Wie man (nicht) in den Club kommt

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Es ist ein warmer Sommerabend und wir sind auf dem Weg in unseren Lieblingsclub. Eigentlich haben wir gar keinen anderen Club zur Auswahl, denn nur dieser öffnet auch schon für 16 Jährige die Türen. So ist dieser Club nun unser Lieblingsclub geworden. Ich glaube auch, wenn wir eine andere Wahl hätten, würden wir gerne herkommen. Wir, das sind meine Freundin Lina und ich. Wir sind schon seit der Grundschule befreundet und machen fast täglich was zusammen. Und seit einigen Wochen haben wir nun das Feiern für uns entdeckt. Und auch dieses Wochenende ist es wieder soweit.

Ich bin bereits 18 Jahre alt, Lina allerdings ist noch 17 Jahre alt. Daher gehen wir immer ins Sky. Hier darf ich mit einem unterschriebenen Zettel ihrer Mutter die Aufsicht für Lina im Club übernehmen. Eigentlich verrückt, wenn man mal überlegt, dass uns altersmäßig nur einige Monate trennen. Aber wenn das die Regeln sind, dann müssen wir uns halt daran halten. Es ist nicht immer leicht Linas Mutter dazu zu überreden, dass sie den Mutti Zettel unterschreibt. Meistens verlangt diese, dass Lina dafür auf ihre kleine Schwester aufpasst. Am Tag nach der Party. Es gibt wahrscheinlich nichts nervigeres als mit 'nem Kater ein Kleinkind zu betreuen. Aber wenn  wir feiern gehen wollen, dann muss Lina das tun. Und wir wollen! Unbedingt! Also tut es Lina. Im Moment allerdings denkt Lina daran nicht. Gerade zählt nur das Feiern.

Da sind wir also, in der Schlange vor dem Sky Club. Lina hält eine Flasche in der Hand, in der sich die Basis eines gelungenen Abends befindet. Wir trinken am liebsten Wodka mit Ananassaft. Man kann sicher auch ohne Alkohol Spaß haben, aber wir haben gerne mit Alkohol Spaß. Lina nimmt einen großen Schluck und hält mir dann die Flasche hin. "Willst du auch noch?", fragt sie. Mit einem "Klar!", schnappe ich mir die Flasche und nehme einen großen Schluck. Bis zum Ende der Schlange muss unsere Flasche leer sein und wir müssen uns zusammenreißen nicht betrunken zu wirken. Sonst können wir gleich wieder umdrehen und nach Hause fahren, dann lassen uns die ohnehin kritischen Türsteher nicht in den Club. Ganz genau genommen muss Lina sich zusammenreißen. Sie ist schließlich noch 17 Jahre alt und dürfte eigentlich sowas wie Wodka noch gar nicht trinken.

Es gibt Menschen, die trinken drei Schlücke und sind besoffen. Und dann gibt es eben Menschen, die scheinen so viel  trinken zu können wie sie wollen und sind am Ende dennoch nur dezent angesäuselt. Ich gehöre eben zu denen, die viel trinken können. Lina hingegen riecht am Alkohol und ist betrunken. Klar, ich übertreibe etwas. Aber der Unterschied zwischen uns ist deutlich zu bemerken.

Da steht sie nun meine beste Freundin, mitten einer Menschenschlange und kichert mehr als auffällig herum. Na super, das klappt doch nie. Ich halte also die Flasche ganz fest. Noch ein Schluck für Lina würde unseren Abend ziemlich sicher VOR der Tür enden lassen. Ich zische ihr ein "Benimm dich, reiß dich zusammen!", entgegen.  Lina säuselt mir entgegen: "Das fällt doch nicht auf." Ich runzle die Stirn und beobachte sie. Sie fasst sich in ihre Jackentaschen, dann in die Innentasche und plötzlich hat sie doch tatsächlich 4 kleine Schnäpse in der Hand. Damit steht sie nun auffällig wedelnd und winkend vor mir. Fantastisch, das hat mir gerade noch gefehlt. Ich greife blitzschnell nach ihren Armen, mit denen sie wild herumfuchtelt. "Stopp, geht es noch auffälliger? Wo hast du die denn jetzt her?". Lina reißt die Arme nach unten, lächelt mich schief an und erwidert: "Die habe ich meiner Mutter aus dem Schrank geklaut. Die hat da noch mehr für ihren neuen Freund, das merkt sie gar nicht!". "Ach Lina, du hast doch schon genug getrunken!",sage ich, während ich ihr die Flaschen aus den Händen nehmen will. Doch Lina wehrt sich und schreit schrill: "Neeeein, das sind meine. Aber ich geb' dir 2 ab!". Bitte noch ein bisschen lauter, die Türsteher haben dich nicht ganz verstanden. Ich willige ein. 2 Schnäpse für Lina, 2 für mich. Ich sehe unsere Chancen in den Club zu kommen schwinden, während wir uns die Schnäpse in den Mund kippen. Wir sind bald bei den zwei böse schauenden Türstehern angekommen. Also trinke ich schnell unsere große Flasche aus. Lina bekommt das gar nicht mehr mit, sie kramt in ihrer kleinen Handtasche nach dem Mutti Zettel und ihrem Ausweis. Darüber bin ich sehr froh, denn hätte ich jetzt auch noch 2 Meter vor dem Türsteher mit ihr um die Flasche kämpfen müssen, dann hätte ich auch noch den letzten Funken Hoffnung in mir begraben, dass wir nicht gleich schon wieder zurück nach Hause fahren müssen. Genau vor uns werden zwei Jungs abgewiesen, sie sind zu betrunken. Nach einer kleinen Diskussion mit den breiten Türstehern gehen die beiden Jungs mit verärgerter Miene an uns und der Menschenschlange vorbei. Man tun die mir leid. Ich ahne, dass es uns gleich ähnlich ergeht. Mit diesem Gedanken im Kopf fummel ich nervös an meinem Portmonee herum und halte dem kahlköpfigem Türsteher, der mich jetzt fixiert anguckt, meinen Ausweis entgegen. Mit viel Mühe quäle ich mir ein Lächeln über die Lippen, dann ein Blick zu Lina. Die steht plötzlich kerzengerade neben mir und hält lässig Smalltalk mit dem 2. Türsteher. Sie steht da so als hätte sie noch nie in ihrem Leben auch nur einen Hauch von Alkohol getrunken. Wie macht sie das?! Ehe ich mich versehe stehen wir schon im Eingang des Clubs. Ich stehe verdutzt da und Lina springt mir um den Hals: "Jaaaaa, wir sind drin!" Sie hat Recht, wir sind drin. Bis vor 2 Minuten war ich mir ganz sicher, dass wir gleich wieder den 1 stündigen Heimweg antreten werden. Aber wir haben es geschafft. Lina ist unglaublich, sie schafft es immer wieder. Als wir uns nach gefühlten Stunden aus der Umarmung lösen, geben wir noch schnell unsere Jacken an der Garderobe ab, bevor wir Eintritt zahlen und eintreten.

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