. es ist das ende der welt, weil meine generation von der gesellschaft in die knie gezwungen wurde.❞ _____ Als ein junges Mädchen mit ihren Freunden trinken geht, muss sie sich frage...